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Die Betroffenen sprechen nur hinter vorgehaltener Hand: Zum Beispiel ein örtlicher Motorradhändler, dem seine Bank kurzerhand den einzigen Mitarbeiter aus Kostengründen gestrichen hat. Einem erfolgreichen Mittelständler einer anderen Branche wurde bei seiner langjährigen Hausbank die Kreditlinie gekürzt.

Begründung: Nach seinem längst überstandenen Herzinfarkt und der fehlenden Nachfolgeregelung im Unternehmen gehöre der Mitfünfziger in eine neue Risikoklasse, wurde ihm deutlich beschieden. In einem dritten Fall wurde einem Unternehmer beim Bankbesuch eine Statistik präsentiert, nach der inhabergeführte Unternehmen öfter Pleite gehen als fremdgemanagte Firmen. Nach dieser Einleitung wurde dann das Kreditgesuch des Inhabers abgeschmettert.

Zwar heißt es aus der Bankenwelt immer wieder, die Kreditversorgung des Mittelstandes durch die Geldinstitute sei weitgehend unproblematisch. Tatsächlich ist aber die Ampel – nachdem zu den Spitzenzeiten der New Economy an den Weltbörsen nahezu jede Idee, in der Wörter wie Media, Internet oder IT vorkamen, mit Millionenbeträgen hochgepäppelt wurden – nun von grün mindestens auf gelb zurückgesprungen.

Aktuelle Umfrage zur Kreditaufnahme
Belege für eine schwierigere Kreditaufnahme finden sich in zahlreichen Umfragen wieder, auch wenn von einer Finanzierungskrise, dem so genannten „credit crunch“, nach Einschätzung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) noch nicht geredet werden könne. Immerhin hat eine aktuelle Studie festgestellt, dass es für ein Drittel der deutschen Unternehmen in den letzten Monaten schwieriger geworden ist, Geld von den Kreditinstituten zu bekommen. Nach Branchen aufgegliedert ist es naturgemäß für die gebeutelte Bauwirtschaft überdurchschnittlich schwierig, eine Bankfinanzierung zu bekommen. Der margenschwache Einzelhandel rangiert mit seinen Sorgen auf Platz zwei. Der KfW-Erhebung zufolge ist die Selbsteinschätzung in den Sparten Dienstleistungen sowie Groß- und Einzelhandel derzeit noch am optimistischsten.

Einen regelrechten Pessimismus hat die Umfrage mit dem Titel „Basel II: Vor- oder Nachteile für die Finanzierung?“ festgestellt. Fast drei Viertel der Unternehmen gaben der KfW zu Protokoll, dass die Nachteile überwiegen würden. Der Frust ist beim Klein- und Kleinstunternehmen mit einem Umsatz von 2,5 bzw. einer Million Euro am höchsten, während bei den Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 250 Mio. Euro weniger als zwei Drittel ein Klagelied anstimmt.

Basel II
Ziel von Basel II ist es, die bisherige einheitliche Kreditabsicherung der Banken von in der Regel acht Prozent je nach Risiko aufzuspreizen. Damit zielt Basel II nicht in erster Linie auf die Bonität der Unternehmen ab, sondern auf die Finanzkraft der Kreditinstitute. Das ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll, weil die Stabilität des Finanzsystems – immerhin ein entscheidendes Rückgrat moderner Volkswirtschaften – verbessert und die so genannte Kapitalallokation, also die Bündelung und Vergabe von Kapital, effizienter wird.

Betriebswirtschaftlich ist es auch für jede einzelne Bank oder Sparkasse vernünftiger, vergleichsweise schlechtere Risiken zu verteuern.

Die bisherige Praxis ist bei genauerem Hinsehen eine Subventionierung der „schlechten“ Kunden durch „gute“. Hohe profitable Betriebe finanzieren derzeit noch das Ausfallrisiko von wackligen Kreditnehmern durch eine Art ungewollte Quersubventionierung mit.

Rating
Kernstück von Basel II sind die Mindestkapitalanforderungen bei einer Kreditvergabe, die voraussichtlich künftig je nach Bonität eines Kreditkunden von 1,6 über vier und acht bis zu zwölf Prozent der Kreditsumme ausgefächert wird. Entscheidendes Kriterium für die Zinshöhe ist das Ergebnis eines Ratings, das harte und weiche Faktoren eines Unternehmens erfasst, bewertet und gewichtet.

Das mit der Basel II-Diskussion aufgekommene Rating scheint das eigentliche Schreckgespenst für die meisten Mittelständler zu sein. Denn nun sollen die Unternehmen einen großzügigen Blick in das Innenleben der Firma gewähren, sollen verschiedenste Kennzahlen offen legen sowie Strategie und Führungstechnik nach außen vertreten. Der Betrieb wird zumindest für Kreditsuchende nicht mehr länger „Privatsache“ bleiben.

Ziel des Ratings ist es, an Hand von Kennzahlen eine möglichst genaue Vorhersage treffen zu können, inwieweit ein Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen termingerecht und vollständig nachkommen kann. Dieses Instrumentarium ist durchaus nicht neu. So wird etwa beim Emittenten-Rating, also etwa bei staatlichen oder Unternehmensanleihen, die Kreditwürdigkeit eines Schuldners unter die Lupe genommen. Beim so genannten Unsolicited Rating sammeln etwa Wirtschaftsauskunfteien ohne Wissen des zu ratenden Unternehmens Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen, um Urteile bei der Kreditprüfung für Lieferantenkredite oder beim Leasing abgeben zu können. Zu den Sonderformen zählt das Öko-Rating, das ein Unternehmen nach Umwelt- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten bewertet.

Bausteine des Ratings
Grundgedanke eines Ratings im Sinn von Basel II ist es, vermeintlich Faktoren zu identifizieren, die Krisen ankündigen. Hierbei wird eine Verbindung von Krisensymptomen und Unternehmenskrisen vorausgesetzt. So werden zur Beurteilung des Finanzrisikos etwa Rechnungslegungspraxis, Finanzierungspolitik, Rentabilität, Kapitalstruktur, Cash Flow sowie finanzielle Flexibilität unter die Lupe genommen. Neben diesen quantitativen Faktoren wird das Geschäftsrisiko an Hand von qualitativen Analysen ermittelt, die Charakteristika der Branche, die Wettbewerbsposition und das Management fokussieren.

Mit Blick auf die Branche werden etwa die unternehmerische Wettbewerbsposition eingeschätzt sowie Konjunkturzyklen, Wachstumschancen und Anfälligkeit bei technologischem Wandel berücksichtigt. In die Wettbewerbsposition fließen etwa Marktanteile, Marketing, Technologie, Forschung und Kosteneffizienz ein. Benchmarking, die Feststellung der eigenen Marktposition im Vergleich zum Wettbewerb, wird künftig groß geschrieben. Eine zentrale Rolle nimmt die Beurteilung der Führungsspitze ein, die vor allem auf Erfahrung, Führung, Glaubwürdigkeit und Risikobereitschaft abgeklopft wird. In die Qualität des Managements gehen strategische und operative Planung, Krisenerfahrung, schlüssige Organisationsstruktur, Nachfolgeregelungen und Kontrollmechanismen ein. Auf gut deutsch: Wer sich beispielsweise auf der Beschaffungsseite in die Abhängigkeit eines übermächtigen Lieferanten begibt oder auf der Verkaufsseite auf das Wohlwollen eines alleinigen Abnehmers vertraut, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Als Ratingnoten können beispielsweise die Klassifizierung der bekanntesten Rating-Agenturen, Moody`s bzw. Standard & Poor`s, gelten, die als Bestnoten ein AAA (oder Aaa) und für die großen Risiken ein „C“ bzw. ein „D“ vergeben. Ein Top-Rating-Wert entspricht einer Ausfallwahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres von 0,03 Prozent. Andere Benotungen können in einem Zahlensystem von 10 bis 1 stattfinden.

Internes Rating der Banken
In welcher relativen Gewichtung einzelne Aspekte in das Ratingergebnis eingehen werden, dafür gibt es keine eindeutige Regelung. Die großen externen Ratinganbieter gewichten die qualitativen Faktoren höher als die harten Kennzahlen. Bei internen Ratings, die innerhalb der Kreditinstitute durchgeführt werden, werden hauseigene Maßstäbe angelegt, die bisher noch als Verschlusssache gelten. Von der Deutschen Bank heißt es beispielsweise, beide Bereiche würden gleichwertig ins Ergebnis einfließen, die HypoVereinsbank wird wohl ein Verhältnis 70 zu 30 zu Gunsten der Geschäftszahlen vornehmen.

Die Rating-Systeme könnten sich durchaus unterscheiden, bestätigt auch die neu errichtete Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die Einrichtung wird alle Lösungen bei Kreditinstituten und Ratingagenturen auf ihre Plausibilität und Schlüssigkeit im Sinne von Basel II überprüfen, von einheitlich gewichteten Kriterien geht sie dabei nicht aus. Falsch sei allerdings die Behauptung, die auch aus Nürnberger Bankenkreisen zu hören ist, schon jetzt hätte die Aufsichtsbehörde eine Art Parallel-Rating verordnet. Es werde, so die offizielle Auskunft, voraussichtlich erst im Jahr 2006 ein Parallel-Rating als Testlauf geben. Aber, so heißt es weiter, es sei auch für die Banken einfacher, einen neuen Kurs bei der Kreditvergabe auf Basel II zu schieben.

Geänderte Bankenpolitik
Dass sich tatsächlich die Finanzierungspolitik der Kreditinstitute geändert hat, wird nicht nur von unmittelbar Betroffenen bestätigt. Auch von größeren Steuerkanzleien wird ein Klagelied angestimmt, weil man neuerdings bis nach Mitternacht über den Zahlenwerken der Mandanten sitze, um sie schneller und „bankgerechter“ zu machen. Plötzlich seien monatliche Auswertungen unabdingbar und müssten zügig aufbereitet werden. Das bestätigt auch Dr. Bernd Rödl, Chef der Nürnberger Kanzlei Rödl & Partner: „Die Banken machen einen ungeheuren Druck.“

Fakt ist, dass das reale Kreditwachstum in Deutschland im Januar mit einer Rate von nur 0,3 Prozent den niedrigsten Wert seit der tiefen Rezession Anfang der 80er Jahre erreicht hat. Über die zyklischen Faktoren hinaus, die die Nachfrage nach Krediten bremsen, liegt aber auch der Schluss nahe, dass hier strukturelle Faktoren am Werke sind.

Handel auf dem Trockenen
Dabei ist der deutsche Mittelstand besonders stark auf Fremdfinanzierungen durch Bankkredite angewiesen, hat im Mai das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln bestätigt. Ende der 90er Jahre habe der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme deutscher Mittelständler nur 18 Prozent betragen. Lediglich Italien schneide mit 22 Prozent Eigenkapitalquote ähnlich schwach ab. In den USA und Spanien lag der Anteil demnach bei mehr als 40 Prozent. Mittelständische Unternehmen hier zu Lande mit einem Jahresumsatz von weniger als 40 Mio. Euro schuldeten Kreditinstituten je 100 Euro Bilanzsumme 24 Euro, während es bei Konzernen nur sieben Euro waren.

Hier habe der mittelfränkische Handel bereits schmerzhafte Erfahrungen machen müssen, so der Vorsitzende des mittelfränkischen Einzelhandelsverbandes Jürgen Dörfler. Bei einer Umfrage des Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels hätten 39 Prozent der befragten Betriebe angegeben, dass ihnen unter Verweis auf Basel II 2001 die Kreditlinie gekürzt worden sei. 13 Prozent hätten gar keinen Kredit mehr bekommen. Die Aufforderung, das Eigenkapital aufzustocken, kann Dörfler nicht nachvollziehen: „Die Margen sind zu schwach:“ Vielmehr würden die Mitarbeiter aufgefordert, auf 100 Euro Lohn zu verzichten und damit den eigenen Arbeitsplatz zu sichern. Außerdem werde mit den Vermietern über Nachlässe verhandelt.

IHK-Kernteam Rating
Um den Unternehmen in der Region tatkräftige Hilfe zu bieten und betriebstaugliche Informationen zu liefern, wurde zu Jahresbeginn auf Initiative der IHK Nürnberg für Mittelfranken ein „Kernteam Rating“ aus der Taufe gehoben. In diesem Team sind neben der IHK auch Rödl & Partner – als einer der ersten Impulsgeber der deutschen Beraterbranche – , die Datev sowie der Fachbereich Betriebswirtschaft der Fachhochschule Nürnberg vertreten.

Aktuellen Handlungsbedarf sieht Dr. Hans-Joachim Lindstadt, Leiter Standortpolitik und Unternehmensförderung der IHK, in hohem Maße: „Das Bewusstsein für Hard und Soft Facts ist bei vielen Mittelständlern unterentwickelt.“ Deshalb stehen Informationsveranstaltungen zunächst einmal im Vordergrund. Denn für die, die sich nicht ausreichend vorbereiten, werde die Kreditfinanzierung teurer. Aber: „Wer seine Hausaufgaben macht, kann von Basel II auch profitieren“, betont Lindstadt. Für ihn bietet die frühzeitige Beschäftigung mit Basel II und dem Rating die Chance, innerbetriebliche Schwachstellen zu erkennen und rechtzeitig zu beheben. So gesehen könnten durch die aktuelle Diskussion Marktchancen deutlicher wahrgenommen und das Betriebsergebnis für die Zukunft verbessert werden.

Der „Rating-Analyst“
Darüber hinaus hat das Kernteam wichtige Impulse gegeben, um nach dem Motto „train the trainer“ ein neues Weiterbildungsseminar an der Fachhochschule zu konzipieren. In einem Semester sollen Teilnehmer mit der praktischen Umsetzung des Rating-Prozesses vertraut gemacht werden, als Abschluss ist der Titel „Rating-Analyst (FH Nürnberg)“ vorgesehen. Diese Zusatzqualifikation richtet sich zum einen an Steuerberater, Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer. Zum anderen ist es für die Mitarbeiter größerer Mittelständler gedacht, die in ihren Unternehmen für das Rating verantwortlich sind. Zugangsvoraussetzung sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie zwei Berufsjahre. Der Startschuss soll zum Jahresende 2002 bzw. Anfang 2003 fallen. Darüber hinaus seien bereits ergänzende Bausteine vorhanden, falls Unternehmen der Finanzbranche auf externe Qualifikationen zurückgreifen wollen.

Rating im Selbsttest
Außerdem soll in Kürze ein so genanntes self-assessment auf der Homepage der IHK freigeschaltet werden (www.ihk-nuernberg.de). Hier können Unternehmen in absoluter Anonymität ein Art Selbst-Rating vornehmen, um sich einen ersten praktischen Eindruck von der eigenen Bonität zu machen. Auch wenn das Ergebnis keinen verbindlichen Status hat, es vermittelt eine ziemlich genaue Übersicht, was im Detail alles abgefragt wird. Das ist wichtig, um für ein anstehendes Bankgespräch besser vorbereitet zu sein.

Kulturwandel
Zunächst aber steht den Firmenchefs nach Aussage Rödls ein regelrechter Kulturschock bevor. Unternehmer, die bisher kein Sterbenswörtchen über Bilanz und Geschäftslage verlauten ließen, müssten nun detaillierte Zahlenwerke vorlegen und ihre Führungsstrategie hinterfragen und durchleuchten lassen.

Eine Schlüsselrolle werde dem strategischen Bankgespräch zukommen. Hier müssten die Unternehmer unter Beweis stellen, dass sie sich in ihrem Zahlenwerk auskennen und sich in ihrer Branche gut durchsetzen könnten. Außerdem mache es einen ganz anderen Eindruck, ob man nur von einer gelungenen Unternehmensnachfolge berichte, einen schweigsamen Nachfolger mitbringe oder ob sich der künftige Chef aktiv und kenntnisreich beteilige.

Stunde der Steuerberater
Steuerberater finden sich bereits in einer neuen Rolle wieder und werden ihre Mandanten meistens beim Rating durch Kreditinstitute betreuen, konstatiert Harald Krehl, Leiter des Kompetenz-Center betriebswirtschaftliche Fragestellungen bei der Datev. Sein Haus möchte durch Kooperationen erreichen, dass dem Steuerberater die Ratingfragen der Banken und Sparkassen mit den quantitativen Datenabfragen möglichst in den Datev-Kanzleien vorliegen. Zudem will die Datev auch einen Zugriff auf Tools, die beim externen Rating zum Einsatz kommen, ermöglichen.

Finanzierungsformen
Die im Vergleich schwache Eigenkapitalausstattung der Unternehmen wirft im Zuge von Basel II auch die Frage auf, wie bei diesem zentralen Ansatzpunkt Verbesserungen erzielt werden können. Möglichkeiten sind etwa die so genannte Mezzanine-Finanzierung, also etwa stille Beteiligungen, Wandelanleihen oder Nachrangdarlehen statt Bankkrediten, die Ausgabe von Wertpapieren als Verbriefung von Bilanzaktiva, die so genannten Asset Backed Securities, durch die Hausbank oder die Abgabe von Forderungen an externe Debitorenmanager. In diesem Zusammenhang stellt sich aber auch die Frage, ob im Zuge vereinfachter Beteiligungsformen in eine kleine Aktiengesellschaft umgewandelt werden soll. Oder ob sich im Betriebsportfolio nicht Geschäftsbereiche und Aktivitäten befinden, die verkauft oder ausgelagert werden könnten, um die Bilanz zu verkürzen.

Basel II in der Kritik
Bis dato bestehen noch viele Unklarheiten über die kommenden Details, die Basel II mit sich bringen wird. Ein erster Plus-Punkt ist die nachverhandelte Gleichstellung von externen und internen Ratings, für die sich die IHKs vehement eingesetzt haben. Wichtigster Knackpunkt ist derzeit das Segment der Kleinkredite, für das mit Rücksicht auf den Mittelstand ein so genanntes Retail-Portfolio geschaffen werden soll. In diesem Topf sollten nach Wunsch der deutschen Verhandlungsdelegation Kleinkredite bis zu einer Wunschhöhe von einer Mio. Euro gebündelt werden und mit einer vergünstigten Eigenkapitalunterlegung von 5,7 Prozent bei den Banken unterlegt werden. Allein mit dieser Regelung würde sich die Kreditversorgung von mehr als 90 Prozent der deutschen Unternehmen erheblich erleichtern.

Ein überregulierter Arbeitsmarkt, die aktuelle Sozialpolitik und das bevorstehende Basel II – in der Summe sei das zu viel auf einmal, klagt Alexander Brochier, Chef der Brochier Gebäudetechnik: „Das wird das schwierigste Jahr für die deutschen Unternehmen.“ Zumal noch ungewiss sei, ob sich die deutsche Gründlichkeit nicht als erneuter Standortnachteil im internationalen Vergleich entpuppen werde. Denn „in Italien wird wohl das Rating im Café stattfinden“. 

Literatur

  • „Rating – Mittelstand ohne Mittel?“, Schriftenreihe der IHK Nürnberg für Mittelfranken, Nr. 015/02, Bezug: Tel. 0911/1335-382, Fax -333
  • „Rating – Finanzierung für den Mittelstand“; Martin Wambach, Dr. Bernd Rödl; ISBN 389843054-5

Basel II – Wer steckt dahinter?

  • Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht setzt sich aus Vertretern von Zentralbanken und nationalen Bankenaufsichtsbehörden aus den führenden Industrieländern zusammen. Das Gremium wurde 1975 von den G-10-Ländern gegründet.
  • Zu den Mitgliedern zählen für die deutsche Seite ein Vertreter des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen, das im Mai in der neu gegründeten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) aufgegangen ist, und ein Vertreter der Deutschen Bundesbank. Vorsitzender des Ausschusses ist der Präsident der New Yorker Federal Reserve Bank, William McDonough.
  • Der Ausschuss ist ein informelles Beratungsgremium ohne gesetzgeberische Kompetenzen. Nach dem Abschluss der Beratungen werden die Empfehlungen des Basler Ausschusses voraussichtlich über die EU-Ebene in nationales Recht umgesetzt.
  • Die Vorgängerregelung Basel I trat Ende 1992 in Kraft und bestimmte die einheitliche Eigenkapital-Hinterlegung von acht Prozent der Kreditsumme unabhängig von der Bonität des Schuldners.

Basel II im Internet

Basel II – eine Chronologie
Juni 1999: Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht eröffnet die Diskussion um die Neugestaltung der Eigenkapitalvorschriften der Kreditinstitute mit einem Konsultationspapier. Darin ist unter anderem vorgesehen, im Rahmen der Bonitätsermittlung das externe Rating gegenüber dem internen Rating der Banken vorzuziehen.

Januar 2001: Der Basler Ausschuss legt sein 2. Konsultationspapier vor. Externes und bankinternes Rating sollen danach nun gleichwertig behandelt werden. Das Papier sieht unter anderem eine hohe Eigenkapitalbelastung von längerfristigen Krediten vor. Nach dem ursprünglichen Fahrplan soll das Basel II-Regelwerk 2004 in Kraft treten.

Juni 2001: Der Basler Ausschuss beschließt, die Konsultationen um eine dritte Konsultationsphase zu verlängern. Das neue Regelwerk soll nun Ende 2002 beschlossen sein und 2005 in Kraft treten. Der Ausschuss erklärt zugleich, eine angemessene aufsichtsrechtliche Behandlung von Kreditforderungen der Kreditinstitute gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen gewährleisten zu wollen. Die Eigenkapitalanforderungen für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen sollen gegenüber den Regelungen des 2. Konsultationspapiers abgesenkt werden.

Februar 2002: Wegen Verzögerungen bei der Fertigstellung von Studien über die Auswirkungen der neuen Regeln („Impact Studies“) mehren sich die Anzeichen für eine weitere Verschiebung des zur Jahresmitte geplante 3. Konsultationspapiers und damit der Verhandlungen insgesamt. Folglich wird das Basel II-Regelwerk nicht 2005, sondern erst 2006 in Kraft treten können. Die Kreditinstitute werden aber sehr schnell die von ihnen bereits entwickelten internen Rating-Verfahren anwenden.

Autor/in: 
Thomas Tjiang
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2002, Seite 8

 
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