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Öffentliche Investitionen durch Public Private Partnership

„Konzern Kommune – Partnerschaft mit den Privaten“: Unter dieser Überschrift stand das zweite Bayerische Kommunalforum in Nürnberg, eine Gemeinschaftsveranstaltung von Ernst & Young und der HypoVereinsbank. Für Ko-Organisator Arnd Bühner, Leiter der Public Services Bayern von Ernst & Young, ist es die akute Finanzschwäche der öffentlichen Hand, die gegenwärtig für alle spürbar ist. Sie führe zu einer Vernichtung kommunaler Vermögenssubstanz, zu erheblichen Sicherheitsmängeln etwa bei Verkehrsbauten und zum Verlust an Lebensqualität. Zudem verschärfe der Sparzwang die Krise der Bauindustrie, weil ein großer Teil öffentlicher Aufträge wegfalle. Einer der Wege aus der Krise könne Public Private Partnership (PPP) sein. Es böte die Möglichkeit, gerade im kostspieligen Infrastrukturbereich Projekte zu realisieren, die sonst auf absehbare Zeit nicht machbar wären. Allerdings müssen bei PPP zahlreiche Fragen im Steuer-, Genehmigungs-, Vergabe- und EU-Beihilferecht geklärt werden. Bühner betonte, dass es bereits eine Reihe ermutigender Beispiele für erfolgreiche PPP gebe, so etwa die Arena in Nürnberg oder das Fürther Bäderprojekt.

Für Erhardt Göstl, Leiter des Geschäftsbereichs Firmenkunden Bayern Nord der HypoVereinsbank, besteht ebenfalls dringender Handlungsbedarf angesichts des aufgestauten Investitionsbedarfs und der geringen finanziellen Spielräume der öffentlichen Hand. Seinen Worten zufolge werde sich bis 2009 in der Bundesrepublik ein Investitionsstau von rund 700 Mio. Euro aufbauen, nicht eingerechnet der Bildungs- und Sozialbereich. Eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur sei aber entscheidende Voraussetzung für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.

Bayerns Innenminister Dr. Günther Beckstein bezeichnete Public Private Partnership als eine „interessante Zwischenform, um Finanzen und Kreativität nutzbar zu machen“. Wirtschaftliches Denken müsse sich mit sozialem Handeln harmonisch verbinden: „Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohl sind zwei Seiten derselben Medaille.“ Man dürfe allerdings PPP-Modelle nicht als Allheilmittel sehen, das Scheitern einiger Projekte in Ostdeutschland habe dies gezeigt. Im Zentrum einer ernsthaften Prüfung von PPP stehe für ihn daher klar die Wirtschaftlichkeitsüberlegung. Im übrigen sehe die Gemeindeordnung vor, dass nur bei mindestens gleicher Wirtschaftlichkeit ein kreditähnliches Finanzierungsmodell für eine Gebietskörperschaft genehmigungsfähig sei.

Außerdem stellte der Minister klar, dass durch Sonderfinanzierungsformen keine zusätzlichen Haushaltsspielräume geschaffen werden: „In einer Haushaltslage, die eine Kreditfinanzierung nicht zulässt, wird auch kein Raum für Rechtsgeschäfte im Rahmen von PPP bleiben.“ Beckstein räumte ein, dass die Rechtsaufsichtsbehörden oft noch recht kritisch bei PPP-Projekten sind. Insbesondere bei Projekten mit Vorfinanzierungscharakter teile er diese Haltung. Besser sind aus seiner Sicht langfristige Modelle, bei denen Bau und Betrieb einer Einrichtung inklusive sind. Man stehe gegenwärtig innerhalb der Ministerialbürokratie noch am Anfang von Überlegungen, neue, rechtsform-neutrale Formen beim öffentlichen Bauen zu finden, etwa beim Bau von Schulhäusern. Man sei dabei, eine „bayerische Position“ zu dem Thema zu entwickeln. Es gebe aber schon gelungene PPP-Projekte wie das privat erstellte Polizeigebäude in Fürth oder den Ausbau der A 8, überlegenswert sei auch die Finanzierung des Ausbaus der A 3 bei Würzburg durch die Lkw-Maut.

Die Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Dresden GmbH und Vertreterin der Gelsenwasser AG, Gunda Röstel, erklärte, eine Modernisierung der bundesweit rund 14 000 Wasserversorger sei notwendig. Anzustreben seien ein stabiles Gebührenniveau und die Wahrung hoher Qualitätsstandards, zudem müsse das deutsche Know-how in der Wasserwirtschaft international nutzbar gemacht werden. Überfällig sei die Zusammenführung von Frischwasserversorgung und Abwasserentsorgung in einer Hand. Im „hochsensiblen Wasserbereich“ dürften sich PPP-Modelle aber nicht nur auf die Kosten reduzieren, man müsse sehr langfristig denken. In Dresden habe man dem mit Vertragslaufzeiten von 25 Jahren Rechnung getragen. Die Gelsenwasser AG, seit rund 100 Jahren am Markt, ist seit 2004 mit 49 Prozent an der Dresdener Stadtentwässerung beteiligt. Röstel trat energisch Befürchtungen entgegen, wonach bei privaten Unternehmen die Qualität von Versorgung leide. Dr. Hans Partheimüller, Geschäftsführer der infra fürth gruppe, nannte öffentliche Bäder als weiteres Feld für PPP-Projekte.

Als einen wesentlichen Grund für die finanziellen Engpässe der Kommunen nannte Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly die veraltete und realitätsferne Gemeindeordnung, die davon ausgehe, Investitionen aus vorhandener Liquidität zu decken. Diese sei aber grundsätzlich kaum mehr vorhanden. Außerdem sei der klassische Kredit als Finanzierungsinstrument viel zu eng gefasst und entspreche nicht mehr der Fülle an Finanzprodukten, die der Markt heute hergebe. „Das Rechtsinstrumentarium muss an die Lebenswirklichkeit angepasst werden“, forderte der OB. Eine weitere Problematik bestehe darin, dass sich öffentliche Infrastruktur praktisch nie betriebswirtschaftlich rechne. Darüber hinaus müssten sich beide Seiten einer anvisierten Partnerschaft mehr aufeinander zu bewegen – auch was die Risikoverteilung angehe. Die Randbedingungen seien anders als bei rein privatwirtschaftlichen Partnerschaften. So erfordere der Einsatz öffentlicher Gelder, dass PPP-Projekte in hohem Maß transparent sein müssen.

Weitere Themen der ganztägigen Veranstaltung waren Struktur- und Steueroptimierung, EU-Beihilferecht, PPP und Kommunalaufsicht, Betrieb von Bildungseinrichtungen, öffentlicher Personennah- verkehr sowie Freizeit- und Kongressimmobilien.

De.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2005, Seite 22

 
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