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Talsohle endlich durchschritten?

Die mittelfränkische Wirtschaft blickt nach zwei Jahren des konjunkturellen Abschwungs hoffnungsvoller auf erste Vorboten einer Belebung. Konsum- und Investitionsausgaben verharren indes noch auf niedrigem Niveau, Umsatz- und Ertragsrückgänge halten an. Dies ist ein wichtiges Ergebnis der Mitte Mai abgeschlossenen Frühsommerumfrage der IHK zur Konjunktur.

Die mittelfränkischen Unternehmen aus allen Wirtschaftssektoren beurteilen ihre Geschäftslage ähnlich schlecht wie bereits während des gesamten letzten Jahres. Dennoch: Nach dem deutlichen Einbruch der Geschäftserwartungen zu Jahresbeginn ist der Pessimismus der mittelfränkischen Unternehmen im Frühsommer 2003 weniger stark ausgeprägt. Auch wenn die Stimmung der Wirtschaft in Mittelfranken noch nicht von Zuversicht gekennzeichnet ist, verstärken erste Anzeichen einer wirtschaftlichen Belebung – etwa die nachlassende Zurückhaltung bei Investitionen oder die zuversichtlicheren Geschäftsaussichten der Hersteller von Vorleistungen – die beginnende Wende zum Optimismus in den Erwartungen. Dies weckt die Hoffnung, dass die konjunkturelle Talsohle in Mittelfranken endlich durchschritten ist.

Geschäftsklima weniger frostig als zu Jahresbeginn
Von den befragten Unternehmen beurteilen 39 Prozent ihre derzeitige wirtschaftliche Situation als schlecht, etwa die Hälfte (49 Prozent) zeigen sich mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden, zwölf Prozent bezeichnen sie als gut. Der daraus resultierende Saldo aus „gut“- und „schlecht“-Meldungen von minus 27 Prozentpunkten liegt um einen Punkt besser als im Frühjahr 2003. In der Frage nach den Aussichten für die nächsten Monate fällt der Anteil der Pessimisten, die mit einer Verschlechterung ihrer Situation rechnen, gegenüber dem Jahresbeginn um acht Prozentpunkte von 32 auf 24 Prozent. Dagegen erwarten inzwischen 13 Prozent (Frühjahr: neun Prozent) eine Verbesserung. So liegt der Saldo der Geschäftserwartungen der mittelfränkischen Wirtschaft im Frühsommer 2003 bei minus elf Prozentpunkten, nachdem er zu Jahresbeginn noch minus 23 Prozentpunkte betragen hatte. In der Vergangenheit folgten vergleichbaren Verbesserungen der Erwartungen regelmäßig auch Aufhellungen der Geschäftslage.

Nun deuten sich auch zumindest in Ansätzen Antworten auf die offenen Fragen der vergangenen Monate an: Der Irak-Konflikt wurde rasch beendet, ohne dass es zu länger andauernden Preissteigerungen bei Rohöl und anderen Rohstoffen gekommen ist. Politisch deutet sich nach Auffassung der IHK mit der Agenda 2010 wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung an, der zu etwas höherer Flexibilität am Arbeitsmarkt und zu einer Begrenzung des Sozialausgabenwachstums führen kann.
Steuererhöhungen, steigende Lohn- und Lohnzusatzkosten, das Verfehlen des Stabilitätskriteriums für die staatliche Neuverschuldung, die rote Laterne beim Wirtschaftswachstum innerhalb der Europäischen Union sowie Korrekturen der Wachstumsprognosen für 2003 nach unten sorgen allerdings dafür, dass die mittelfränkischen Unternehmen noch immer an einer schnellen Erholung zweifeln, so IHK-Konjunkturexperte Dr. Udo Raab.

Ergebnisse nach Branchen
Die jüngsten Ergebnisse der mittelfränkischen Konjunkturumfrage spiegeln den Ernst der Lage, der durch die rückläufigen Umsätze und Erträge während der vergangenen zwei Jahre ausgelöst worden ist. Die Industrie kann sich noch auf eine relativ stabile Auslandsnachfrage stützen, die allerdings nach Ansicht der Befragten auch 2003 nicht ausreichen wird, um die rückläufigen Auftragseingänge aus dem Inland zu kompensieren. Trotz der möglichen Beeinträchtigung von Exportchancen durch die Euro-Aufwertung gegenüber dem Dollar ruhen die Hoffnungen der Industrie auch im Frühsommer 2003 eher auf einem Anziehen ausländischer Orders als auf einer verbesserten Inlandsnachfrage. Die Inlandsaufträge sind weiter zurückgegangen, die Kapazitätsauslastung wird von 40 Prozent der Industriebetriebe als schlecht beurteilt, der Auftragsbestand gar von 56 Prozent der Befragten für „zu klein“ gehalten.

Speziell in der Elektroindustrie sowie im Sektor Chemie / Kunststoffe herrscht immerhin eine wachsende Zuversicht hinsichtlich der Entwicklung in den kommenden Monaten, während im Bereich Metall / Maschinenbau die Aussichten für die künftigen Geschäfte sogar noch etwas skeptischer beurteilt werden als zu Jahresbeginn.

Vornehmlich saisonale Impulse sieht die Bauwirtschaft, die im Vergleich zum letzten Umfragetermin zwar verbesserte, aber im Saldo noch immer negative Salden in ihren Urteilen zur Geschäftslage und zu den Geschäftsaussichten aufweist.

Etwas verbessert gegenüber dem Rekordtief vom Januar 2003 hat sich die aktuelle Geschäftslage im Handel. Weiterhin rückläufige Umsätze auf Grund sinkender Verkaufsmengen und eines zunehmenden Druckes auf die Verkaufspreise bestimmen jedoch noch immer das insgesamt von einer schlechten Geschäftslage geprägte Bild. Dabei ist das Geschäftsklima unter den Handelsvertretungen derzeit sogar noch frostiger als im Einzelhandel, während sich gegenüber dem Jahresbeginn vor allem im Großhandel eine leichte Besserung eingestellt hat.

Die Unternehmen des heterogenen Dienstleistungssektors beurteilen ihre Geschäfte uneinheitlich. Aus dem Güterverkehr stammen das schlechteste Lage-Urteil und ein überwiegend pessimistischer Ausblick, in der Immobilienwirtschaft herrscht ein nahezu ausgeglichenes Geschäftsklima, und innerhalb der unternehmensnahen Dienstleistungen überwiegen sogar die positiven Einschätzungen der Geschäftslage und der Zukunftsaussichten. Einer Reihe von Dienstleistungsunternehmen kommt offenbar zugute, dass die Nachfrage nach einigen ihrer Dienste relativ konjunkturunabhängig ist. Dies gilt innerhalb des sehr heterogenen Sektors wiederum eher für den Beratungsbereich oder die aus Industriebetrieben ausgegliederten technischen und Kommunikations-Dienstleistungen, nicht jedoch für den Bereich Verkehr, der in vergleichbarem Ausmaß wie die Industrie und der Handel von der schwachen Inlandskonjunktur betroffen ist.

Investitionen und Beschäftigung
Investitionszurückhaltung kennzeichnet die Pläne in allen mittelfränkischen Wirtschaftszweigen. In der Industrie wollen 39 Prozent der Befragten ihr Investitionsvolumen kürzen, 19 Prozent planen mit höheren Investitionsbudgets. Der Saldo von minus 20 Prozentpunkten deutet zwar auf einen anhaltenden Rückgang der Investitionen hin, aber immerhin hat sich dieser Saldo gegenüber dem Frühjahr um fünf Prozentpunkte verbessert. Auch wenn der Pessimismus unter den mittelfränkischen Unternehmen nachlässt, überwiegen rückläufige Beschäftigungspläne.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2003, Seite 24

 
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