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Amerikanischer Traum in Nürnberg

Der Eingang zur Deutschlandzentrale folgt mehr der pragmatischen Sicht als einem Standesbewusstsein in Marmor und Glas. Gegenüber dem Empfangstresen hat der Firmenchef gleich zwei Kultmotorräder aus dem Haus Harley Davidson abgestellt. Kein Zweifel: Umgangsform und -ton folgen in der Nürnberger Rockefeller Trading Company dem Erscheinungsbild von Frederic Rockefeller, dem Gründer und Firmenchef. Der entfernte Spross der US-amerikanischen Rockefeller-Dynastie (der einstige US-Milliardär John Davis Rockefeller war der Urgroßonkel) betreibt ein Geschäft mit Tonerkartuschen und Tintenpatronen für Bürogeräte.

Vor 18 Jahren hat sich der Unternehmer in Nürnberg mit Büromaschinenzubehör selbstständig gemacht. „Ich hatte 80 000 Mark in der Tasche und ein 36 Quadratmeter großes Büro mit Dusche.“ Bis sechs Uhr morgens wurde dort geschlafen, dann ordentlich durchgelüftet und ab 8 Uhr startete der Bürobetrieb. „Wenn man den Namen Rockefeller hört, denkt jeder sofort, dass ich mit einem goldenen Löffel auf die Welt gekommen bin.“ Tatsächlich habe er in den USA mit sieben Jahren Zeitungen auf der Straße verkauft. Mit neun stellte der Sohn einer deutschen Mutter seinen ersten Bonbon-Automaten in der Gastwirtschaft seines Großvaters auf, mit zwölf war er stolzer Besitzer Hunderter solcher Apparate. Der amerikanische Traum schwingt noch heute in seinen Erzählungen mit.

Das Rezept für seinen Erfolg sieht Rockefeller in seiner Rolle als „zuverlässiger Partner mit langjähriger Erfahrung und ohne Kompromisse in Qualität und Service“. Denn das eigentliche Problem sei für ihn die fehlende Dienstleistungsbereitschaft in Deutschland. Statt auf klassischen Versandhandel mit Katalog und Internet-Bestellshop zu setzen, schwört der Unternehmer auf das Telefonmarketing, das besser in der Lage sei, Kunden zu binden. Man habe auf diese Weise mittlerweile über 65 000 Geschäftskunden gewonnen. Hierzu trage auch das Logistik-Konzept bei, durch das kurzfristig – durchaus schon einmal innerhalb von drei Stunden – geliefert werden kann. Oder die Zufriedenheitsgarantie, die über den Mindestzeitraum hinaus bei Tonern und Tintenpatronen lebenslang gelte. Ergänzt werde der Service durch eine Rücknahmegarantie bzw. einen Austausch gegen andere Produkte, bei dem nur die Handlungskosten abgezogen werden. Kein Verständnis habe er dafür, dass sich der deutsche Handel beim Umtausch häufig restriktiv verhalte.

Mit dieser Firmenpolitik hat Rockefeller seine deutsche Trading Company zu einem Unternehmen mit rund 260 Beschäftigten ausgebaut, davon knapp 50 in der Nürnberger Zentrale. Der Umsatz wurde im Geschäftsjahr 2003 trotz der Branchenflaute leicht auf 14 Mio. Euro gesteigert. Seit Jahresbeginn stünden die Zeichen weiter auf Personalaufbau.

Im Rückblick erinnert sich der Unternehmer an Kritik und Spott, mit der seine Gründung in Nürnberg begleitet wurde. Was er denn in der Provinz wolle, sei er häufig gefragt worden. Dabei habe er am Anfang nur die „wahnsinnig gute Infrastruktur mit viel Potenzial“ im Großraum erschließen müssen.

In seiner Freizeit engagiert sich der sonst zurückgezogen lebende Rockefeller für das Unesco-Hilfsprojekt „Bildung für Kinder in Not“, für das er nun auch an die Öffentlichkeit geht. „Wir wollen kein Geld, sondern nur Ihren Abfall“, lautet der Aufruf des hierzu eigens ins Leben gerufenen, gemeinnützigen Fördervereins Rockefeller Economies e.V. Der Verein sammelt in ganz Deutschland von Privatpersonen, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen verbrauchte Tonerkartuschen und Druckerpatronen. Diese werden dann an den meistbietenden Wiederverwerter verkauft, der sie wiederum umweltgerecht recycelt. Man wolle auf diesem Weg jährlich mindestens 50 000 Euro zusammenbekommen, die dann direkt an die Unesco gehen. Rockefeller sucht weitere Partner, die die Sammelboxen im Büro oder an anderen Orten mit viel Kundenfrequenz aufstellen.

tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2004, Seite 58

 
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