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Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern Angebote unterbreiten

Das in Nürnberg ansässige Landesarbeitsamt (LAA) Bayern (450 Planstellen) ist Mittelinstanz für 27 Arbeitsämter in Bayern (8 000 Planstellen). Der Etat für aktive Arbeitsmarktpolitik in 2002 umfasst 950 Mio. Euro. Das LAA versteht sich als Service- und Koordinationsstelle sowohl für Ansprechpartner von außen als auch nach innen für die Arbeitsämter. WiM sprach mit Wolfgang Breunig, seit Beginn dieses Jahres Präsident des LAA Bayern und zuvor Leiter des Geschäftsbereichs Personal/Organisation in der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit.

Das wichtigste Element der im letzten Jahr verabschiedeten Rentenreform ist die Weichenstellung hin zu weniger Umlage und mehr Kapitaldeckung in der Altersvorsorge. Geringere gesetzliche Renten sollen ausgeglichen werden entweder durch eine stärkere private oder durch die betriebliche Altersvorsorge. Vor allem die betriebliche Altersvorsorge erhält auf Grund der veränderten Rahmenbedingungen einen neuen Schub: Seit 1. Januar 2002 haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Gehaltsumwandlung zu Gunsten einer betrieblichen Altersvorsorge.

Unternehmen sind zwar nicht verpflichtet, einen finanziellen Beitrag für die betriebliche Altersvorsorge zu leisten, sie müssen aber ihren Mitarbeitern ein betriebliches Angebot zur Altersvorsorge vorlegen können. Für viele kleine und mittlere Unternehmen heißt das, sich erstmals mit dem Thema der betrieblichen Altersvorsorge auseinander zu setzen. Das Unternehmen ist in seiner Entscheidung weitgehend frei, welche Form der betrieblichen Altersvorsorge es – im Regelfall in Kooperation mit einem externen Dienstleister - seinen Mitarbeitern anbietet. Auf Grund der steuerlichen Förderung für die verschiedenen Formen der betrieblichen Altersvorsorge ergeben sich dazu vielfältige Möglichkeiten. Was sind nun die wesentlichen Neuigkeiten? 

Entgeltumwandlung
Arbeitnehmer haben seit Jahresbeginn einen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung in Höhe von maximal vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung, gegenwärtig sind dies rund 2 100 Euro. Ansprüche auf eine Altersvorsorge aus Entgeltumwandlung sind im Unterschied zur arbeitgeberfinanzierten Vorsorgeleistung sofort unverfallbar – da sie ja aus Arbeitnehmereinkommen finanziert werden. Das Recht auf Entgeltumwandlung steht dabei unter einem so genannten Tarifvorbehalt. Dieser besagt, dass tariflich vereinbarte Lohnbestandteile nur für eine Umwandlung genutzt werden können, wenn dies durch den Tarifvertrag vorgesehen oder zugelassen ist. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung in jedem Fall geltend machen kann, wenn er nicht tarifgebunden ist oder aber es sich im Fall der Tarifbindung um übertarifliche Lohn- und Gehaltsbestandteile handelt. Eine Reihe von Tarifverträgen, so z.B. in der Metallindustrie, enthalten bereits umfangreiche Angebote und Regelungen im Rahmen der neuen Spielregeln zur betrieblichen Altersversorgung. Es ist zu erwarten, dass in nahezu allen Tarifverträgen schon bald zumindest einfache Öffnungsklauseln verankert werden, um diese Entgeltumwandlung zu ermöglichen.

Um Missverständnisse zu vermeiden, die mit dem Begriff des „Tarifvorrangs“ verknüpft sind, ist Folgendes wichtig: Der Tarifvorrang bedeutet nicht, dass tarifvertragliche Regelungen die Mitarbeiter an die betriebliche Altersversorgung binden. Es bleibt ihnen vielmehr in jedem Fall unbenommen, die staatliche steuerliche Förderung für die private Altersvorsorge anstatt für die betriebliche Altersvorsorge zu nutzen.

Tarifverträge mit Angeboten zur betrieblichen Altersvorsorge erfüllen eine wichtige Servicefunktion vor allem für kleine und mittlere Betriebe, da diese sich dann nicht in jedem Einzelfall um eine betriebliche Lösung bemühen müssen. Generell kann ein Unternehmen seinen Arbeitnehmern aber auch ein individuelles Angebot aus dem Bouquet an Vorsorgeformen machen: Das reicht von Direktversicherungen, Pensionskassen bis hin zu den neuen Pensionsfonds. Bietet das Unternehmen den Mitarbeitern eine der genannten Varianten für die Entgeltumwandlung an, so hat der Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit, eine andere Variante zu verlangen. Falls keine andere Form seitens des Betriebs angeboten wird, hat der Arbeitnehmer nach der neuen gesetzlichen Regelung einen Anspruch auf Abschluss eines Direktversicherungsvertrages. Auch in diesem Fall bleibt die Wahl des konkreten Versicherungsunternehmens aber Sache des Unternehmens. Wenn der Arbeitnehmer mit dem konkreten Angebot seines Arbeitgebers nicht einverstanden ist, kann er stattdessen ausweichen auf die Förderung der privaten Altersvorsorge im Rahmen des Einkommensteuergesetzes, die verschiedenen Formen der so genannten „Riester-Rente“. 

Neue steuer- und sozialversicherungsrechtliche Regeln
Wie sieht die Förderung der Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersvorsorge im Regelfall aus? Ab diesem Jahr können bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze steuerfrei sein, soweit sie für die betriebliche Altersversorgung eingesetzt werden. Steuerfrei bedeutet in diesen Fällen immer Steuerfreiheit in der Ansparsphase, nicht aber in der Auszahlungsphase im Alter. Hinzu kommt als Vorteil bei der Entgeltumwandlung, dass bis 2008 in begrenztem Umfang eine Sozialabgabenfreiheit gilt – und zwar sowohl für die Direktversicherung als auch für die Pensionskasse und den Pensionsfonds. Nach 2009 besteht diese Sozialabgabenfreiheit für Aufwendungen aus Entgeltumwandlungen voraussichtlich nicht mehr. Es bleibt aber dabei, dass auch nach 2009 Aufwendungen des Arbeitgebers – die nicht aus der Umwandlung von Arbeitnehmerentgelten stammen - als Betriebsausgabe für die betriebliche Altersvorsorge steuer- und beitragsfrei erfolgen können.

Der Arbeitnehmer kann für seine aus Entgeltumwandlung finanzierte Altersvorsorge auch die steuerliche Förderung (nach § 10a Einkommensteuergesetz) über Sonderausgabenabzug und Zulage wählen, die ansonsten für die private Altersvorsorge vorgesehen ist. Diese Möglichkeit ist jedoch beschränkt auf die Pensionskasse, die Direktversicherung und den Pensionsfonds. Diese neue steuerliche Förderung kann aber nicht zweimal – einmal für einen privat abgeschlossenen Vorsorgevertrag und dann noch einmal für eine betriebliche Altersvorsorge – in Anspruch genommen werden. Allenfalls kann die Gesamtförderung auf zwei Verträge aufgeteilt werden. Wichtig: Im Rahmen der Förderung über das Einkommensteuergesetz im Jahr 2002 können zunächst nur Altersvorsorgeaufwendungen bis maximal einem Prozent der Beitragsbemessungsgrenze geltend gemacht werden; dieser Satz steigt erst langsam bis 2008 auf vier Prozent an. Der höchstmögliche Sonderausgabenabzug bleibt nach 2008 im Unterschied zur speziellen Förderung der betrieblichen Altersvorsorge nominal konstant. Auch ist das Einkommen in diesen Fällen sozialversicherungspflichtig. Die steuerliche Förderung über das Einkommensteuergesetz dürfte damit für Arbeitnehmer nur in solchen Fällen attraktiver sein, wo auf Grund von Familienstand und Kinderzahl Anspruch auf eine vergleichsweise hohe Zulage besteht. 

Pensionsfonds als neuer Weg
Neben den bereits bestehenden Durchführungswegen (Direktzusage, Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensionskasse) steht seit dem 1. Januar 2002 mit den Pensionsfonds ein fünfter Durchführungsweg zur Verfügung. Dieser ähnelt am ehesten der Pensionskasse. Der Pensionsfonds eröffnet aber neue Möglichkeiten im Hinblick auf ein an internationalen Maßstäben orientiertes Anlagemanagement. Während für Direktversicherungen und Pensionskassen strenge quantitative Anlegegrundsätze existieren, werden die Pensionsfonds höhere Aktienquoten haben – da die Vorschriften hier eine weitgehende Anlagefreiheit vorsehen.

Gleichzeitig besteht in Zukunft die Möglichkeit, für eben diese Pensionsfonds, aber auch für Direktversicherungen und Pensionskassen, eine Beitragszusage mit Mindestleistung vorzusehen. Im Unterschied zu den Zusagen bisheriger Art, den so genannten Leistungszusagen, garantieren die Altersvorsorgeeinrichtungen in diesen Fällen nur, dass zum Auszahlungszeitpunkt die nominal eingezahlten Beiträge zur Verfügung stehen. Eine Mindestverzinsung wird somit nicht zugesagt. Solche Versorgungszusagen sind möglich im Rahmen der Entgeltumwandlung, sie sind aber auch ein Angebot für Fälle, in denen Unternehmen ihren Mitarbeitern unter Nutzung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Möglichkeiten eine unternehmensfinanzierte Vorsorge anbieten möchten. Die Beitragszusage mit Mindestleistung ist in diesen Fällen ein geeignetes Instrument, um finanzielle Unwägbarkeiten zu vermeiden. Insbesondere gibt es naturgemäß keine gesetzliche Pflicht zur Anpassung, das heißt Erhöhung der ausgezahlten Leistungen - wie sie bei Leistungszusagen besteht.

Die Neuregelungen zur betrieblichen Altersvorsorge enthalten Chancen und Risiken. Gerade für kleine und mittlere Betriebe empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit externen Serviceanbietern. Das können Arbeitgeberverbände sein, die im Rahmen von Tarifverträgen Standardlösungen anbieten. Das sind zum anderen Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften, die maßgeschneiderte Lösungen für diesen neu strukturierten Markt der betrieblichen Altersvorsorge entwickeln. In jedem Fall sollten Unternehmen spätestens im Laufe dieses Jahres den Mitarbeitern ein Angebot präsentieren – und damit deren Anspruch auf Entgeltumwandlung erfüllen können. 
Dr. Achim Dercks
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2002, Seite 10

 
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