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Förderprogramme

Besser reinkommen

Illu_Original_WiM_01_0219_ © Anton Atzenhofer

Zahlreiche Programme unterstützen Menschen bei der Weiterbildung und bei der Integration in den Arbeitsmarkt. Ein Überblick.

Händeringend suchen die Unternehmen nach Personal." So fasst Dr. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die Ergebnisse einer aktuellen Befragung zusammen. Zwei Drittel der Betriebe sehen den Mangel an qualifizierten Fachkräften als Risiko für ihre Geschäftsentwicklung, so die Erhebung des DIHK. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einer Studie: "Die zunehmende Arbeitsmarktanspannung zeigt sich auch in längeren Suchdauern sowie darin, dass Stellen länger als geplant unbesetzt bleiben." Der Anteil der Stellen, bei denen die Besetzung schwierig war, betrug 2017 knapp 43 Prozent, 2010 waren es nur rund 29 Prozent.

Künftig wird der demografische Wandel die Knappheit an Arbeitskräften verschärfen. Wenn sich die Baby-Boomer-Jahrgänge der heute 50- bis 64-Jährigen in den Ruhestand verabschieden, verschiebt sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt weiter. Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird in Deutschland bis 2060 um 20 Prozent zurückgehen.

Es gibt keine Patentlösungen, um die Probleme des Fachkräftemangels zu meistern, aber viel versprechende Ansätze: "Angesichts dieser Herausforderungen ist es wichtig, mehr Menschen als bisher besser für das Arbeitsleben zu qualifizieren", sagte DIHK-Präsident Schweitzer. "Betriebe sind immer öfter bereit, auch Arbeitslosen ohne Ausbildung eine Chance zu geben."

Um Unternehmen und ihre Beschäftigten bei der Aus- und Weiterbildung zu unterstützen, hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) verschiedene Förderprogramme geschaffen. Allerdings ist deren Bekanntheitsgrad ausbaufähig – gerade kleine und mittlere Firmen wissen oft nicht, auf welche Förderinstrumente sie zugreifen können. Hier ein Überblick über die wichtigsten Förderprogramme:

Weiterbildungsförderung Beschäftigter: Seit dem 1. Januar 2019 gilt das neue Qualifizierungschancengesetz. Eines seiner wesentlichen Ziele ist es, Unternehmen und deren Beschäftigte dabei zu unterstützen, den digitalen Wandel der Arbeitswelt zu meistern. Deshalb wurden die Möglichkeiten für Arbeitnehmer erweitert, eine staatliche Förderung für Qualifizierungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen – unabhängig von ihrer Ausbildung, ihrem Lebensalter und der Betriebsgröße ihres Arbeitgebers. Zwar gab es für die Weiterbildung auch bislang finanzielle Anreize von der Bundesagentur für Arbeit, jedoch war das Programm "Wegebau" auf die Zielgruppen geringqualifizierter und älterer Arbeitnehmer zugeschnitten. Unter der Bezeichnung "Weiterbildungsförderung Beschäftigter" werden unter dem legislativen Dach des Qualifizierungschancengesetzes die wichtigsten "Wegebau"-Inhalte fortgeschrieben. 

Aus- und Weiterbildungen können im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gefördert werden. "Für kleine und mittlere Unternehmen ist das neue Gesetz aufgrund der höheren Zuschüsse besonders interessant", so Eva Didion, die bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken für das Themenfeld Familie und Beruf zuständig ist. Entspricht das Qualifikationsprofil bewährter Mitarbeiter noch nicht oder nicht mehr den Bedürfnissen des Arbeitsumfelds, können Betriebe diese Qualifizierungslücke mit Unterstützung der BA schließen. Wenn die Arbeitnehmer während der Weiterbildung bei fortlaufendem Gehalt freigestellt werden, erstattet die BA auch Kosten der Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber erhält einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt, um die Ausfallzeit zu kompensieren, die der Mitarbeiter in der Bildungsmaßnahme statt an seinem Arbeitsplatz verbringt. Lehrgangskosten werden erstattet für Umschulungen, Vorbereitungslehrgänge auf Externenprüfungen sowie für Teilqualifizierungen. Ein Beispiel: Eine 49-Jährige hat über zehn Jahre als Hilfskraft in einem Pflegeheim gearbeitet. Nun macht sie mit Unterstützung ihres Arbeitgebers und der BA eine Ausbildung als Altenpflegerin. 

Die Höhe der Zuschüsse ist nach der Unternehmensgröße gestaffelt: Für Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern übernimmt die BA die Kosten der Weiterbildung zu 100 Prozent und die Kosten der Lohnfortzahlung zu 75 Prozent. Unternehmen, die mehr als zehn und weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen, bekommen die Kosten zur Hälfte erstattet. Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeitern erhalten 25 Prozent der Kosten retour.

Initiative "Zukunftsstarter": Schätzungsweise eine Million Erwachsene im Alter zwischen 25 und 35 haben in Deutschland keine Berufsausbildung. Für diese Zielgruppe hat die Bundesagentur für Arbeit die Initiative "Zukunftsstarter" entwickelt. Sie bietet denen eine zweite Chance, die als Jugendliche kein Ticket für den Ausbildungsmarkt gelöst haben. Beispiel: Ein junger Mann wollte nach der Schule lieber schnell Geld verdienen. Gut zehn Jahre später erkennt er, dass die Perspektiven als Ungelernter wenig prickelnd sind – weder für den Kopf noch für das Konto. Jetzt macht er eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik.

In Bayern haben 2017 knapp 6 800 Menschen eine Qualifizierung im Rahmen der "Zukunftsstarter"-Initiative begonnen. Bis 2020 soll das Programm bundesweit 120 000 Personen zu einer abgeschlossenen Ausbildung verhelfen. Wie die Erfahrungen zeigen, sind diese schon etwas älteren Azubis vielfach hoch motiviert und bringen schon Lebenserfahrung mit, wovon die Arbeitgeber entsprechend profitieren.

Dies gilt auch finanziell, denn Unternehmen können im Zuge des "Zukunftsstarter"-Programms Zuschüsse erhalten, wenn ihre Mitarbeiter durch die Weiterbildung einen formellen Abschluss anstreben: Gewährt werden Zuschüsse für Ausfallzeiten, die die Mitarbeiter in der Weiterbildung und nicht am Arbeitsplatz verbringen, sowie eine Pauschale als Beitrag zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Die Arbeitnehmer werden ebenfalls finanziell unterstützt: Die Agenturen für Arbeit bzw. die Jobcenter erstatten Aufwendungen für die Weiterbildung, beispielsweise Fahrtkosten oder Lehrgangsgebühren. Gegebenenfalls werden während der Qualifizierung zusätzlich Leistungen für den Lebensunterhalt gezahlt. Die Teilnehmer, die häufig schon eine Familie ernähren müssen, sind dann nicht ausschließlich auf ihre Ausbildungsvergütung angewiesen.

Eingliederungszuschuss: Mit diesem Instrument will die Bundesagentur für Arbeit die berufliche Eingliederung von Personen unterstützen, deren Vermittlung erschwert ist. Zu diesen "Hemmnissen" für die Integration in den Arbeitsmarkt zählen beispielsweise ein fehlender Schul- oder Ausbildungsabschluss, gravierende gesundheitliche Einschränkungen, Langzeitarbeitslosigkeit oder eine Berufsbiografie mit erheblichen Lücken.

Unternehmen, die einen Bewerber mit solchen Handicaps einstellen möchten, können einen Eingliederungszuschuss beantragen. Ein wesentliches Bewilligungskriterium ist dabei, dass der Aufwand für die Einarbeitung voraussichtlich über den üblichen Rahmen hinausgeht. Der Eingliederungszuschuss kann bis zu 50 Prozent des Arbeitsentgelts betragen. Die Förderdauer ist grundsätzlich auf zwölf Monate beschränkt. Ausnahmen gelten jedoch für Arbeitnehmer, die älter als 50 Jahre sind. Bei behinderten und schwerbehinderten Menschen kann die Förderhöhe bis zu 70 Prozent des Arbeitsentgelts und die Förderdauer bis zu 24 Monate betragen.

Der Eingliederungszuschuss ist eine Ermessensleistung, das heißt es besteht kein Rechtsanspruch auf diese Fördermittel. Die Entscheidung liegt bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter. Der Förderantrag muss gestellt werden, ehe der neue Mitarbeiter seine Arbeit aufnimmt.

Förderung von Menschen mit Behinderungen: Um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben zu fördern, gibt es eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten. "Allerdings ist die Förderlandschaft ziemlich komplex", erklärt IHK-Expertin Eva Didion. Für unterschiedliche Leistungen seien jeweils verschiedene Kostenträger zuständig – was die Orientierung für betroffene Arbeitnehmer sowie für Unternehmen erschwere. Grundsätzlich können Unternehmen Unterstützung bei der behindertengerechten Ausstattung des Arbeitsplatzes beanspruchen (z. B. Errichtung einer Rampe oder Einbau einer rollstuhlgerechten Tür). Als langfristige Zuschüsse für Unternehmen kommen "Leistungen bei außergewöhnlichen Belastungen" infrage. Betriebe, die Menschen mit Behinderungen beschäftigen, können sich wegen Fördermöglichkeiten an die IHK Nürnberg für Mittelfranken oder an den Integrationsfachdienst Mittelfranken (IFD) wenden. Er bietet im Auftrag des Inklusionsamtes Arbeitgebern und Arbeitsnehmern individuelle Beratung an.

Förderung der Beschäftigung von geflüchteten Menschen: Grundsätzlich stehen die Förderinstrumente, die deutschen Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen (etwa fehlender Schulabschluss, gesundheitliche Einschränkungen, unzureichende Deutschkenntnisse) den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen sollen, auch für die Qualifizierung anerkannter Flüchtlinge zur Verfügung. Ein Beispiel ist das Förderprogramm "Fit for Work" des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales: Es unterstützt Betriebe finanziell, die junge Menschen mit Vermittlungshemmnissen ausbilden.

Um Menschen mit Fluchthintergrund in eine Berufsausbildung zu bringen, hat sich die Betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) besonders bewährt. Dieses Instrument entspricht einem der Ausbildung vorgeschalteten Langzeitpraktikum. Der Betrieb erlebt den jungen Menschen sechs bis zwölf Monate im Alltag, nicht nur in der Ausnahmesituation eines Vorstellungsgesprächs oder "Schnuppertags". Während der EQ lernen die Teilnehmenden sowohl im Unternehmen als auch in der Berufsschule die Inhalte ihres künftigen Ausbildungsberufs kennen. Dabei sind die EQ-Teilnehmer sozialversichert und erhalten eine Praktikumsvergütung vom Betrieb. Der wiederum kann eine Förderung von der Bundesagentur für Arbeit erhalten.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2019, Seite 26

 
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