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Erlebniswelten für Museen

Die Firma Hüttinger wurde 1921 als Elektrotechnik-Ingenieurbüro in Fürth von Emanuel Hüttinger gegründet. 1949 begann Lucius Hüttinger mit der Planung und Fertigung von technischen Modellen, Vorführungen und Funktionsschaubildern. Anfang der 70er Jahre expandierte dieser Bereich. Der Schwerpunkt verlagerte sich vom Einzelmodell zur Ausstattung kompletter Ausstellungen und Informationszentren, insbesondere für die Bereiche Energietechnik, Kommunikationstechnologie und Automobil. Das Kundenspektrum vergrößerte sich seitdem stetig und das Unternehmen vollzog den Wandel vom ausschließlich in Deutschland operierenden Unternehmen zum weltweit agierenden Anbieter von hochwertigen Museen, Wissenschafts-Centern und Erlebnisausstellungen.

Vor rund zehn Jahren zog das wachsende Unternehmen aus Platzgründen aus Nürnberg nach Schwaig um, wo damals rund 17 Mio. DM in ein neues Gebäude investiert wurden. Zurzeit sind alle Familienmitglieder im operativen Geschäft tätig: Kurt und Gisela Hüttinger sowie deren Söhne Jörg und Axel Hüttinger.

Sehen und Verstehen
Wissenschafts- und Technikkommunikation ist das übergeordnete Geschäftsfeld der Firma, deren Tätigkeit sich dabei auf vier Bereiche konzentriert: Eine Säule bilden Produktpräsentationen für internationale Unternehmen (z.B. INA, Audi, Maybach, Siemens oder Lamborghini), beispielsweise Karosserie-Schnitte neuer Auto-Modelle, „gläserne“ Motoren-Displays oder Bremssystem-Animationen. Dieser Bereich mit Kunden vornehmlich aus der Automobilbranche macht etwa 30 Prozent der Geschäftstätigkeit aus und zielt in erster Linie auf Messe- und Event-Publikum. „Da Technikkommunikation entscheidend eine Frage des Verstehens ist“, so Axel Hüttinger, „haben wir als Unternehmen mit ingenieurwissenschaftlicher Ausrichtung und Tradition eine Trumpfkarte im Vergleich zu Mitbewerbern, die eher von der kreativen Seite kommen.“ Auf diesem Feld der hochwertigen technischen Displays sei man einzigartig in Deutschland.

Der zweite Geschäftsbereich befasst sich mit Informationscentern, für die interaktive Ausstellungsobjekte gefertigt werden. Ein frühes Betätigungsfeld des Unternehmens waren die Infozentren von Kernkraftwerken, inzwischen sind aber auch Tourismusverbände mit ihren spezifischen Anliegen hinzugekommen. Ein jüngeres Projekt für die Energiebranche war das 250 Quadratmeter große Infocenter der Vattenfall Europe im ostdeutschen Braunkohlekraftwerk Lippental, das 2001 eröffnet wurde.

Der dritte Bereich umfasst so genannte „thematisierte Attraktionen“. Das englische Kunstwort „Edutainment“ umschreibt nach Hüttingers Worten gut, wofür diese Konzepte stehen: nämlich die zeitgemäße Verbindung von Lernen und Unterhaltung. So wurde in Bremen auf dem Gelände der ehemaligen Vulkan-Werft eine gläserne Werft konzipiert, bei der Arbeitsprozesse für die Besucher erfahrbar gemacht werden. Ein weiteres Projekt dieser Art stellt das Nürnberger Hotel Drei Raben dar, das zwischen 1999 und 2001 zu einem Themenhotel umgewandelt wurde.

Wissen zum Anfassen mit Unterhaltungswert
Der vierte und wachstumsstärkste Bereich des Unternehmens, der rund 60 Prozent des Geschäftsvolumens ausmacht, sind Museen und Science-Center. Science Center sind hierzulande nach Axel Hüttingers Worten leider noch die Ausnahme, in den USA existieren bereits 350 solcher Einrichtungen. Sie gehen auf die Anregung des Physikers Robert Oppenheimer zurück, der den Menschen wissenschaftliche Errungenschaften näher bringen wollte. Ein solches Science Center ist nach Hüttingers Worten „ein an Naturwissenschaft und Technik orientiertes Museum ohne historisch-konservierende Sammlung, in dem interaktive Ausstellungsstücke entwickelt, gebaut und zur Freude, Bildung und Unterhaltung der Menschen ausgestellt werden“.

Hüttinger bedauert, dass es auf diesem Wachstumssegment praktisch keinen Markt in Deutschland gebe und man daher stark international gewachsen sei. Die Projekte in diesem Bereich reichen um die ganze Welt: vom Kommunikationsmuseum Macao über die Prince-Salman-Science-Oase in Riad bis nach Glasgow. „Deutschland hinkt in diesem neuen Konzept-Bereich dem angelsächsischen und skandinavischen Ausland mindestens 20 Jahre hinterher“, so Hüttinger. Dabei würden dort rund 70 Prozent der Kosten einer solchen Einrichtung an der Eintrittskasse verdient, hierzulande habe man eine Kostendeckung über Kartenverkauf von fünf bis maximal 20 Prozent. Die wirtschaftlichen Verhältnisse könnten aber besser sein, wenn man Besucher als Menschen und Kunden ernster nehmen würde und sich die Museumslandschaft endlich als Teil der Freizeitindustrie begreifen würde. Daher stammten auch leider fast alle positiven Projektbeispiele aus dem Ausland. „Für mich ist ein Museum ein öffentliches Labor – ein außerschulischer Lernort“, so Hüttinger, der von Haus aus Ingenieur ist, zu seinen Vorstellungen von Wissensvermittlung und vergnüglichen Lernerfahrungen. Doch auch in der Region Nürnberg hat Hüttinger schon zahlreiche Themenbereiche und Exponate gestaltet, u.a. im Museum Industriekultur Nürnberg und im Nürnberger „Turm der Sinne“.

Trotz der Hemmnisse im Inland blickt das Familienunternehmen, das eigenen Angaben zufolge einen Umsatz von rund zehn Mio. Euro erzielt, optimistisch in die Zukunft. Die Auslastung komme stets in Schüben und so sei man sehr auf die Flexibilität der 85 Mitarbeiter angewiesen. Man habe Arbeitszeitkonten eingerichtet, so dass Stoßzeiten und Leerläufe gut ausgeglichen werden können.

Neben den 20 Mitarbeitern in der Konzeption sind 65 in Produktion und Konstruktion tätig und zwar aus fast allen Handwerks-Berufen. Großer Wert wird aus Qualitäts- und Zeitgründen auf in-house-Fertigung der Exponate gelegt, was in den über 2 000 Quadratmeter großen Werkstätten, einschließlich eigener Lackiererei problemlos erfolgen kann. Aus der Gründerzeit des Unternehmens wird noch die Firma Hüttinger Elektrotechnik mit zehn Elektrikern und zwei Meistern am selben Standort weitergeführt, die neben üblichen baunahen Elektro-Dienstleistungen auch an den elektrotechnisch häufig sehr anspruchsvollen Exponaten mitarbeiten.

De.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2004, Seite 60

 
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