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Arbeitsrecht

Fast wie zuhause

Arbeitsplatz Tiere © M_a_y_a/GettyImages.de

Kinder, Tiere und Pflanzen im Büro: Wen oder was dürfen Mitarbeiter mitbringen? Welche Rechte hat der Arbeitgeber?

Angestellte verbringen einen Großteil der Woche in ihren Büros. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich dort unbeschränkt häuslich einrichten oder einfach ihr Kind oder ihr Haustier mitbringen dürfen. Bei der Gestaltung ihres Arbeitsplatzes sind sie in der Regel den Weisungen ihres Arbeitgebers unterworfen. Dieser ist daran interessiert, Ablenkungen von der Arbeit möglichst zu vermeiden. Allerdings halten in die Arbeitswelt auch Bürokonzepte Einzug, die mehr Raum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten und für die Kommunikation mit den Kollegen bieten. Das gewünschte Plus an Produktivität wird sich jedoch nur dann einstellen, wenn ein konzentriertes Arbeiten weiter möglich ist und die Mitarbeiter in die Konzeption der Arbeitsplätze eingebunden werden. Zudem sind zahlreiche rechtliche Fragen zu beachten.

Büropflanzen: Pflanzen im Büro fördern das Wohlbefinden und führen laut Studien wohl auch zu leichten Produktivitätsgewinnen. Tests der Nasa haben ergeben, dass Pflanzen an Bord von Raumschiffen Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffgehalt optimieren und Schadstoffe ausfiltern. Das deckt sich mit Erkenntnissen aus Messungen in Gebäuden: Gifte wie Benzol oder Formaldehyd, die als krebserregend gelten und in älteren Gebäuden noch in relativ großen Mengen freigesetzt werden können, aber auch die Feinstaubbelastung (z. B. durch die Bürodrucker) können durch Pflanzen wie Drachenbaum, Efeu und Pfeilwurz verringert werden.

Einige Unternehmen lassen ihren Mitarbeitern weitgehend freie Hand bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitsplätze mit Pflanzen, andere beauftragen dagegen Fachfirmen mit der Aufstellung und Pflege. In beiden Fällen sollte vorab jeweils geklärt werden, ob einzelne Mitarbeiter möglicherweise allergisch auf die jeweiligen Pflanzen reagieren, was natürlich ein Ausschlussgrund wäre.

Bereits aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich nämlich eine Nebenpflicht des Arbeitgebers, die Tätigkeit und die dazu verwendeten Gerätschaften und Räumlichkeiten so zu gestalten, dass Arbeitgeber vor Gesundheitsgefahren geschützt werden. Das ist im § 618 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGG) geregelt und gemäß § 619 auch nicht im Arbeitsvertrag oder sonstwie abdingbar.

Tiere im Büro: Rechtlich komplizierter wird es, wenn es darum geht, ob Hunde, Katzen oder andere Haustiere im Büro zugelassen werden. Dafür sprechen kann, dass Tieren in einem stressigen Arbeitsumfeld eine beruhigende und ausgleichende Wirkung auf die Mitarbeiter zugeschrieben wird. Menschen, die eigene Hunde an den Arbeitsplatz mitbringen, sind zudem dazu gezwungen, regelmäßig an die frische Luft zu gehen, was sich positiv auf Gesundheit und Konzentrationsvermögen auswirken dürfte.

Auf jeden Fall muss der Mitarbeiter den Arbeitgeber vorab um Erlaubnis fragen, ob er überhaupt ein Tier mit ins Büro bringen darf. Er kann dies untersagen, wenn er der Meinung ist, das Tier könnte die Arbeit beeinträchtigen. Zudem kann er vom Mitarbeiter verlangen, dafür Sorge zu tragen, dass das Tier die Kollegen und die Arbeitsabläufe nicht stört. Diese Rechte des Arbeitgebers ergeben sich aus seinem Direktions- und Weisungsrecht gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO).

Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass die Erlaubnis für das Mitbringen von Tieren in einer Gesamtzusage geregelt wird – gegebenenfalls für eine bestimmte Zeit auf Probe. Eine Gesamtzusage ist eine einseitige, bindende Erklärung des Arbeitgebers, dass er der gesamten Belegschaft oder einer Gruppe von Beschäftigten bestimmte Vergünstigungen gewährt. Die Gesamtzusage sollte mit einer Widerrufsklausel versehen werden, damit der Arbeitgeber sein Angebot im Zweifelsfall wieder zurücknehmen kann. Im Gegensatz zu einer Betriebsvereinbarung, also einem innerbetrieblichen Vertrag zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, der verbindliche Normen für die Mitarbeiter festlegt, muss der Betriebsrat nicht eingebunden werden.

Man sollte sich arbeitsrechtlich auch für den Fall wappnen, dass sich Mitarbeiter gestört fühlen oder unter Tierallergien leiden. Denn wenn man die zugesagten Vergünstigungen zurücknehmen will, kann sich insbesondere eine Betriebsvereinbarung als hinderlich erweisen. Sie sollte deshalb zunächst befristet abgeschlossen werden oder einen Passus einhalten, dass sie im Falle einer Kündigung keine Nachwirkung entfaltet. Das bedeutet, dass die Vereinbarung nicht weiterläuft, bis sie durch eine neue Einigung formell ersetzt wird. Es ist zumindest theoretisch möglich, die Wirkung einer Gesamtzusage oder Betriebsvereinbarung auch ohne Widerrufsvorbehalt durch eine Betriebsvereinbarung zu beenden. Da diese dann aber mit dem Betriebsrat ausgehandelt werden müsste und dieser bei Verschlechterungen der Situation für Arbeitnehmer sich höchstwahrscheinlich nicht ohne weiteres zu einer Einigung bewegen lässt, ist der Widerrufsvorbehalt vorzuziehen.

Um den Frieden am Arbeitsplatz zu erhalten und um die Mitarbeiter zu schützen, muss Sorge getragen werden, dass insbesondere Allergiker und Mitarbeiter mit Hundephobie geschützt werden. Zu diesem Zweck können z. B. hundefreie Bereiche eingerichtet werden. Von selbst sollte sich verstehen, dass von den Tieren keine Geruchsbelästigung ausgehen sollte.

Wenn die Störung durch die Tiere zu groß wird oder wenn sie den Betriebsfrieden stören, sollte das „Experiment“ am besten beendet und die Erlaubnis für das Mitbringen von Tieren vom Arbeitgeber mit Verweis auf die Widerrufsklausel zurückgenommen werden. Das geschieht durch eine Bekanntmachung im Betrieb (z. B. durch Aushang oder Rund-Mail), mit der die Gesamtzusage widerrufen wird. Hat der Arbeitgeber die Erlaubnis widerrufen oder nie erteilt, stellt das Mitbringen von Haustieren an den Arbeitsplatz eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Die Konsequenzen können über die Abmahnung bis zu einer verhaltensbedingten Kündigung reichen.

Da der Arbeitgeber wie bereits ausgeführt gegenüber jedem seiner Mitarbeiter Fürsorge- und Schutzpflichten hat, kann sich zum Beispiel für Allergiker ein einklagbarer Anspruch darauf ergeben, dass Tiere aus dem Büro entfernt werden. Fühlen sich Mitarbeiter durch Tiere gestört, muss der Arbeitgeber nach eigenem Gewissen entscheiden, ob er Produktivitätseinbußen durch die Störung hinnehmen möchte. Hat das Tier dagegen ein Hygieneproblem, ergibt sich eine Pflicht zur Entfernung schon aus der für Arbeitgeber allgemeingültigen Arbeitsstättenverordnung, die die Pflicht festlegt, für sichere und saubere Arbeitsplätze zu sorgen. Kommt es am Arbeitsplatz zu einem Unfall, wenn zum Beispiel ein mitgebrachter Hund Firmeneigentum beschädigt oder einen Mitarbeiter beißt, ist das regelmäßig nicht eine Haftungsfrage des Arbeitgebers. Denn das Risiko hat hier der Eigentümer des Tiers verursacht, der dem Arbeitgeber und seinen Mitarbeitern grundsätzlich für Schäden einstehen muss.

Kinder am Arbeitsplatz: Umfangreiche Überlegungen und Vorbereitungen sollten Arbeitgeber treffen, wenn sie es ihren Mitarbeitern gestatten wollen, ihre Kinder zeitweise mit an den Arbeitsplatz zu bringen – z. B. wenn die Kita außerplanmäßig geschlossen ist oder wenn Familienangehörige oder Tagesmütter, die normalerweise die Kinderbetreuung übernehmen, verhindert sind. Mit einem solchen Angebot können sich Unternehmen als familienfreundlicher Arbeitgeber positionieren und ihre Attraktivität für junge Fachkräfte steigern.

In der Praxis geht es meist um die Einrichtung eines Eltern-Kind-Büros, nicht gemeint ist hier eine kontinuierliche Kinderbetreuung in einer betriebseigenen Kita. Als Dauerlösung sind diese Büros nicht gedacht, denn wirklich konzentriert können Eltern dort nicht arbeiten. Ein solcher Raum soll dem Elternteil einen Arbeitsplatz und gleichzeitig dem Kind einen Aufenthalts- und Spielplatz geben. Beschädigt ein Kind die Büroeinrichtung des Arbeitgebers, haften die Eltern dafür, sofern man ihnen nachweisen kann, dass sie ihre Aufsichtspflichten verletzt haben. In jedem Fall ist mit der Betriebshaftpflichtversicherung zu klären, ob Schäden durch betriebsfremde Personen gedeckt sind.

Arbeitsplätze, auch Büros, können gefährlich sein. Grundsätzlich obliegt auch hier den Eltern die Pflicht, ihre Kinder vor Gefahren zu schützen. Da Kinder am Arbeitsplatz nicht der Regelfall sind, gibt es auch keine anderslautenden gesetzlichen Regelungen. Ein Haftungsausschluss, etwa in der Gesamtzusage oder Betriebsvereinbarung, einer Nutzungserklärung oder als Aushang im Büro, ist trotzdem zu empfehlen. Denn grundsätzlich könnten Eltern für ihre Kinder sogenannte deliktische Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen, wenn sie ihm Nachlässigkeit bei der kindgerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes nachweisen.

Bei der Einrichtung der entsprechenden Räume sollten auf jeden Fall einige Grundregeln beachtet werden: Bei dem Büro sollte es sich um einen abgetrennten Raum handeln, der insbesondere nach außen keinen Lärm in Nachbarräume dringen lässt. Besonderes Augenmerk muss darauf gerichtet werden, dass der Raum kindersicher ist, also mit Schutzkontakt-Steckdosen, Kantenschutz am Schreibtisch etc. versehen ist. Spielzeug für verschiedene Altersgruppen und eine Schlafgelegenheit dürfen ebenfalls nicht fehlen. Empfehlenswert ist eine Art Buchungssystem, mit dem verhindert wird, dass plötzlich mehrere Kinder im Betrieb erscheinen, für die der nötige Platz nicht vorhanden ist. Übrigens: Einen Anspruch auf Einrichtung eines Eltern-Kind-Büros gibt es nicht. Das Mutterschutzgesetz bzw. die Arbeitsstättenverordnung stellen lediglich die Bedürfnisse von stillenden Müttern sicher.

Bei allen betrieblichen Regelungen bezüglich Arbeitsplatzgestaltung, Kindern und Tieren im Büro, sollten im Vorfeld die Mitarbeiter eingebunden werden. Man sollte ihnen Gelegenheit geben, ihre Meinung zu den Vorschlägen des Arbeitgebers zu äußern und eigene Anregungen einzubringen. Wenn es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, sollten gerade die Regelungen zu Kindern und Tieren mit ihm abgesprochen und die Angebote in einer Gesamtzusage oder Betriebsvereinbarung genau beschrieben und festgelegt werden. Eine gute innerbetriebliche Kommunikation und die klare Festlegung der Regeln stellen sicher, dass sich die Angebote in der Praxis wirklich positiv auf Betriebsklima und Arbeitsatmosphäre auswirken.

Autor/in: 

Daniel Reinhardt Goldmann ist Content-Manager bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg, die das Anwaltsverzeichnis anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2019, Seite 40

 
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