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400 Jahre Banco Publico

Wegmarke für das Finanzwesen

Kurt Fuchs_Panorama_Jubiläum_Gerichte_Banco_Publico © Kurt Fuchs

Das Gemälde „Banco Publico“ von Johann Creutzfelder (1577 – 1632) hängt im „Marktvorstehersaal“ der IHK Nürnberg.

Der im Jahr 1621 gegründete Banco Publico ist eng mit der Geschichte der Handelskammer verknüpft.

Vor 400 Jahren wurde in Nürnberg eine Einrichtung ins Leben gerufen, die wichtige Weichen stellte für die weitere Entwicklung des Finanzwesens: Der Banco Publico, der am 16. Juli 1621 offiziell gegründet wurde, setzte insbesondere auch Wegmarken für den bargeldlosen Zahlungsverkehr, der den internationalen Handel vereinfachte und sicherer machte. Umso erstaunlicher ist es, dass sich zwar zahlreiche wissenschaftliche Bücher und Aufsätze (z. B. von Prof. Dr. Markus A. Denzel) mit dem Banco Publico beschäftigen und er auch in zahlreichen Online-Artikeln Erwähnung findet, es jedoch (Stand September 2021) keinen eigenen Eintrag im Internet dazu gibt. Das 400-jährige Jubiläum ist deshalb ein guter Anlass, an die Bedeutung dieser Institution für die Wirtschafts- und Finanzgeschichte zu erinnern. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Handelsvorstand – der Vorgänger der heutigen IHK Nürnberg für Mittelfranken – beim Entstehen des Banco Publico eine maßgebliche Rolle spielte.

Seit 1566 hatte es in Nürnberg einen Handelsvorstand (Kollegium der Marktvorsteher) gegeben, der damit eine der ältesten Institutionen der kaufmännischen Selbstverwaltung in Deutschland ist. Wenn ein Mitglied ausschied, wurde er auf Vorschlag aus den eigenen Reihen durch Beschluss des Stadtrates ergänzt. Den Begriff der Ehrbarkeit, der auch in der Arbeit der Handelskammern bis heute eine wichtige Rolle spielt, hatte das Kollegium dabei schon grundgelegt.

Daran zu erinnern, war in dieser Zeit unbedingt angezeigt, denn in der Mitte des 16. Jahrhunderts gab es ein Problem mit dem Bargeld: Der Feingehalt gerade von Silbermünzen ging aufgrund geringer Fördermengen in den Bergwerken zurück und man wusste nie so genau, was man in den Händen hielt, wenn man einen Pfennig oder einen Groschen bekam. In dieser Zeit suchte man nach einer Möglichkeit, das Problem zu lösen oder zumindest zu umgehen.

Eine Idee dazu kam aus dem oben genannten Personenkreis: So wie der Handelsvorstand vom Rat ergänzt wurde, entstand 55 Jahre später auf Vorschlag des Marktvorsteherkollegiums auch der Banco Publico, mit einer ersten Ordnung vom 16. Juli 1621. Er war also ein städtisches Unternehmen, das auf Anregung des Marktvorsteherkollegiums eingerichtet wurde. Der Vorstand war zwischen den beiden Gremien paritätisch besetzt, das so entstehende Vier-Augen-Prinzip setzt sich in den Vorständen etwa von Genossenschaftsbanken noch heute fort. Wie war man dort auf diese Idee gekommen?

Nürnberger Kaufleute international tätig 

Schon seit dem Mittelalter waren die Nürnberger Kaufleute intensiv im Fernhandel engagiert und kannten das Geschäftsgebaren in vielen europäischen Städten. Auf einen von ihnen trifft dies in besonderer Weise zu: Bartholomäus Viatis war 1538 in der Republik Venedig geboren worden, hatte 1550 eine kaufmännische Lehre in Nürnberg begonnen und bei einem anschließenden Aufenthalt in Lyon auch für Nürnberger Handelshäuser gearbeitet, wohin es ihn auch zurückzog. Kurz aufeinander folgten dann 1569 und 1570 Erwerb des Bürgerrechtes, Heirat und Firmengründung. Seine Tochter Maria heiratete 1590 Martin Peller, mit dessen Gesellschaft er in der Folge fusionierte. Und die Idee zur Gründung des Banco Publico ging 1615 wohl auch von diesen beiden Unternehmern aus.

Zahlungen bargeldlos ausführen

Ein wichtiger Aspekt war hierbei die Einführung eines Girozahlungsverkehrs. Über die Einzahlung eines Betrages wurde eine Urkunde ausgestellt, gegen die bei einer anderen, kooperierenden Bank der entsprechende Betrag wieder abgehoben werden konnte. In Venedig, der Heimat Viatis‘, gab es ein solches Haus bereits seit 1587, 1609 dann eines in Amsterdam, 1619 in Hamburg und später auch in anderen Städten. Ebenfalls in Venedig gab es 1607, mehr als 400 Jahre vor einer breit geführten Debatte über die Abschaffung des Bargeldes dann auch eine erste Vorschrift über die bargeldlose Ausführung größerer Zahlungen, die 1621 in Nürnberg übernommen wurde. Was in Hamburg die Rechnungseinheit „Marco Banco“ war, wurde auf den Nürnberger Gulden übertragen. Damit entstand auch hier die erste Form der Kursnotierung für Buchgeld.

Zur gleichen Zeit gab es schon eine Reihe von Banken, bei denen, von Kaufleuten gegründet, das Geld nicht mehr nur Mittel zum Zweck, sondern Gegenstand der Geschäftstätigkeit wurde. Aus solchen gingen später die noch heute bekannten Privatbanken hervor, zum Beispiel die 1590 in Nürnberg gegründete Bank von Hans und Paul Berenberg. Dass gerade dort jedoch knapp 30 Jahre später auch noch eine städtische Gründung erfolgte, zeigt, dass diese damals wohl nicht allen Ansprüchen des Handels genügte. Mit Aufgaben in der Aufsicht und Regulierung des Zahlungsverkehrs, die sowohl in Hamburg als auch in Nürnberg eine Rolle spielten, erfüllten die neu gegründeten Institute nicht nur Aufgaben von Geschäftsbanken, sondern entwickelten vielmehr erste Ideen auch einer Zentralbank.

Nicht nur private Banken gab es, auch das landesherrliche Münzrecht war im 17. Jahrhundert löchrig geworden und es gab, zumeist lokal, auch quasi private Münzherren, die sich in dem Gewirr aus Münzwährung mit sinkendem Feingehalt tummelten. Die Produkte, deren An- und Verkäufe über den Banco Publico getätigt wurden, schienen den Kaufleuten oft von nachhaltigerer Werthaltigkeit zu sein und damit setzte wiederum etwas Neues ein: Das oben schon erwähnte Buchgeld erfuhr nicht nur eine Kursnotierung, es wurde aus dem Handel sogar neu geschöpft – eine Entwicklung, die allerdings leicht aus dem Ruder laufen könnte. Doch auch hierfür fiel den Nürnbergern etwas ein: Nach einer ersten, durch Zwangsanleihen von außen verursachten Pleite des Banco Publico 1635 verfestigte sich mit der Einführung der Marktadjunkten, die aus der Kaufmannschaft kommend vom Rat gewählt worden, die Idee von einer staatlich reglementierten Bankenaufsicht.

Einer der Geschäftsbereiche der IHK ist heute die Pflege des Handelsrechtes und die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen. Gerade in der internationalen Wirtschaft werden für rechtliche Streitigkeiten oft Schiedsgerichte angerufen und im Laufe seines Bestehens nahm sich auch der Banco Publico dieses Arbeitsbereiches an, indem dort 1697 das Banco-Gericht entstand, an dem Vertreter des Rates, des Handelsvorstandes sowie zwei Banco-Consulenten und ein Kanzlist teilnahmen.

Heute sind die Geschäftsbereiche, die der Banco Publico sich mit seiner Entstehung und in den Jahrzehnten danach erschlossen hat, über viele verschiedene Institutionen verteilt: Parlamente, Gerichte, Zentral- und Geschäftsbanken. Deren Aufsichtsbehörden nehmen Aufgaben wahr, von denen man bei vielen im Nürnberg des 17. Jahrhunderts erstmals bemerkte, dass sie sich stellen, und Lösungen dafür suchte. Vom Rat der Stadt legitimiert, war der Banco Publico so ein Kind des Kollegiums der Marktvorsteher und in beider Tradition steht heute die Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken.

Autor/in: 

Dr. Arnold Otto ist Leiter des Stadtarchivs Nürnberg (arnold.otto@stadt.nuernberg.de, www.nuernberg.de/internet/stadtarchiv).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2021, Seite 48

 
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