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Was bringt der neue Flugplan?

Der Luftverkehrsmarkt war in den vergangenen beiden Jahren insbesondere durch vielfältige Turbulenzen, Konzentrationsprozesse und das Aufkommen neuer Anbieter im Niedrigpreissegment gekennzeichnet. Wie sind die weiteren Entwicklungen einzuschätzen und welche Auswirkungen hat dies auf den Flughafen Nürnberg? Darüber sprach WiM mit Joachim Hunold, seit Juni 2003 Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen (ADL) und Vorsitzender der Geschäftsführung von Air Berlin, die er vor 13 Jahren gegründet hat.

WiM: Wie war das Jahr 2003 für die Luftfahrtunternehmen?

2003 war das schwierigste Jahr für die internationale Luftfahrt seit Kriegsende. Die Spätfolgen des 11. September 2001, die Lungenseuche SARS und der Irak-Krieg führten weltweit zu spürbarer Flug-Abstinenz. In Deutschland kam die schwierige wirtschaftliche Lage hinzu. Wenn nahezu jede zweite Familie von Arbeitslosigkeit bedroht oder betroffen ist, leidet das Konsum-Klima darunter beträchtlich. Die Leute waren verunsichert und haben ihr Geld lieber auf die hohe Kante gelegt. Das haben vor allem die großen deutschen Reiseveranstalter zu spüren bekommen – und damit auch die Fluggesellschaften.

WiM: Wie beurteilen Sie die Marktperspektiven für die so genannten „Low Cost Carrier“ in Deutschland?

Wenn Air Berlin nicht Ende 2002 in dieses Geschäft eingestiegen wäre, hätten wir kaum Wachstum vorweisen können. So aber konnten wir im Jahr 2003 gut 43 Prozent mehr Passagiere befördern und mit insgesamt 9,6 Mio. Gästen die zweitgrößte Fluggesellschaft in Deutschland und der drittgrößte Low Cost Carrier in Europa werden. Zum Low Cost Carrier wird man aber nicht dadurch, dass man niedrige Preise anbietet; man muss auch mit niedrigen Kosten arbeiten. Weil Air Berlin schon immer diese Voraussetzung erfüllte, konnten wir dieses Engagement auch wagen. Nach seriösen Prognosen hat der Low-Fare-Markt allein in Deutschland ein Potenzial von jährlich 40 Mio. Gästen. Davon wurde 2003 gerade mal erst ein Viertel ausgeschöpft. Mit 4,5 Mio. beförderten Gästen war Air Berlin in diesem Segment der größte deutsche Carrier. Abgesehen davon, dass mal immer wieder eine Airline am Boden bleiben wird, dauert es schon noch zwei oder drei Jahre, bis in diesem Markt mit einer echten Konsolidierung zu rechnen ist.

Haben sich die City Shuttle-Verbindungen von Nürnberg nach London und Rom ausgezahlt und wie geht es damit weiter?

Ja, zweifellos. Die London-Strecke schwächelte anfangs ein wenig, hat sich aber inzwischen gut erholt. Rom steht schon deshalb auf einem sicheren Fundament, weil diese Verbindung in unser großes Nürnberger Drehkreuz eingebunden ist, also auch noch von anderen deutschen Zubringer-Flughäfen bedient wird. Doch das Lokalaufkommen in Nürnberg ist so groß, dass sich diese Strecke wohl künftig auch ohne Anschlussflüge tragen würde. Gerne würden wir unseren City Shuttle auch nonstop von Nürnberg nach Barcelona fliegen lassen. Dieses Vorhaben scheiterte bislang noch an fehlenden Barcelona-Slots. Wir geben die Hoffnung aber nicht auf.

WiM: Welche Bedeutung hat der Airport Nürnberg speziell mit seiner Drehkreuzfunktion für Air Berlin?

Wegen der Drehkreuz-Funktion ist Nürnberg, neben Palma de Mallorca, der wichtigste Start- und Landeplatz von Air Berlin. Früher hatten wir hier ja nur im Winter ein Drehkreuz, doch jetzt wird es auch ein kleines Drehkreuz im Sommer geben. Das wird natürlich die Passagierzahlen am Flughafen Nürnberg und damit auch die Zahl der Arbeitsplätze weiter erhöhen.

WiM: Zum 1. Mai 2004 kommt die EU-Osterweiterung. Wie sind die Flugverbindungen in die neuen Beitrittsländer speziell auch von Nürnberg aus einzuschätzen?

Natürlich werden wir auch die Osterweiterung der EU nicht verschlafen. Zusammen mit Niki Laudas „Niki“, unserem neuen Allianzpartner in Österreich, wollen wir diesen Markt systematisch erschließen. Wir sind gerade dabei, die Chancen dafür auszuloten. Dazu werden wir noch ein paar Wochen brauchen. Spätestens zum Herbst soll es dann Osteuropa-Verbindungen geben – ob auch von Nürnberg aus, kann ich heute allerdings noch nicht sagen. Doch das Drehkreuz bietet sich ja auch da für Anschlussflüge in den Süden an. Umgekehrt hätten die Franken dann neue Verbindungen nach Osteuropa.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2004, Seite 37

 
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