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Teil XVI: Albrecht Dürer heute

Foto: Neues Museum Nürnberg

Religiosität und historisches Bewusstsein bedeuteten für Albrecht Dürer maximale Motivation und die Herausforderung, immer wieder allerhöchste Ansprüche an sich selbst zu stellen. Sein Talent empfand er als ein Geschenk Gottes. Kein geringerer als Christus, aber auch die größten Künstler aller Zeiten waren Dürers Leitbilder und dienten ihm für die Projektion des eigenen Ich.

Taucht man weiter in die komplexe Materie ein, findet man sich wieder in den endlosen Tiefen der spannendsten Grundfragen zur menschlichen Existenz und ihrer Bestimmung unter humanistischen wie philosophischen, theologischen, psychologischen, historischen, künstlerischen oder anthropologischen Aspekten. Beim Lesen von Fichtes Gedanken „Zur Bestimmung des Menschen“ von 1800 („...ich wollte nicht Natur, sondern mein eigenes Werk sein; und ich bin es geworden, dadurch, dass ich es wollte.“), wiederentdeckt bei Peter Sloterdijk, muss man doch besonders an Albrecht Dürer denken.

Die Humanisten Konrad Celtis und Erasmus von Rotterdam verglichen das Künstlergenie schon zu Lebzeiten mit dem legendären, kongenialen griechischen Künstler Apelles (zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts v.Chr.). Als berühmtester Maler der Antike wurde dieser von Alexander dem Großen auf Grund von brillanter Virtuosität, philosophischer Geistesgabe und außergewöhnlichem Selbstbewusstsein besonders geschätzt. Dürers umfangreichster Auftrag seines Lebens, die (nicht mehr erhaltene) Wandgestaltung des Nürnberger Rathauses, ist mit dem „Triumphwagen Maximilians I.“ und der allegorischen Darstellung der „Verleumdung des Apelles“ als Analogie zu verstehen. Dies war eine seiner vielen genialen Strategien, auch am eigenen Mythos mitzuarbeiten.

Heute ist Dürer Teil unserer europäischen Geschichte, die Auseinandersetzung mit diesem Weltkünstler bietet großes Potenzial, neue Visionen zu denken. Dürer-Weg, alljährliches Dürer-Fest und „das weltgrößte Rasenstück“ für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zielen in diese Richtung. Immer wieder ist Dürer auch heute Impuls für Arbeiten zeitgenössischer Künstler. Dürer-Hasen von Ottmar Hörl sind nach wie vor begehrte „Kulturbotschafter“ auf der ganzen Welt. An der Fassade der Kunsthalle lässt uns Jochen Gerz über Dürer, Geschichte und das Neue in der Kunst nachdenken. Im Neuen Museum Nürnberg hat Braco Dimitrijevic dem Denkmal von Dürer das eines unbekannten, zufälligen Passanten zugeordnet. Es ist eine der interessantesten Interpretationen zum Thema Gedächtnis der Menschheit.

Autor/in: 
Eva Schickler
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2004, Seite 52

 
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