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Kaufsucht wird wissenschaftlich untersucht

Mit dem Thema „pathologisches Kaufen“ beschäftigt sich die Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Erlangen (Leiterin: Prof. Dr. Martina de Zwaan) intensiv. In der ersten Jahreshälfte wurden 21 kaufsüchtige Patientinnen erfolgreich therapiert; weitere Kurse, für die Teilnehmer gesucht werden, sollen folgen. Ziel der Studie ist es, erstmals eine nachweisbare wirksame Therapie gegen Kaufsucht zu entwickeln.

Beim zwanghaften, so genannten „pathologischen“ Kaufen handelt es sich nach Worten von Studienleiterin Dr. Astrid Müller um ein Phänomen mit sehr negativen ökonomischen, sozialen und psychologischen Folgen für die Betroffenen. Bisher gebe es international keine genauen Behandlungsansätze, deren Wirksamkeit nachgewiesen wurde. In Deutschland sei keine einzige Psychotherapiestudie zu diesem Thema bekannt. „Angesichts der stark wachsenden Kaufsuchtgefährdung in Deutschland werden wirksame Behandlungsangebote dringend benötigt“, sagte Müller. In den alten Bundesländern würden rund acht Prozent und in den neuen Bundesländern sechs Prozent der Bürger als „stark kaufsuchtgefährdet“ eingestuft.

Die Erlanger Psychosomatik möchte parallel zu einer amerikanischen Forschergruppe der University of North Dakota in einer wissenschaftlichen Studie die Wirksamkeit spezifischer Gruppentherapien nachweisen. Sowohl in Erlangen als auch in den USA werden weitestgehend gleiche Therapiepläne verwendet. Patientinnen, die zu den zwanghaft-impulsiven Käuferinnen gehören oder stark kaufsuchtgefährdet sind, werden in zwölf ambulanten, wöchentlichen Gruppensitzungen zu je 90 Minuten therapiert. Die deutschen und amerikanischen Ergebnisse sollen am Ende der Studien miteinander verglichen werden.

Auch wenn derzeit noch keine endgültigen Ergebnisse über die erste Therapierunde vorliegen, ist Studienleiterin Müller im Hinblick auf den Erfolg des Erlanger Modells sehr zuversichtlich: „Der Großteil unserer Patientinnen zeigte eine Verminderung des exzessiven Kaufverhaltens.“ Die Studie helfe beim grundlegenden Verständnis dieser Störung der Impulskontrolle.

Das Spektrum der Kaufsucht ist nach Erkenntnissen der Erlanger Wissenschaftler weit gestreut: Betroffene berichten von täglichen Kaufattacken, vom Kauf ganz spezieller oder mehrfach gleicher Artikel oder nutzloser, unsinniger Dinge. Kaufsüchtige Frauen haben es meist auf Kleidung, Schuhe, Kosmetik, Lebensmittel und Haushaltsgeräte abgesehen, während Männer eher zu modernen Technikartikeln, Sportgeräten, Autozubehör und Antiquitäten greifen. Oft werden die gekauften Dinge nicht benutzt, sondern gehortet oder an nahe Bezugspersonen verschenkt. Kaufsüchtige würden häufig auch unter Depressionen, Angst-, Ess- oder Zwangsstörungen leiden.

Uni-Klinikum, Tel. 09131/85-34894, Mi./Do. 14 bis 16 Uhr, Mo. 11 bis 12 Uhr
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2004, Seite 11

 
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