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Markt für Gewerbeimmobilien

Knapp gehalten

Gewerbeimmobilie Markt Erlangen Brucklyn © Thomas Tjiang

Immobilienprojekt „Brucklyn" in Erlangen-Bruck: Ider künftigen „Bruckyn Hall" sollen Büros unterkommen.

Die mittelfränkische Wirtschaft befindet sich in einer Boom-Phase. Der Gewerbeimmobilien-Markt kann damit nicht Schritt halten.

Flächen für Büros und Gewerbe bleiben knapp in Mittelfranken, die Preise bewegen sich auf hohem Niveau. Die expandierenden Betriebe haben deshalb weiterhin Mühe, ausreichend Flächen für ihr Wachstum zu finden. Hinzu kommt, dass potenzielle Gewerbeflächen angesichts der steigenden Bevölkerungszahlen für Projekte des Wohnungsbaus umgewidmet werden. Martina Stengel, Expertin für Standortfragen und Gewerbeimmobilien bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken, sieht diese Entwicklung mit Sorge: „Wir dürfen die Daseinsvorsorge für unsere Betriebe nicht aus den Augen verlieren.“

Das IVD Institut in München, eine Gesellschaft für Immobilienmarktforschung und Berufsbildung, beurteilt die Situation ähnlich. IVD-Chef Prof. Dr. Stephan Kippes stellt für den Großraum Nürnberg fest: „Das Wohnen ist spannender.“ Grundstücke seien deshalb Mangelware im Ballungsraum Nürnberg-Fürth-Erlangen. Dennoch sieht Kippes trotz anziehender Preise vergleichsweise wenig Grund zur Klage: „Die Preisdynamik ist deutlich geringer als in München.“

Nürnberg

Nürnberg als größter mittelfränkischer Immobilienstandort hat zuletzt 11,23 Mio. Quadratmeter Nutzfläche für Handel, Büros, Produktion und Logistik ausgewiesen. Darin spiegeln sich ein Zuwachs bei Büro- und Verwaltungsflächen, ein kleines Plus bei Produktions- und Lagerflächen und ein kleines Minus bei Handelsflächen wider. Die Grundstückspreise für Büros zogen in Top-Lagen um über zehn Prozent auf Quadratmeterpreise von 1 000 bis 1 700 Euro an. Bei sehr guten Standorten für Gewerbe- und Industrienutzung kletterten binnen Jahresfrist die Quadratmeterpreise um über zehn Prozent auf 200 bis 290 Euro. Ähnlich entwickelten sich die Preise im mittleren Segment auf 110 bis 160 Euro.

Hinter dieser Entwicklung in der Noris steht einerseits das deutliche Bevölkerungswachstum – bis 2020 soll die Einwohnerzahl nach Schätzungen der Statistiker auf rund 530 000 Einwohner anwachsen. Um den Wohndruck abzumildern, wurden seit 2014 über 20 Hektar bestehende Gewerbeflächen umgewidmet, weitere Flächen sind in der Diskussion. Andererseits hat die Nachfrage nach Gewerbeflächen in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen und steht zunehmend einem geringeren Portfolio an kurzfristig verfügbaren Gewerbeflächen gegenüber. Bereits das vor zwei Jahren vorgestellte Gewerbeflächengutachten „Nürnberg 2025“ hat gezeigt, dass nur rund ein Viertel der gewerblichen Potenzialflächen, die dem Markt grundsätzlich zur Verfügung stehen, kurzfristig verfügbar sind. Das Nürnberger Wirtschaftsreferat erarbeitet aktuell einen „Masterplan Gewerbeflächen“, der noch bis Jahresende vorgelegt werden und eine Richtschnur für die künftige Gewerbeflächenentwicklung geben soll.

Zu den Nürnberger Großprojekten gehört das Areal des einstigen Quelle-Versandhauses mit seinen 260 000 Quadratmetern, das sich der Investor Sonae Sierra vor zwei Jahren gesichert hatte. Doch Neuigkeiten von der Suche nach weiteren Partnern wurden nicht bekannt gegeben. Spannend wird es auch bei den knapp 100 Hektar des ehemaligen Südbahnhofs an der Brunecker Straße, das dem Immobilienentwickler Aurelis Real Estate gehört. Modulweise soll dort ein neues Stadtquartier mit jeweils etwa einem Drittel Wohn-, Gewerbe- und Grünflächen entwickelt werden. Die Pläne sehen vor, dass im Westen des Areals, dem Modul I, ab 2019 Wohnflächen für ca. 4 000 Einwohner sowie Infrastruktureinrichtungen und Handelsflächen entstehen sollen. Die weiteren vier Flächenmodule sind derzeit etwas in der Schwebe, nachdem der Freistaat der Stadt Nürnberg eine eigene Universität für über 5 000 Studenten versprochen hat. Die Brunecker Straße gilt angesichts des Flächenbedarfs und wegen der vorhandenen Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr als klarer Standortfavorit. Doch Konkretes gebe es in diesem Fall nicht zu berichten, heißt es bei Aurelis.

In der Pipeline befinden sich auch zwei große Quartiere, die auf eine Kombination von Wohnen und Gewerbe setzen: Zum einen will die Nürnberger KIB auf dem ehemaligen Gelände des Autohauses Krauss zwischen Regensburger, Hain- und Münchener Straße mit dem Bau des 28 000 Quadratmeter großen Quartiers „Das Luitpold“ beginnen, das sich zu 70 Prozent auf Wohnen und zu 30 Prozent auf Büros und Handel verteilt. Zum anderen will die Erlanger Sontowski & Partner Group auf dem rund 18 000 Quadratmeter großen Areal an der Ostendstraße das Quartier „Seetor“ entwickeln. Auf dem ehemaligen Coca Cola-Gelände sollen Büros und Gewerbe auf rund 18 000 Quadratmetern Geschossfläche entstehen, ein 18-geschossiges Hochhaus ist für gut 200 Wohneinheiten im Gespräch. Es soll mit modernen Concierge-Angeboten sowie mit Lager- und Kühlflächen für Privatlieferungen Maßstäbe setzen.

Ein weiteres Großvorhaben ist die Entwicklung des Kohlenhofs südlich der Kohlenhofstraße: Ein Gemeinschaftsunternehmen von Aurelis Real Estate, Pegasus Capital Partners und Art-Invest Real Estate zeichnet dort für Planung, Entwicklung und Realisierung verantwortlich. Geht alles nach Plan, wird dort ab Ende 2019 der neue Hauptsitz des Nürnberger Marktforschers GfK mit den drei miteinander verbundenen Bürogebäuden und einer Gesamtfläche von rund 38 000 Quadratmetern bezugsfertig sein. Der innenstadtnahe Standort ist gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden, auch die Nähe zum Frankenschnellweg gilt als Pluspunkt, wenngleich sich dessen geplanter Ausbau verzögert.

Erlangen

In Erlangen, das weiter an einem chronischen Gewerbeflächenmangel leidet, entsteht derzeit im südlichen Stadtgebiet das Großprojekt Siemens Campus, wo der Konzern auf einer stattlichen Grundstücksfläche von 540 000 Quadratmetern seine bisher verstreuten Standorte bündeln wird. Der erste Bauabschnitt des Vorhabens, in das Siemens insgesamt etwa 500 Mio. Euro investieren will, sieht acht große Bürogebäude mit ca. 90 000 Quadratmetern und drei Parkhäuser vor, die 2020 bezugsfertig sein sollen. Doch die freiwerdenden Flächen werden der Stadt keine wirkliche Entlastung bescheren, weil sie schon weitervermarktet sind. An einem weiteren Standort in Erlangen wird gerade der Neubau des Headquarters der Siemens Medizintechniksparte Healthineers mit rund 20 000 Quadratmetern fertiggestellt.

Außerdem bebaut die Unternehmensgruppe Engelhardt im Rahmen des Projekts Erlanger Höfe rund 32 000 Quadratmeter des ehemaligen Gossen-Geländes mit Wohnungen, Studenten- und Business-Apartments sowie Büroflächen und einem Hotel. Das Projekt hat ein Investitionsvolumen von 155 Mio. Euro und soll im nächsten Jahr fertig sein. Mit 100 Mio. Euro entwickelt die Jost-Gruppe im Stadtteil Erlangen-Bruck bis 2019 das Quartier „Brucklyn“ mit über 20 000 Quadratmetern, auf denen Premium-Apartments, Gastronomie, Geschäfte sowie ein Business- und Gründerzentrum unterkommen sollen. Sontowski & Partner schließt mit dem 11 500 Quadratmeter großen Bürokomplex „TechPark E.17“ die letzte Baulücke im Gewerbegebiet Erlangen-Tennenlohe. Das Objekt ist bereits für einen Alleinmieter reserviert.

Der Abteilung Wirtschaftsförderung der Stadt Erlangen fehlen die Spielräume für Büro- und Gewerbeflächen. Zuletzt verfügte die Stadt nur noch über zwei Gewerbegrundstücke in Tennenlohe und Frauenaurach mit insgesamt ca. 12 000 Quadratmetern. Für beide Flächen finden bereits Verkaufsverhandlungen statt, sodass schon von einem faktischen Ausverkauf der städtischen Gewerbeflächen die Rede ist. An privaten Gewerbegrundstücken dürfte es lediglich vier unbebaute Flächen mit insgesamt rund 24 000 Quadratmetern zum Kauf geben. Die Verkaufsbereitschaft privater Eigentümer geht aber praktisch gegen Null, weil es in der Niedrigzinsphase keine attraktiven Anlageformen gibt, aber auch weil eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vorgezogen wird. Für den Standort ist das ein alarmierendes Signal, zumal eine Unternehmensbefragung zeigte, dass 34 Firmen für eine Erweiterung oder Verlagerung passende Flächen suchen. Das Wirtschaftsreferat befürchtet daher sogar eine Abwanderung von erfolgreichen Unternehmen, die nicht erweitern können.

Bei der Standortplanung scheint auch das „Mitnehmen“ von Bürgern, Anwohnern und weiteren Interessengruppen eine zunehmend komplexe Aufgabe zu sein. Bei der Stadt Erlangen bedauert man immer noch den vor sechs Jahren verlorenen Bürgerentscheid für das Gewerbegebiet G 6 in Tennenlohe. Zuletzt wurde in Erlangen per Bürgerentscheid die Landesgartenschau 2024 abgelehnt, die zugleich Auftakt zur Entwicklung eines neuen Stadtteils „Regnitzstadt“ sein sollte. Wie es nun mit dem Großparkplatz in Zentrumsnähe weitergeht, wird heftig diskutiert.

Bürgervoten haben nicht nur in Erlangen die Ausweisung neuer Gewerbeflächen verhindert: In Feucht wurde vor zwei Jahren die Ausweitung des Gewerbegebietes gestoppt. 2014 kippte der Nürnberger Stadtrat vor der Kommunalwahl die vor 40 Jahren geplanten Reserveflächen von gut 340 Hektar des Nürnberger Hafens. Dabei ergab das Gewerbeflächengutachten allein für großflächige Logistikbetriebe, wie sie bereits im Güterverkehrszentrum (GVZ) am Hafen in großer Zahl angesiedelt sind, einen zusätzlichen Bedarf von knapp 80 Hektar. Schon bringen sich auch beim Nürnberger Großprojekt Brunecker Straße Naturschützer in Stellung, um die dortigen wertvollen Biotopflächen, wie sie häufig auf brachen Industrieflächen zu finden sind, zu erhalten. Dabei können Vorhaben wie dieses nur aus einem Kompromiss der unterschiedlichen Interessen aus Stadtentwicklern, Bürgern, Unternehmen, Beschäftigten, Naturschützern und Anwohnern gelingen.

Fürth

In Fürth sind nach einem beachtlichen Wachstum in den letzten Jahren derzeit nur noch wenige eigene Flächen sofort verfügbar. Daher arbeitet auch dort das Wirtschaftsreferat an Planungen für Neuausweisungen und bemüht sich um den Erwerb von Grundstücken. In Fürth konkurrieren Wohnen und Gewerbe ebenfalls um die verbleibenden Flächen, auch dort wurden wegen des Siedlungsdrucks immer öfter Gewerbeflächen in Wohnbauflächen umgewandelt. Der Stadtrat hat deshalb mit einem Grundsatzbeschluss diese Umwandlungen bis auf kritisch zu prüfende Einzelfälle auf Eis gelegt.

Im jungen Hardpark, der 2014 auf dem ehemaligen Areal von CentroSolarglas entstand, hat sich ein bunter Branchenmix angesiedelt – vertreten sind dort beispielsweise Logistiker, Elektronikunternehmen und ein Bildungszentrum. Im Gewerbepark Hardhöhe West baut derzeit die Lebenshilfe eine Behindertenwerkstatt, im Gewerbegebiet Golfpark entsteht die Deutschland-Niederlassung von Aerotech. Auch der innerstädtische Handelsstandort mit dem einstigen Quelle-Kaufhaus erstrahlt nun als „Carré Fürther Freiheit“ in neuem Glanz. Neben 11 000 Quadratmetern an Einzelhandelsflächen sind dort weitere 6 000 Quadratmeter für Büro und Dienstleistungen entstanden.

Schwabach

In Schwabach, Bayerns kleinster kreisfreier Stadt, gibt es für Büros und Produktionshallen kaum noch freie Mietobjekte. Auch die große Kaufnachfrage findet derzeit keine Angebote auf dem Markt. Die Stadt Schwabach selbst hat im Gewerbepark West nur noch eine geringe Anzahl an Flächen anzubieten. Sie werden nach dem Primat einer möglichst nachhaltigen Nutzung vergeben, wobei besonders auf die Aspekte Flächenverbrauch, Mitarbeiterzahl, perspektivische Unternehmensentwicklung und Gewerbesteuerertrag geachtet wird. Einzelhandel und Logistiker sind daher im Gewerbepark West von vornherein ausgeschlossen.

Ansbach

Ansbach hat noch mehr Luft beim Flächenangebot: Im September soll die Erschließung des Gewerbeparks Ansbach-West mit einer Gesamtfläche von 32 Hektar abgeschlossen sein. Mit ihrem Anschluss an die A6 in unmittelbarer Nähe eignen sich die südlichen, autobahnnahen Flächen mit insgesamt 14 Hektar auch als Standort für Logistik oder verarbeitende Tätigkeiten und sind als sogenannte GI-Industrieflächen ausgewiesen. Dort ist im Gegensatz zu anderen Gewerbegebieten (GE-Gewerbegebiete) ein Betrieb rund um die Uhr, sieben Tage die Woche möglich. Die Wirtschaftsförderung will diese Fläche möglichst als zusammenhängendes Grundstück vermarkten, da sie mit dieser Größenordnung in Süddeutschland ein Alleinstellungsmerkmal habe.

Im Stadtgebiet gibt es kleinere gewerbliche Bauprojekte. Da Ansbach einen steigenden Bedarf an kernstadtnahen Flächen für das Dienstleistungsgewerbe und für leichte Verarbeitungstätigkeiten feststellt, wird gerade ein integriertes Stadtentwicklungskonzept auch mit breiter Bürgerbeteiligung aufgesetzt, um die Flächen- und Neubaukonkurrenz von Wohnen und Arbeiten aufzulösen.

Auf dem Gelände der Barton Baracks, die 2021 von der US Army geräumt werden, planen Stadt und Hochschule derzeit einen zweiten Hochschulcampus mit Studienschwerpunkten in den Bereichen Medien und Digitales. Daneben sollen Wohnraum für Studierende und Hochschulangehörige sowie Gewerbeflächen für hochschulnahes Gewerbe entstehen.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2017, Seite 8

 
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