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Nicht nur laute Klingeltöne

Wohl jeder Bundesbürger hat inzwischen eines der Miniatur-Geräte von Nokia, Sony, Ericsson, Motorola oder Siemens. Sicherlich werden die meisten der rund 60 Mio. aktiven Handys in Deutschland für den netten Plausch mit der Oma, für verliebte SMS an die Freundin oder für bunte MMS aus dem idyllischen Urlaubsort an die Daheimgebliebenen benutzt. Doch Mobilfunkgeräte, ob sie nun Handheld oder PDA, Blackberry, Pocket PC oder Smartphone heißen, können viel mehr.

„Dank Smartphones mit Push-Funktion, PDAs und der Bandbreiten von GPRS, WLAN und UMTS nutzen Unternehmen Mobilfunknetze zusehends für komplexere Anwendungen“, sagt Michael Nordschild von der Nürnberger Initiative für die Kommunikationswirtschaft (NIK). Doch viele Unternehmen haben angesichts der rasanten technischen Entwicklung und der wachsenden Angebote für intelligente Mobilfunk-Anwendungen längst den Überblick verloren. Rund 130 Interessenten waren deshalb der Einladung von IHK, NIK, Bayern Innovativ sowie der Software-Offensive Bayern zum Fachforum „Mobilfunklösungen für Unternehmen“ in die IHK Akademie Mittelfranken gefolgt.

Netzausbau als wichtigste Voraussetzung
Noch haben die deutschen Mobilfunkbetreiber wie E-Plus, Vodafone, T-Mobile oder O2 das neue Geschäftsfeld für sich noch nicht richtig erschließen können. Nach Angaben von Betriebswirtschaft-Professor Michael Amberg von der Universität Erlangen-Nürnberg „generieren sie derzeit nur geringe Umsätze mit mobilen Diensten“. Und noch, so Amberg, nutzen Kunden vorwiegend Messaging-Dienste und zeigen lediglich verhaltenes Interesse an weiteren Service-Angeboten. Welche Entwicklungen am Markt möglich sind, dokumentierte der Wissenschaftler am Beispiel Japan. Auch dort, bei rund 70 Mio. Nutzern des Mobilfunks, dominierten noch 2002 eindeutig die Sprachdienste per Handy mit einem Marktanteil von 82 Prozent, nur zu 18 Prozent wurden per Mobilfunk Daten übertragen. Aber schon für das laufende Jahr werden Anteile von jeweils 50 Prozent für Daten und Sprache erwartet. Doch ausgerechnet bei Marktführer NTT-DoCoMo nutzen erst acht Prozent der Kunden UMTS, das V-CDMA-Netz ist zudem inkompatibel zum 2G-Netz. Das führt zu einer geringen Abdeckung, zu neuen großen Endgeräten mit geringer Batterielebenszeit. Beim kleineren Konkurrenten KDDI hingegen sind schon heute 85 Prozent der Kunden UMTS-Nutzer, das CDMA2000-Netz ist kompatibel und ermöglicht so eine gute Abdeckung. Und die neuen Endgeräte bieten zudem eine hohe Batterielebenszeit.

Was können Mobilfunkbetreiber in Deutschland daraus folgern? Noch sind die wesentlichen Barrieren, so Amberg, „die ungenügende Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse, die häufig unsystematischen Entwicklungsprozesse, die zu rasche Technologieentwicklung sowie die Substitution und Rivalität im Wettbewerb“. Nach seiner Meinung ergeben sich daraus für schnell reagierende Marktteilnehmer allerdings auch enorme Chancen. Selbstverständlich, das betonten Vertreter aller Mobilfunkbetreiber auf dem Fachforum, seien die Unternehmen bestrebt, ihre Netzdichte - auch in Mittelfranken - zu vervollkommnen und damit Dienste mit höheren Datenmengen bieten zu können. Gerade beim Netzausbau geben die Mobilfunkbetreiber auch weiterhin viel Geld aus. E-Plus beispielsweise setzt dabei auf das Ultra-High-Site-Prinzip (UHS), bei dem stark bündelnde Antennen auf hohen Standorten zum Einsatz gelangen. Für eine 100 000 Einwohner-Stadt wie Erlangen reicht nach Angaben von E-Plus-Pressesprecher Hilmar Möhlmann ein einziger angemieteter Standort auf einem Industrieschornstein aus, um das Stadtgebiet mit UMTS zu versorgen. Weitere neun UHS-Standorte in der Region wurden in Nürnberg, Schwabach, Ansbach und Neumarkt eingerichtet.

Viele Anwendungen für Unternehmen möglich
Von „Mobile Office“ und „Mobile Healthcare“ über „Location Based Services“ und „Fernwartung“ bis zu „Mobile Marketing“ reichte die Palette der Mobilfunk-Anwendungen, mit der die Referenten die Mobilfunkwelt der Zukunft zeichneten. Einige Beispiele:
Der E-Plus-Partner WNS-Europe.com AG aus Hallbergmoos bietet seinen Kunden ein Telematiksystem, mit dem Disponenten jederzeit Überblick über den Standort von Ladung und Fahrzeugen haben können. Mit dem System kann der eigene Fuhrpark effektiv und auch im Ausland überwacht, geortet und gesteuert werden. Ob die Systemteilnehmer allerdings immer Lust dazu haben, bei allen Fahrten und Wegen überwacht und kontrolliert zu werden, ist eine andere Frage. So berichtet Steffen Bock von der Nürnberger Inforoad GmbH von Außendienstmitarbeitern eines Unternehmens, denen die dauernde Transparenz über ihren Aufenthaltsort doch zu weit ging. Aber gern nehmen die Außendienstler die Serviceleistungen per Handy in Anspruch und lassen sich bei der Navigation helfen, zur nächsten Tankstelle geleiten oder bei der Hotelsuche unterstützen.

Der weiterhin schwächelnden Bauwirtschaft bietet das Nürnberger Unternehmen BRZ Deutschland GmbH verschiedene Software-Lösungen zu Themen wie Kalkulation, Baustellensteuerung, Bauabrechnung, Lagerverwaltung und Gerätedisposition oder Baulohn- und Gehaltsabrechnung. Unter dem Begriff Application Service Providing (ASP) werden von BRZ Software und IT-Dienstleistungen per Mobilfunk zur Verfügung gestellt. Mit PC-Baulohn beispielsweise holen sich die Unternehmen die notwendige Software ins Haus, ohne sie auf dem PC installieren zu müssen. Der Zugriff erfolgt per UMTS oder GPRS.

Überwachung von Patienten
Neue Möglichkeiten für medizinische Anwendungen („Mobile Healthcare“) ergeben sich bei Prävention, Therapiebegleitung, Betreuung von Senioren und zahlreichen weiteren Feldern. Auf Grund der demografischen Entwicklung wird die Zahl der Älteren, die eine regelmäßige medizinische Betreuung und Überwachung benötigen, immer größer. Und während heute Patienten noch zum Arzt gehen müssen, um sich behandeln zu lassen und ihre aktuellen medizinischen Werte abzuliefern, können, so Robert Couronné vom Fraunhofer-Institut IIS, Senioren künftig dank eines Funknetzwerkes am eigenen Körper frühzeitig und effektiv überwacht und beraten werden.

„Mobile Marketing“
Selbst als Werbe- und Kundenbindungsinstrument ist das Handy inzwischen geeignet. Von ersten erfolgreichen Versuchen des Fast-Food-Unternehmens McDonald`s konnte Sven Elstermann von 12snap Germany, München, berichten, doch für die meisten Unternehmen ist diese Nutzung des Mobilfunks noch Zukunftsmusik. Mobile Marketing ist bisher nicht über den Status einer Randdisziplin hinausgekommen. Das belegt auch eine aktuelle Studie des Münsteraner Instituts für Mobile Marketing (IFMM): Immerhin 89 Prozent von 220 befragten Unternehmen haben bislang noch nie Werbebotschaften auf Handys verschickt. Nahezu zwei Drittel vertreten die Ansicht, dass das Instrument nicht in ihren Marketing-Mix passt. Weitere 28 Prozent sind in der Frage noch unentschieden. Dabei wussten 45 Prozent aller Befragten nicht einmal, worum es sich bei Mobile Marketing handelt. Nach wie vor stößt Mobile Marketing bei Handynutzern auf wenig Akzeptanz, lautet ein weiteres Ergebnis der Studie. 46 Prozent von rund 350 befragten Konsumenten möchten überhaupt keine Nachrichten von Unternehmen auf ihr Handy erhalten, weitere 32 Prozent nur zu besonderen Anlässen. Werbebotschaften rangieren dabei ganz unten auf der Skala der akzeptierten Inhalte. Deutlich willkommener sind Informationen über Rabatte oder digitale Coupons. 85 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen bisher empfangene Werbung schlecht oder sehr schlecht gefallen habe.

Welche Mobilfunkanwendungen für welches Unternehmen die besten und geeignetsten sind, bleibt die Frage. Alle Anbieter von Mobilfunkbetreibern bis zu Content-Partnern waren sich denn auch einig darin, dass nur individuelle, maßgeschneiderte Lösungen für das einzelne Unternehmen die erhofften Auswirkungen bringen können. Nach Angaben von Manuel Sosna von der ubitexx GmbH in München erhoffen sich Unternehmen von Mobilfunkanwendungen neben höherer Produktivität und einer Beschleunigung von betrieblichen Prozessen vor allem zufriedenere Kunden und nicht zuletzt Umsatzsteigerungen. Attraktive Modelle und Lösungen gibt es jedenfalls in Massen.

Horst Peter Wickel
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2005, Seite 8

 
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