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Weniger Kummer mit der 0190er-Nummer

Rechtsstreitigkeiten verschlingen Zeit und Geld, denn Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Über aktuelle Fragen der Rechtspraxis sprach WiM mit Landgerichtspräsidentin Dagmar Schuchardt.

Rund um die 0190er-Mehrwertdienstenummern ist ein boomendes Gewerbe mit Dienstleistungen jeglicher Art entstanden. Die vierstellige Zahlenkombination hat aber auch einen schlechten Ruf: Mit 0190er-Nummern bringen die meisten Verbraucher überteuerte Telefonnummern oder unseriöse Anwählprogramme, die so genannten Dialer, in Verbindung. Die einfache Abrechnung über die Telefongebühren macht es Betrügern leicht. Ein Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs hat nun die letzte Hürde genommen. Der Bundesrat stimmte endgültig dem Gesetz zu, das seit dem 15. August in Kraft ist.

Die so genannten Mehrwertdienste-Rufnummern waren ursprünglich als praktische und sichere Bezahlmethode gedacht: Wer eine Dienstleistung im Internet in Anspruch nimmt, sollte seine Kreditkartennummer nicht preisgeben müssen. Wer über das Telefon einen Rat erfragt, muss keine Überweisung tätigen. Die fällige Gebühr wird einfach über die Telefonrechnung abgebucht. Doch leider haben sich „schwarze Schafe“ diesen Modus zu Nutzen gemacht und betreiben Missbrauch, indem sie nicht ausreichend über die Kosten informieren oder unbemerkt eine teure Internet-Verbindung herstellen. So häuften sich beispielsweise die Fälle von Internet-Nutzern, die sich beim Surfen – ohne es zu wollen – kleine Anwählprogramme, die so genannten Dialer, auf ihren PC herunter luden. Dabei installieren sich die Dialer unbemerkt als Standardverbindung ins Internet und nutzen regelmäßig eine teure 0190er-Nummer. Problematisch war insbesondere, dass der Verbraucher gegenüber dem Rechnungsersteller in Vorleistung treten musste, um dann den – beispielsweise auf den Virgin Irlands sitzenden – Diensteanbieter vergeblich in Regress nehmen zu müssen.

Dieser Missbrauch von 0190er-Nummern veranlasste die Bundesregierung daher bereits im Sommer 2002 dazu, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Es wurde eine Regelung in die so genannte Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) aufgenommen, durch die der Endkunde auf seiner Rechnung genauere Angaben über den Diensteanbieter (Namen, ladungsfähige Anschriften und kostenfreie Servicenummer der einzelnen Anbieter von Netzdienstleistungen, laut § 15 Abs. 1 S. 2 TKV) erhielt. Durch eine weitere Änderung in der TKV müssen die Rechnungsersteller darüber hinaus neuerdings die Diensteanbieter zur Einhaltung der Gesetze anhalten und Rechtsverstöße nach Möglichkeit unterbinden. Sie werden überdies verpflichtet, die missbräuchlich verwendeten Mehrwertdienste-Rufnummern zu sperren, wenn sie „gesicherte Kenntnis von einer wiederholten oder schwer wiegenden Zuwiderhandlung“ haben (§ 13a TKV). Diese Regelungen sind geltendes Recht. In die anstehende so genannte große Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) werden die Regelungen der TKV voraussichtlich komplett integriert. Mit einer Verabschiedung des neuen TKG ist jedoch nicht vor Ende dieses Jahres zu rechnen.

Bei der Änderung der TKV im Sommer letzten Jahres handelte es sich jedoch lediglich um einen ersten, kurzfristigen Schritt zur Verbesserung der Verbraucherrechte in der Telekommunikation. Bereits in diesem Zusammenhang war angekündigt worden, dass weitere Maßnahmen folgen sollten. Dies wird nun mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdienste-Rufnummern geschehen.

Das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdienste-Rufnummern verfolgt drei Kernziele:
? Das Angebot und die Preise sollen transparenter gemacht werden.
? Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) soll besser gegen den Missbrauch vorgehen können.
? Geschädigte Kunden sollen ihre Ansprüche leichter geltend machen können.

Der Anwendungsbereich des neuen Gesetzes beschränkt sich auf die 0190er- und die seit 1. Januar 2003 nutzbaren 0900-Mehrwertdienste-Rufnummern. Alle weiteren Rufnummern, mittels derer neben Telekommunikationsdienstleistungen weitere Dienstleistungen angeboten werden (hierzu zählen insbesondere die 136er-, 137er- und 138er-Nummern sowie die 118er-Nummern der Auskunftsdienste), sind ausgeklammert worden. Begründet wird dies mit technischen und praktischen Problemen bei der Einbeziehung anderer Rufnummerngassen und mit der Tatsache, dass bislang nur bei den 0190er-/0900er-Nummern die eklatanten Missbrauchsfälle aufgetreten sind bzw. auftreten.

Auskunfts-Anspruch für Verbraucher
Der Verbraucher soll künftig einen Auskunftsanspruch gegen die Regulierungsbehörde bekommen, um zu erfahren, wer sich hinter einer 0190er-Nummer verbirgt. Diese Auskunft über den Namen und die ladungsfähige Anschrift soll innerhalb von zehn Werktagen erteilt werden. Diese Angaben kann die Regulierungsbehörde zuvor von ihren Zuteilungsnehmern abfragen (§ 43a Abs. 1 TKG-neu). Die gewählte Lösung, die es dem Verbraucher erspart, sich selbst in langwierigen Nachforschungen durch die Kette der Provider „hindurchzuhangeln“, bedeutet gegenüber der aktuellen Lage einen Fortschritt. Problematisch wird allerdings wohl auch weiterhin sein, dass der Diensteanbieter oftmals im Ausland ansässig ist. Dadurch wird die Rechtsverfolgung bzw. die Rechtsdurchsetzung wesentlich erschwert.

Preisangaben
Eine neue Regelung sieht vor, dass in der Werbung für 0190er- und 0900er-Mehrwertdienste auf den zu zahlenden Preis hingewiesen werden muss (§ 43b Abs. 1 TKG-neu). Bevor eine 0190er-/0900er-Nummer aus dem Festnetz genutzt wird, muss dem Kunden vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit der Preis pro Minute angesagt werden (§ 43b Abs. 2 TKG-neu). Die Ansagepflicht gilt nach einjähriger Übergangsfrist auch für Anrufe aus den Mobilfunknetzen. Für mehr Rechtssicherheit sorgt die Regelung, dass die Beweislast für eine klare Preisansage bei den Diensteanbietern und nicht beim Kunden liegt (§ 43b Abs. 2 letzter Satz TKG-neu).

Der Preis für zeitabhängig über 0190er- oder 0900er-Mehrwertdienste-Rufnummern abgerechnete Dienstleistungen wird auf 2 Euro pro Minute begrenzt. Die Abrechnung darf höchstens im 60-Sekundentakt erfolgen. Der Preis für zeitunabhängig über Mehrwertdienste-Rufnummern abgerechnete Dienstleistungen (Blocktarife) wird auf 30 Euro pro Verbindung begrenzt. Darüber hinaus gehende Preise dürfen nur erhoben werden, wenn sich der Kunde gegenüber dem Diensteanbieter durch ein geeignetes Verfahren legitimiert (§ 43b Abs. 3 TKG-neu).

Zwangstrennung
Alle Verbindungen zu 0190er-/0900er-Mehrwertdienste-Rufnummern, die zeitabhängig abgerechnet werden, sollen nach einer Stunde automatisch getrennt werden. Davon kann abgewichen werden, wenn sich der Kunde zuvor entsprechend legitimiert hat (§ 43b Abs. 4 TKG-neu).

Neues für Dialer
Das neue Gesetz enthält zudem eine Vorschrift, nach der Anwählprogramme über 0190er- oder 0900-Mehrwertdienste-Rufnummern (Dialer) vor der Inbetriebnahme von der Regulierungsbehörde registriert worden sein müssen (§ 43b Abs. 5 TKG-neu).

Kostenpflichtige Dialer, bei denen neben der Telekommunikationsleistung Inhalte abgerechnet werden, dürfen nur über Rufnummern aus einer von der Regulierungsbehörde hierzu zur Verfügung gestellten Gasse angeboten werden (§ 43b Abs. 6 TKG-neu). Die Regulierungsbehörde muss also eine separate Rufnummerngasse für Anwählprogramme schaffen. Für die Verbraucher bedeutet die exklusive Rufnummerngasse mehr Sicherheit. Sie können sich durch eine gesonderte Rufnummernsperre vor betrügerischen Dialern schützen. In der Vergangenheit war ein solcher Schutz nicht so einfach zu realisieren, da Anwählprogramme neben den eigentlich dafür vorgesehenen Nummerngassen 0190 und 0900 noch weitere Nummernbereiche nutzten, darunter 0193 und 0180.

Wie kann man sich schützen?
Schnelle und einfache Maßnahmen gegen unseriöse Anbieter von Mehrwertdiensten:
? Einsatz von Dialer-Schutzprogrammen (Software)
? Sperren der Mehrwertdienste-Rufnummern bzw. der Rufnummerngassen
? Nutzung der Suchmaschinen zu 0190er- und 0900er-Nummern auf den Internetseiten der RegTP (www.regtp.de, Rubrik „Nummernverwaltung“ / Unterrubrik „0190/0900 Premium Rate-Dienste“)
? Anforderung eines ungekürzten Einzelverbindungsnachweises
? Festlegung eines Rechnungslimits gegenüber dem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen (vgl. § 18 TKV),
? Vorsicht bei Nummern in „Tarn-Schreibweise“ (zum Beispiel 0103-3019-0-XXX).

Marja von Oppenkowski (DIHK)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2003, Seite 14

 
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