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Gute Planung beeindruckt nicht nur die Bank

Rechtsstreitigkeiten verschlingen Zeit und Geld, denn Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Über aktuelle Fragen der Rechtspraxis sprach WiM mit Landgerichtspräsidentin Dagmar Schuchardt.

Im Zeitalter vor Basel II bekommt die geregelte Unternehmensnachfolge noch größere Bedeutung als bisher. Während die Banken bei der Kreditvergabe ihr Hauptaugenmerk bislang vor allem auf Zahlen aus der Vergangenheit des Unternehmens gerichtet haben, stehen nun neben den harten Fakten auch die so genannten „Softskills“ wie Managementqualitäten, Positionierung des Unternehmens am Markt und Zukunftstauglichkeit – u. a. in Form von geregelter Nachfolge – auf dem Prüfstand. Diese „weichen“ Faktoren können bis zu 30 Prozent der Entscheidung ausmachen.

Je unklarer und ungeregelter also die Notfall- und die Nachfolgesituation sind, desto tiefer muss der Kreditnehmer in die Tasche greifen. Ein guter Grund mehr, die Unternehmensnachfolge mit ihren verschiedenen Instrumenten rechtzeitig und gut zu planen. Die gute Vorbereitung des Generations- beziehungsweise Inhaberwechsels innerhalb eines Unternehmens wird in der qualitativen Beurteilung des Unternehmens als Ausweis unternehmerischer Qualifikation betrachtet.

Notfallplanung
Eine Untersuchung des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung fand heraus, dass es bei 73 Prozent der Unternehmen mit bis zu 19 Mitarbeitern keine Delegation der Führungsaufgaben gibt. Fällt der Chef also durch einen Unfall plötzlich aus, ist „das Schiff führerlos“. Instruktionen für eine nicht planbare „Auszeit“ sind daher ein Muss.

Ganz wesentlich hierbei ist es, einen kompetenten Vertreter für die Zeit der Abwesenheit zu bestellen, der das Unternehmen führen kann. Diese Bevollmächtigung sollte unbedingt schriftlich erfolgen. Dem Bevollmächtigten ist eine detaillierte Kompetenzverteilung in Form eines Vertretungsplans und ein Strategiepapier an die Hand zu geben, das die wesentlichen Ziele der Zukunft festlegt. Firmenunterlagen, wie ein Schlüsselverzeichnis, eine Auflistung von Versicherungen und Kopien der Policen, bestehende Bankverbindungen, Kopien aller wichtigen Verträge und Grundbuchauszüge aller Immobilien sollten in einer „Notfallakte“ schriftlich beim Rechtsanwalt oder einer anderen Person des Vertrauens hinterlegt sein. Auch ein Hinweis auf getroffene Verfügungen von Todes wegen und deren Aufbewahrungsort sollte bei den Unterlagen nicht fehlen. Regelmäßige Überprüfung der Notfallakte auf Aktualität und Information des Bevollmächtigten über deren Existenz sind dringend anzuraten.

Nachfolgeplanung
Die Frage der konkreten Gestaltung der Nachfolgeplanung richtet sich im Wesentlichen danach, ob das Unternehmen über ein fremdes Management weitergeführt werden muss oder innerhalb der Familie ein Nachfolger vorhanden ist.

Nachfolge außerhalb der Familie
Kann nicht innerhalb der Familie weitergegeben werden, ist rechtzeitig ein Käufer zu finden. Über die Person des Käufers muss sich der Unternehmer hinsichtlich dessen erwarteter fachlicher, unternehmerischer und persönliche Fähigkeiten und Potenziale Gedanken machen und seinerseits ein Unternehmensprofil erstellen, um Interesse möglicher Nachfolger für den Erwerb zu wecken. Mögliche Kandidaten können neben direktem Kontakt über Berater oder Beratungsagenturen sowie über Nachfolgebörsen (z.B. der IHKs) ermittelt werden.

Häufig wird das Unternehmen in solchen Fällen verkauft. Bei der Erstellung eines Unternehmenskaufvertrags muss die Eindeutigkeit notwendiger Bestimmungen gewährleistet sein. Innerhalb des Vertragswerks hat besonders die eindeutige Definition des Vertragsgegenstands und der Vertragsparteien stattzufinden, der Übergang der Anteile und der Kaufpreis mit Fälligkeit sowie Verzinsung, Sicherheiten und Regelungen bei Zahlungsverzögerungen und auch die Haftung des Ausscheidenden sind detailliert zu regeln. Auch Vermietung oder Verpachtung, insbesondere auch an einen fähigen Mitarbeiter des Unternehmens, können eine Variante der Nachfolge sein.

Nachfolge innerhalb der Familie
Besteht die Möglichkeit, den Nachfolger aus den eigenen Reihen heranzuziehen, sind neben den wirtschaftlichen Interessen häufig auch das Interesse der Familie nach möglichst gerechter Verteilung des Unternehmens zu berücksichtigen. Diese emotionale Komponente sollte nicht vernachlässigt und daher beim Nachfolgekonzept ein Schwerpunkt auf die Information der Familie gelegt werden.

Die Planung der Unternehmensnachfolge muss erbrechtliche, gesellschaftsrechtliche, güterrechtliche und auch steuerliche Konsequenzen bedenken. Letztere sollten allerdings nicht zum alleinigen Leitmotiv erklärt werden, da die beste steuerliche Konzeption nicht zum Erfolg führt, wenn sie erbrechtlich nicht umgesetzt werden kann.

Vorweggenommene Erbfolge
Ein ganz wesentliches und wichtiges Instrument der Nachfolgeplanung ist die vorweggenommene Erbfolge durch (Teil-)Schenkung. Hierbei kann nicht nur erreicht werden, dass der Nachfolger Schritt für Schritt in das Unternehmen eingearbeitet wird, sondern der Übergeber auch die Entwicklung verfolgen und unter Umständen zu Gunsten des Unternehmens beeinflussen kann. Hier stehen verschiedene Modelle zur Auswahl, so z. B. die Mitarbeit des Nachfolgers zunächst als Arbeitnehmer, Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die Vermietung oder Verpachtung des Betriebs oder die vollständige Übertragung.

Bei einer guten Gestaltung von Übergabeverträgen sind sowohl die Interessen des Übergebers als auch die des Nachfolgers zu berücksichtigen. So kann sich der Übergeber für bestimmte Ereignisse, insbesondere eine nicht erwartungsgemäße Entwicklung des Nachfolgers, Rechte vorbehalten bis zu einer Rückforderung des Schenkungsgegenstandes. Hierbei sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass die Motivation des Nachfolgers bei allzu großen Sanktionsmöglichkeiten schwinden kann. Es muss also ein Kompromiss aus „Geben und Nehmen“ gefunden werden.

Auch steuerlich kann die vorweggenommene Erbfolge durchaus interessante Vorteile bieten. Um den Vermögensübergang nicht durch zu hohe Steuern zu belasten, gewährt das Schenkungsteuergesetz besondere Freibeträge für den Übergang von Betriebsvermögen und zusätzlich persönliche Freibeträge, die sich nach dem Verwandtschaftsgrat zwischen Übergeber und Nachfolger richten. Die Schenkung ist besonders dann ratsam, wenn im Unternehmen hohe stille Reserven vorhanden sind. Dabei handelt es sich um Wertsteigerungen von Wirtschaftsgütern, die beim Verkauf realisiert werden. Zum Beispiel erzielen Grundstücke und Gebäude häufig Verkaufserlöse, die deutlich höher sind als die in den Büchern verbuchten Werte. Diese können durch Abschreibungen über viele Jahre weit unter ihrem Anschaffungswert liegen. Bei einer Veräußerung des Betriebes käme es wegen dieser Reserven zu hohen Gewinnen und womöglich entsprechend hohen Steuerzahlungen.

Andere Rechtsform kann sinnvoll sein
Bei der Haftung, der Besteuerung und der Eignung für eine schrittweise Nachfolge spielt regelmäßig neben vielen anderen Komponenten auch die Rechtsform des Unternehmens eine Rolle. Es ist also im Vorfeld einer Unternehmensübertragung darüber nachzudenken, inwieweit eine Änderung der gegebenen Rechtsform sinnvoll sein kann. So ist häufig die Firmenwertermittlung für Personengesellschaften (GbR, OHG, KG) wesentlich steuergünstiger als die Bewertung des Firmenwerts von Kapitalgesellschaften (AG, GmbH), die sich regelmäßig nach dem Stuttgarter Verfahren richtet; dort werden stille Reserven und der Ertragswert/Firmenwert berücksichtigt. Gerade das Steuerrecht befindet sich aber ständig im Fluss – auch im Hinblick auf die Bewertung von Unternehmen, zu der derzeit Streitfragen beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind. Änderungen, auch rückwirkend, sind daher nicht auszuschließen.

Nachfolge durch Verfügung von Todes wegen
Das Unternehmertestament sollte im Regelfall lediglich die Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten flankieren und abrunden. Es ist in aller Regel notwendig, da bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge Ziele des Unternehmers für seine Nachfolge in aller Regel nicht verwirklicht werden können. In vielen Fällen kommt es zu einem Entstehen von Erbengemeinschaften, deren Auseinandersetzung zivilrechtlich und steuerrechtlich für das Unternehmen und die Erben weitreichende negative Auswirkungen haben kann.

Das Erbrecht sieht eine Vielzahl von verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten vor, hält aber auch Fallen bereit, die für einen Laien nicht überschaubar sind. Aus erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und steuerlichen Konsequenzen muss ein umsetzbares System entwickelt werden, wobei das Erbrecht für die Umsetzbarkeit „federführend“ ist.

Generelle Gestaltungsmöglichkeiten können kaum skizziert werden. In der Regel bietet es sich an, einen Nachfolger zu benennen und die restlichen Familienangehörigen über gegebenenfalls zu stundende Geldvermächtnisse, Ausgleichszahlungen, ein Nießbrauchsvermächtnis etc. am Nachlass zu beteiligen. In der Regel spielt auch die Testamentsvollstreckung eine zentrale Rolle im Unternehmertestament, da damit eine Absicherung der Nachfolgeregelungen, die langfristige Verwirklichung der Vorstellungen und Ziele des Erblassers durch sachkundige, fremdnützige und unparteiische Mitwirkung des Testamentsvollstreckers, der Schutz des Nachlasses vor Eigengläubigern des Erben etc. erreicht werden kann.

Bei allen Regelungen ist darauf zu achten, dass der Erbe nur mit solchen Ansprüchen belastet wird, die er im Hinblick auf die Liquidität des Nachlasses und der häufigen Gebundenheit des Vermögens im Unternehmen auch tragen kann.

Inmitten dieser Problematik der sofort fälligen Geldansprüche gegen gebundenes Vermögen stehen die Pflichtteilsrechte naher Familienangehöriger. Nach dem deutschen Erbrecht können Pflichtteilsansprüche der Abkömmlinge, Ehegatten und in bestimmten Fällen auch der Eltern nicht einseitig ausgeschlossen werden. So würde sich in der Regel als sinnvoll anbieten, mit den entsprechenden Personen, eventuell auch unter Gegenleistung, einen Pflichtteilsverzicht abzuschließen.

Auswirkungen auf die Pflichtteilsansprüche naher Familienangehöriger haben auch die güterrechtlichen Regelungen. So ist zu überprüfen, ob durch Abschluss eines Ehevertrags der Güterstand dahin beeinflusst werden kann, dass unliebsame Pflichtteilsberechtigte nur das rechtlich mögliche Minimum erhalten.

RA Stefanie Scheuber
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2003, Seite 10

 
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