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Harmonie von Beruf und Privatleben

„Die Krieger der New Economy sind müde. Was haben sie nicht auch alles gegeben: Arbeit Tag und Nacht bei Fertigpizza und Cola aus der Dose (...). Der Preis war hoch: Nicht nur sind ihre Aktienoptionen nichts mehr wert, viele Start-up-Helden haben schlicht ihre Gesundheit ruiniert. Aber sie sind nicht die einzigen: die Wirtschaftskapitäne der Old Economy sind genauso müde (...). Work-Life-Balance heißt deshalb der neueste Schlachtruf, der aus den Strategieabteilungen der Unternehmen tönt.“ So beschreibt die FAZ in ihrem Hochschulanzeiger die Befindlichkeiten vieler Mitarbeiter.

Was versteht man unter Work-Life-Balance?
Ziel einer ausgewogenen Work-Life-Balance ist es nicht nur, Berufs- und Privatleben unter einen Hut zu bringen, sondern sich darüber hinaus auch Zeit zu nehmen für eigene Vorlieben, Träume und Visionen. Der Begriff Balancing, wörtlich aus dem Englischen übersetzt „im Gleichgewicht halten“, verweist auf den eigentlichen Kern der Sache: Balance hat zu tun mit Zufriedenheit, mit Glück und auch damit, persönliche Lebensvorstellungen umzusetzen. Das Halten der Balance dagegen ist kein statischer Zustand, sondern ein Vorgang, der unsere eigene aktive Mitgestaltung zu jeder Zeit erfordert, und genau das ist mit dem Schlagwort Balancing gemeint.

Wenn Pflichtbewusstsein oder das Funktionieren in bestimmten Rollen die dominierenden Faktoren in allen Bereichen des Lebens sind, wenn man vornehmlich auf Erwartungen reagiert, die von außen an einen herangetragen werden, stellen sich rasch Versagens- und Überforderungsgefühle ein.

Wann brauchen Sie Balancing?
Erkennen Sie sich in der folgenden Situationsbeschreibung wieder? Wenn ja, dann sollten Sie sich mit dem Thema Work-Life-Balance näher befassen.

Sie sind ein erfolgreicher Unternehmer oder eine erfolgreiche Führungskraft. Zunächst einmal haben Sie sich auf Ihre Karriere konzentriert, aber auch Familie und Freundschaften sollen in Ihrem Leben nicht fehlen. Sie sind der Typ von Mensch, der sich geschmeichelt fühlt, wenn man ihn als „workaholic“ bezeichnet, denn dies betrachten Sie als Vorraussetzung für Ihren beruflichen Erfolg.

Sie tragen gerne Verantwortung im Beruf. Auf Grund der wirtschaftlich unsicheren Zeiten spüren Sie zunehmenden Leistungs- und Konkurrenzdruck. Überstunden oder ein durchgearbeitetes Wochenende sind da nichts Ungewöhnliches. Wie sonst wäre ein derartiges Pensum zu bewältigen? Stress ist Ihr ständiger Begleiter, ob im Beruf oder im Privaten. Sie fühlen sich immer öfter genervt, bringen regelmäßig abends die „Firma“ mit nach Hause. Völlig erschöpft kommen Sie nach einem langen Arbeitstag zurück und doch überkommt Sie immer öfter das Gefühl, nicht wirklich etwas erreicht zu haben. Hinzu kommt, dass Probleme am Arbeitsplatz bereits bestehende Spannungen im Privatleben merklich verstärken. So kann es leicht passieren, dass Sie Ihren Körper hintergehen, indem Sie zu wenig für Schlaf, Entspannung, Sport und gesunde Ernährung sorgen. Schlaflosigkeit, Verspannungen, Herzrhythmusstörungen sind die Folgen.

Spätestens jetzt sollten Sie sich die Frage stellen: Ist es das wirklich wert? Was für einen Sinn macht es für mich, beruflich zwar erfolgreich am Leben teilzunehmen, dafür aber Familie, Freunde, Gesundheit oder auch eigene Wertvorstellungen, die mir früher wichtig waren, über Bord zu werfen?

Ungleichgewicht bewusst machen
Immer dann, wenn also das Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben aus den Fugen geraten ist, wenn Hetze und Druck des Berufslebens zunehmend Ihr Privatleben dominieren, ist Ihr Leben aus dem Gleichgewicht geraten. Hauptindikator für ein unbalanciertes Leben ist in erster Linie der Faktor Überbelastung. Sie fühlen sich reizbar, ärgerlich, ungeduldig, vielleicht sogar ausgenutzt.

Vorstellungen: Lebensfluss und Bühne
Im Folgenden zwei Modelle, die es Ihnen erleichtern, über Ihre derzeitige Situation nachzudenken. Das erste ist das Bild des Lebensflusses. Betrachten Sie Ihr Leben wie einen Fluss, der sich durch unbekanntes Gelände seinen Weg bis hin zur Mündung bahnt. Dieser Lebensfluss, aus einigem Abstand betrachtet, zeigt deutlich, wie begrenzt Ihr Leben ist. Stellen Sie sich geistig an das Ende dieses Flusses und betreiben Sie Rückschau auf die Jahre. Das wird Ihnen helfen, die Entscheidungen, die Sie getroffen haben, zu analysieren und anstehende Entscheidungen leichter zu fällen. Denn das Leben als Ganzes betrachtet, macht manches Thema, das einem Sorgen und Ärger bereitet, weniger dramatisch und lässt eher den Blick auf Wesentliches zu. So schaffen Sie es leichter, oft geäußerte Wünsche zu realisieren, Kleinigkeiten mehr zu genießen und schöne Momente bewusster zu erleben bzw. sich nicht mehr so schnell über Nichtigkeiten aufzuregen.

Machen Sie sich die Einmaligkeit Ihrer Zeit bewusst und beginnen Sie, Ihre kostbare Zeit für die richtigen Dinge zu nutzen.
Das zweite Modell ist das Bild der Lebensbühne. Stellen Sie sich Ihr Leben vor wie eine Bühne, die gebaut und gehalten ist auf vier Säulen. Solange diese vier Säulen einigermaßen gleich stark und gleich hoch sind, lässt es sich auf dieser Bühne gut agieren. Ist allerdings eine dieser Säulen instabil, gerät Ihre Bühne ins Wanken und Sie laufen Gefahr, aus der Balance zu geraten. Die vier tragenden Säulen des Lebens sind
? lebendige Beziehungen,
? körperliches Wohlbefinden,
? stabile Lebenswerte und
? angemessene Arbeitsleistung.

Gleichgewicht herrscht in Ihrem Leben, wenn Sie sich den vier Säulen in gleicher Weise widmen.Ihr Ziel muss also sein, nicht mehr Zeit aus Ihrem Tag herausholen zu wollen, sondern die Zeit, die Sie haben, adäquat auf die vier Lebensbereiche zu verteilen. Wie wäre es denn, wenn Sie z.B. geschäftliche Interessen mit Ihren Kunden beim Golfen besprechen, statt abends einen Zusatz-Termin für ein Geschäftsessen einzuschieben. So gelingt es Ihnen, den zwei Bereichen Arbeit und Körper gerecht zu werden statt nur einem davon. Oder sie verlängern Ihre Mittagspause um ein viertelstündiges Nickerchen, das Ihnen wieder ausreichend Energie für die zweite Tageshälfte gibt.

Methoden
Machen Sie sich zunächst einmal klar, wie Ihr persönliches Zeitkonto derzeit aussieht. Stellen Sie Ihren Ist-Zustand fest. Nehmen Sie sich einen Tag X aus Ihrem Leben, um sich anhand eines Kreisdiagramms zu visualisieren, wie viel Zeit Ihnen tatsächlich, d.h. nach Abzug aller dringlichen „To-Do‘s“, für die Verwirklichung Ihrer Ziele, Visionen und Träume bleibt. Leben Sie in der Gegenwart und verschieben Sie ab sofort nichts mehr in die Zukunft.

Legen Sie dann fest, welche Ihrer Lebensbereiche Sie momentan überbetonen bzw. welchen Lebensbereichen Sie im Sinne der Balance mehr Zeit zukommen lassen sollten. Angenommen, Sie reduzieren Ihre wöchentlichen drei Stunden im Fitness-Center um nur eine einzige Stunde, dann können Sie diese Zeit nutzen, um mehr Zeit mit Ihren Freunden zu verbringen oder Sie treffen sich gleich mit Ihren Freunden zum Sport.

Ein nächster Schritt wäre, sich von den Erwartungen anderer frei zu machen. Es handelt sich hierbei um Rollenerwartungen, die Ihnen oft von anderen übergestülpt werden, aber auch um solche, die Sie freiwillig übernommen haben. Entscheiden Sie, was Sie beibehalten und was Sie ablegen wollen, um Ihre persönlichen Bedürfnisse in den Vordergrund stellen zu können.
Daraufhin definieren Sie sich konkrete, realisierbare Ziele, die im Einklang mit Ihren Stärken und Talenten stehen. Setzen Sie dabei Zeitfenster fest. Wann genau soll Ihr Ziel erreicht werden? Prioritäten in Ihrem Alltag zu setzen ist hilfreich, um die gesetzten Zeitfenster auch einhalten zu können. Jahres-, Wochen bzw. Tagespläne helfen Ihnen dabei. Denken Sie daran, dass nur 60 Prozent eines Tages realistischerweise verplant werden können; 20 Prozent müssen für soziale Kontakte und weitere 20 Prozent für die so genannten Zeitdiebe einkalkuliert werden.

Planen Sie regelmäßige Regenerationsphasen für Ihr körperliches Wohlbefinden ein. Denn nachgewiesenermaßen besteht jeder Tagesablauf aus sich abwechselnden Leistungshochs und darauf folgenden Leistungsabfällen. Immer dann, wenn Sie unkonzentriert sind und Sie sich gestresst fühlen, dann will Ihnen Ihr Körper signalisieren, dass er ein gesteigertes Ruhebedürfnis hat. Schon mehrere kurze Pausen über den Arbeitstag verteilt helfen Ihnen, die so entstandenen Stresspotenziale abzubauen. Schalten Sie doch einfach einmal für ein paar Minuten ab und konzentrieren Sie sich nur auf Ihren Körper. Etwas frische Luft, ein kurzer Small-Talk oder aber einfach einmal für fünf Minuten die Augen schließen, ein paar Schritte laufen, all das gibt Ihrem Körper Gelegenheit, sich zu erholen und sich gestärkt wieder Ihrer Arbeit widmen zu können.

Susanne Bohn, info@solverenodum.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2004, Seite 20

 
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