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Die Verkehrslawine rollt

Der Freistaat Bayern weist im Handel mit den neuen EU-Mitgliedsstaaten hohe Zuwachsraten auf, er ist aber auch überdurchschnittlich vom starken Verkehrsaufkommen von und nach Mittelosteuropa betroffen. In den nächsten Jahren ist ein weiteres Anschwellen der Verkehrsströme zwischen Ost und West zu erwarten.

Zwar hat die bayerische Wirtschaft schon in den 90er Jahren enge Beziehungen mit den östlichen Nachbarländern aufgebaut und damit die EU-Osterweiterung in der Praxis vorweg genommen. Doch seit dem Beitritt der neuen Mitglieder am 1. Mai 2004 hat der Güterverkehr mit den osteuropäischen Staaten nochmals erheblich zugenommen.

Am Grenzübergang Waidhaus wurde seitdem eine Verdoppelung der ein- und ausreisenden Lastwagen registriert: Wurden im Jahr 2003 zwischen 60 000 und 68 000 Fahrzeuge pro Monat gezählt, so stieg die Zahl seit Mai 2004 auf 120 000 bis 148 000 pro Monat an.

Der grenzüberschreitende Lkw-Verkehr nach Ungarn hat sich fast verdoppelt: von 10 000 Lkw pro Tag vor dem EU-Beitritt auf nunmehr 19 000.

Auf Grund der offenen Grenzen hat der Verkehrsträger Schiene an Bedeutung verloren. So wurde die „Rollende Landstraße“ von Sachsen nach Tschechien Mitte 2004 wegen deutlich sinkender Nachfrage nach zehn Jahren eingestellt. In Spitzenzeiten waren diese Züge mit bis zu 80 Prozent ausgelastet, seit der Grenzöffnung nur noch zu zehn Prozent.

Die Hauptlast des Verkehrs trägt mit großem Abstand die Straße, auf der 60 bis 70 Prozent des Osteuropa-Verkehrs rollen. Doch gerade beim Verkehrsträger Straße besteht aus Sicht der IHK der größte Nachholbedarf. Im Westen ist das Fernstraßennetz zwar umfangreich, aber stark belastet. Im Osten sind die Fernstraßen dagegen noch unzureichend und schlecht ausgebaut. Die West-Ost-Verbindungen haben Lücken.

Das Bahnnetz ist in Deutschland durch gute Nord-Süd-Verbindungen und weniger gute Ost-West-Verbindungen gekennzeichnet. Im Osten gibt es nach wie vor relativ große Netze, die jedoch häufig in schlechtem Zustand und wenig leistungsfähig sind.

Nürnberg müsse als Drehkreuz in Süddeutschland und als „Gateway to Eastern Europe“ (so das offizielle Prädikat der EU) weiter gestärkt werden, erklärt die IHK. Aus mittelfränkischer Sicht besteht mit Hinblick auf die EU-Osterweiterung bei folgenden Verkehrsprojekten ein dringender Handlungsbedarf:

Lückenschluss der A 6 zwischen Amberg und Waidhaus: Die Fertigstellung haben Bundeskanzlers Gerhard Schröder und Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe für 2008/2009 zugesagt. Im Vordergrund der IHK-Forderungen steht nun die durchgängige Finanzierung des Projektes und die Einhaltung des versprochenen Fertigstellungstermins.

Sechsstreifiger Ausbau der A 6 zwischen Nürnberg und Heilbronn auf der gesamten Länge: Bisher ist nur der Bereich Nürnberg-Ost bis Schwabach-West im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans berücksichtigt.

Sechsstreifiger Ausbau der A 3 zwischen Nürnberg und Frankfurt auf der gesamten Länge: Bisher ist nur der Abschnitt Aschaffenburg-West bis Schlüsselfeld als vordringlich eingestuft. Der Baubeginn steht nicht fest. Der Abschnitt Schlüsselfeld bis Autobahnkreuz Erlangen/Fürth besitzt nur den Status „weiterer Bedarf mit Planungsrecht“, d.h. mit dem Baubeginn ist frühestens nach 2015 zu rechnen.

Ausbau des Güterverkehrszentrums Hafen Nürnberg (GVZ): Die rasche Realisierung der so genannten trimodalen Anlage für den kombinierten Ladungsverkehr von Schiene, Schiff und Lkw im GVZ hält die IHK für vordringlich. Ebenso die Verlagerung des Containerbahnhofs der Deutschen Bahn in das GVZ.

Verbesserung der Bahnanbindung Nürnberg – Tschechien: Bedauert wird von der mittelfränkischen Wirtschaft, dass seit 2004 keine EC-Anbindung mehr zwischen Nürnberg via Marktredwitz und Cheb (Eger) nach Prag besteht.

Stärkung der Donau-Wasserstraße: Besondere Bedeutung kommt dem staugestützten Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen zu.

Um das Zusammenwachsen der EU nachhaltig zu unterstützen, muss der Bund nach Ansicht der IHK ein Programm „Verkehrsprojekte Europäische Einheit“ auflegen. Über dieses Programm sollte insbesondere die Finanzierung der A 6 auf ihrer kompletten Länge von Nürnberg bis Heilbronn ermöglicht werden.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2005, Seite 32

 
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