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Gesundheitsförderung

Fit bleiben!

Apfel, Herz, Gesundheit, Stethoskop © Udra/GettyImages.de

Die Gesundheit der Mitarbeiter stärken: Viele Unternehmen entwickeln dafür umfassende Programme. Beispiele aus Mittelfranken.

Viele Unternehmen haben es jahrelang eher halbherzig bei Einzelmaßnahmen belassen, wenn es um das Thema „Gesundheit im Unternehmen“ ging: einmal jährlich ein Gesundheitstag, den eine Krankenkasse für das Unternehmen durchführt, ein Betriebsteam für den Firmenlauf, vielleicht noch ein Vortrag zu psychischer Gesundheit und eine Ergonomie-Beratung. Außerdem die gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen von Arbeitsplätzen und die betriebliche Wiedereingliederung, wenn ein Mitarbeiter länger krank war. Doch nun richten immer mehr Firmen ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ein. Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass gesunde Mitarbeiter ein Erfolgsfaktor sind – gerade angesichts der zunehmenden Arbeitsdichte, der Digitalisierung, des Fachkräftemangels und des Rufs der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach besserer Work-Life-Balance. Unternehmen mit einem BGM werben bei der Gewinnung von Mitarbeitern gezielt damit und lassen sich das BGM zum Teil zertifizieren.

In Mittelfranken gibt es eine große Bandbreite an Konzepten für ein BGM – vom kleinen Mittelständler bis zum Großkonzern finden sich Firmen, die mit gutem Beispiel vorangehen und durch Besonderheiten auffallen, die zum Nachahmen anregen. Eine Auswahl:

Mit dem einfachen, aber schlagkräftigen Titel „fit & active“ betiteln die Universa-Versicherungen in Nürnberg ihr BGM, das auf sechs Stufen beruht: Stressmanagement, Präventionsangebote, Gesundheit und Führung, Bewegung und Entspannung, gesunde Ernährung und Wiedereingliederung. Der Versicherer mit rund 800 Mitarbeitern bietet laut Sprecher Stefan Taschner „ein ganzheitlich aufgebautes BGM“, das in die Managementprozesse eingebettet sei und laufend kontrolliert, angepasst und optimiert werde. Auch Anregungen von Mitarbeitern seien jederzeit willkommen.

Um Beschäftigte gesund und fit zu halten, arbeitet man mit den regionalen Partnern smilingfit (Nürnberg) und ProfessioMed (Fürth) zusammen. Die Angebote sind vielfältig und vielschichtig: Es beginnt mit Kursangeboten wie „aktive Pause“, „Zirkel-Fit“, „Faszien-Fit“ oder Yoga, geht über Webinare wie „Gesund im Homeoffice“ oder „Gesunder Schlaf“ bis zu Fahrrad-Leasing, Ergonomie-Beratung oder Vorsorge-Screenings. Auch kostenfreies Wasser, Äpfel und gesunde Ernährung im Betriebsrestaurant gehören zum Konzept, ebenso wie Infos im Intranet zu Gesundheit, Ernährung und Stressbewältigung. Das Universa-BGM wurde erstmals im Februar 2020 und erneut im Januar 2023 für weitere drei Jahre durch die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) zertifiziert (www.universa.de).

Ebenfalls sehr umfassend tätig ist die Nürnberger Fürst Gruppe mit ihren rund 4 000 Mitarbeitern, die in den Geschäftsfeldern Sauberkeit, Sicherheit, Personaldienstleistung und Outsourcing beschäftigt sind. Nadine Heinecke, die sich als Leiterin Personal und Mitglied der Geschäftsleitung um die Gesundheitsförderung kümmert, betont, dass „BGM kein reines Human-Resources-Thema ist, sondern die gesamte Organisation betrifft. Es braucht mehrere Akteure, um messbare Erfolge zu erzielen“. Deshalb habe das Unternehmen 2016 viele Einzelmaßnahmen zu einem Gesamtkonzept gebündelt.

Zur betrieblichen Gesundheitsförderung gehören Vorträge, Kurse und Gesundheitstage. Seit 2007 leistet sich Fürst zudem eine Mitarbeiterin, die ausschließlich für die Gesundheit der Beschäftigten tätig ist: Die Sportpädagogin und Psychotherapeutin (HPG) Susanne Szyperski bietet als Leiterin „Office Fit“ ein breites Portfolio an Trainings- und Präventionsangeboten – beispielsweise Ergonomie, Yoga und Körperanalyse. Sie hilft beim Erlernen gesundheitsfördernder Übungen und ist während der Arbeitszeit Ansprechpartnerin bei akuten Beschwerden, bei denen sie mit Physiotherapie gegensteuern kann. Und sie gibt zeitgemäße Ernährungstipps auf Instagram.

Weitere Bereiche des BGM sind die Pflichtaufgabe Arbeitssicherheit, außerdem das Eingliederungsmanagement und das Personalmanagement mit Aktivitäten wie Entwicklungsgesprächen, Führungskräfteschulungen und flexiblen Arbeitskonzepten. Zudem bietet die Fürst Gruppe soziale Dienste an: So begleitet sie werdende Eltern in der Belegschaft, innerbetriebliche Pflegelotsen unterstützen bei Pflegefällen in der Familie und die Beratungsstelle „Blaufeuer“ hilft bei psychisch herausfordernden Situationen (www.fuerst-gruppe.de).

Fürst-Gruppe Gesundheitsförderung

Susanne Szyperski, Leiterin „Office Fit“ bei der Nürnberger Fürst-Gruppe, kümmert sich um die körperliche und seelische Gesundheit der Mitarbeiter. Foto: Fürst-Gruppe

 

Die Nürnberger Datev eG mit ihren 8 500 Mitarbeitern betreibt ein eigenes soziales Netzwerk namens „Yammer“: Dort gibt es die Community „Gesundheit bei Datev“, in der sich die Mitarbeiter zum Thema austauschen. Die Genossenschaft praktiziert ein sehr umfassendes BGM und setzt es lehrbuchhaft um. „Unter BGM verstehen wir die strategische und ganzheitliche Planung von Gesundheitsmaßnahmen, bei der wir Analysetools und abteilungsübergreifende Schnittstellen mit einbeziehen“, erklärt Sabrina Eberlein, Personalreferentin HR Health & Family, die theoretische Fundierung, aus der sich alle Maßnahmen ableiten. Das HR Health-Team hat drei hauptberufliche Mitarbeiterinnen.

Die Maßnahmen seien ausgerichtet an den wichtigen Handlungsfeldern Betriebsmedizin (Vorsorge, Diagnostik, Behandlung, Reisemedizin), Arbeitsplatz (Büroeinrichtung, Arbeitssicherheit, Ergonomie) sowie Ernährung und Beratung (Sucht- und psychologische Beratung). Umfassend ist das kostenlose Sportangebot, das unter dem Titel „Freizeitlernen“ steht, also nicht während der Arbeit stattfindet. Allein im Jahr 2022 gab es die Qual der Wahl aus 125 Gesundheitskursen (www.datev.de).

Datev Spendenlauf

Die Datev motiviert ihre Mitarbeiter zu sportlichen Aktivitäten – hier der Spendenlauf „Fit & Friends“ im November 2022. Foto: Datev

 

Etwas kleiner, aber nicht minder kreativ fällt das BGM-Angebot bei zahlreichen Mittelständlern aus. Das familiengeführte Unternehmen Memmert GmbH + Co. KG in Schwabach, das rund 450 Mitarbeiter beschäftigt, ist besonders stolz auf seine Kantine. „Mein persönliches Highlight ist die exzellente Verpflegung“, schwärmt Marketing-Leiter Martin Dümler. „Unsere Köche kaufen ausschließlich regionale und frische Zutaten und bereiten die Gerichte täglich frisch zu“, sagt er. Keine Selbstverständlichkeit in Zeiten, in denen die Gerichte vielfach vorproduziert angeliefert werden. „Erst vergangene Woche haben wir unsere Kantine auf Social Media hervorgehoben, um Job-Interessierte von Memmert zu überzeugen“, so Dümler.

Doch damit nicht genug: Der Innovationsführer für die Entwicklung von Wärme-, Brut- und Klimaschränken hat noch eine Besonderheit, mit der wohl nur sehr wenige Firmen aufwarten können: einen eigenen Schwimmteich für heiße Tage, die in Zeiten des Klimawandels mehr werden dürften. Mit gesundem Essen und einem exklusiven Sportangebot (neben dem Schwimmteich gibt es einen Basketball-, einen Fußballplatz und einen Fitnessraum) hat Memmert gleich zwei entscheidende Wohlfühlfaktoren im Blick. Ausgeprägt ist aber auch das betriebsmedizinische Angebot: Neben Impfungen gibt es Sehtests und Hautscreenings sowie Rückkehrgespräche für genesene Mitarbeiter, Weiterbildungsangebote sowie Team- und Familienevents. „Memmert möchte künftig sein BGM aktiver im Employer Branding einsetzen“, sagt Dümler und verweist auf eine derzeit laufende Videoproduktion, um die Arbeitgebermarke zu stärken. Eine Zertifizierung strebt Memmert nicht an: „Wir möchten unsere Ambitionen ganz den Mitarbeitern zugutekommen lassen statt Geld und Zeit in Zertifizierungen zu stecken“, sagt er (www.memmert.com).

Ähnlich sieht das Britta Strunz, geschäftsführende Gesellschafterin der Krause Präzisions-Kokillenguss GmbH in Pappenheim-Bieswang, die rund 90 Mitarbeiter beschäftigt: Auszeichnungen seien nicht das primäre Ziel. Vielmehr setze man auf individuelle Angebote, die die Lebensqualität und die Resilienz der Mitarbeiter fördern und deren Selbstreflexion anregen. Weil dieser Maßstab hoch ist, noch dazu für einen Mittelständler, hat sie das BGM zur Chefsache erklärt und ein ausgefeiltes Konzept namens „Lebenswert“ kreiert. Startschuss war ein von ihr erstelltes „Lebenswert“-Mitarbeitermagazin, in dem sie ihre Beschäftigten über entsprechende Dienstleister in der Region und über Gesundheitsthemen informiert hat.

Nach einem Gesundheitstag folgte etwas Besonderes: ein Schmerztherapie-Projekt nach Liebscher & Bracht, bei dem eine zertifizierte Therapeutin Mitarbeiter während der Arbeitszeit individuell betreut und ihnen Übungen gezeigt hat. Auch nicht alltäglich ist die sich jährlich wiederholende zweitägige „Azubi-Team-Journey“ für alle Azubis, bei der Outdoor-Aktivitäten wie Bogenschießen und Kochen im Freien mit den Themen Selbstführung und positive Kommunikation kombiniert werden. Aufbauend dazu bietet Britta Strunz bald speziell konzipierte „Ausbilder-Powercamps“ für Unternehmen in der Region an. Dort sollen deren Ausbilder „ganzheitliche Impulse aus der Praxis“ erhalten und sich offen über die Themen Lehren, Führen und Selbstmanagement austauschen. Über die Initiative „Lebenswert“ haben bereits Studierende der HAM-Hochschule Ismaning ihre Studienarbeit verfasst. Ihre Erkenntnisse und ihr Blick von außen fließen in die Planung von weiteren Aktivitäten ein.

Für Britta Strunz ist es wichtig, den Mitarbeitern kein Managementkonzept überzustülpen: „Wir probieren aus, machen Erfahrungen und versuchen, mit Menschen zusammen daran zu arbeiten und zu wachsen“, sagt sie. Und: „Diese Initiative bedeutet für mich auch, offen zu seinen Ängsten, Grenzen und Emotionen zu stehen und im Arbeitskontext authentisch sein zu dürfen.“ Sie selbst steht zu ihrer eigenen Verletzlichkeit und kommuniziert offen ihre eigene Geschichte. Sie litt jahrelang an schweren Depressionen – und hat schließlich erkannt, dass sie nicht die perfekte Unternehmerin spielen muss, sondern auf ihre innere Stimme hören darf. Seit sie wieder gesund ist, bestärkt sie ihre Mitarbeiter darin, zu sich zu stehen mit allen Facetten, Ängsten und Bedürfnissen und sich gesund zu erhalten. (www.krause-guss.de)

Britta Strunz Geschäftsführerin Krause

Betriebliches Gesundheitsmanagement als Chefsache: Britta Strunz, Geschäftsführerin der Krause Präzisions-Kokillenguss GmbH in Pappenheim-Bieswang. Foto: Krause

 

Nadine und Roman Fink, Inhaber der Fink & Fink – gesund erfolgreich GbR in Nürnberg, arbeiten genau daran und unterstützen Betriebe mit Dienstleistungen rund um die betriebliche Gesundheitsförderung. „Es wurde zu lange hingenommen, dass vor allem Führungskräfte einen hohen Preis für ihre Karriere und den Erfolg des Unternehmens bezahlen“, sagt Nadine Fink. In Zeiten von New Work, in denen Mitarbeiter und ihre Bedürfnisse zunehmend in den Mittelpunkt rücken, sei jetzt ein anderes Mindset gefragt. „Unser Fokus liegt deshalb nicht darauf, Symptome zu verwalten, sondern ein Umfeld zu erschaffen, in dem Gesundheit selbstverständlich wird.“ Dabei unterstützt Fink & Fink ihre Kunden, zu denen u. a. große Unternehmen wie Siemens und TeamBank gehören, aber auch Mittelständler wie Möbelkollektiv, die Marketing-Agentur stilbezirk oder Adelta Finanz.

Sie arbeiten als Trainer und Coaches und bieten neben 1:1-Sessions auch Gruppentrainings und Impulsvorträge an – vor allem für „Wissensarbeiter“ und Führungskräfte, da diese eine Vorbildfunktion hätten. „Hier die eigene Gesundheit körperlich und mental im Blick zu behalten ist eine große Herausforderung“, sagt Roman Fink aus eigener Erfahrung. Es gibt diverse Kurse für Stress-Kompetenz, mentale Balance und Energie-Management. Bei Letzterem spiele etwa der Schlaf eine wichtige Rolle. Fink & Fink unterstützt dabei, den Schlaf gezielt zu verbessern.

Mit innovativen Methoden arbeiten sie bei der „Professionellen Stress-Analyse“. Dabei trägt man drei Tage ein unscheinbares Gerät, das auch im Spitzensport eingesetzt wird. Die Auswertung zeige detailgenau, wie das individuelle Stresslevel ist, was genau einen stresst und was nicht. Das sei wichtig, um besser mit Stress umgehen zu können und die richtigen Methoden zu finden, wieder in Balance zu kommen. Es gehe etwa darum, durch Entspannungstechniken das vegetative Nervensystem mit den Gegenspielern Sympathikus und Parasympathikus wieder in Balance zu bringen. Dabei helfen nicht nur Meditation oder Yoga, sondern auch Techniken, um sich zum Beispiel nicht in Gedanken zu verstricken, die weit weg sind vom Hier und Jetzt. (www.fink-gesunderfolgreich.de).

Fink & Fink Gesundheitsmanagement

Nadine und Roman Fink entwickeln Konzepte für das Gesundheitsmanagement. Foto: Fink & Fink

Autor/in: 

Stephanie Rupp

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2023, Seite 60

 
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