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„Das geht nicht vom Schreibtisch aus“

Zur „größten und wichtigsten Asien-Veranstaltung in Deutschland“, so Wirtschaftsstaatssekretär Hans Spitzner, hat sich innerhalb weniger Jahre das von der IHK Nürnberg für Mittelfranken initiierte Asien-Pazifik-Forum Bayern entwickelt, das am 1. März 2005 zum vierten Mal in Nürnberg stattfand. Der Kongress wird von allen bayerischen IHKs unterstützt und vom Freistaat gefördert. Wie begehrt die Teilnahme an der eintägigen Veranstaltung inzwischen ist, mussten rund 50 Unternehmen feststellen, die sich zwar zum Forum anmelden wollten, aber keinen Platz mehr fanden. Mit 560 Teilnehmern war der Saal Brüssel in der NürnbergMesse bis auf den letzten Platz gefüllt. 30 Dienstleister für die Markterschließung fanden noch im Vorraum Platz, um ihre Informationen anzubieten. Außerdem mussten die aus Asien angereisten Experten der Auslandshandelskammern 300 individuelle Einzelgespräche bewältigen.

Die Wachstumsregion Fernost hat in den vergangenen Jahren in der gesamten Weltwirtschaft die Lokomotivfunktion übernommen. „Nicht nur China“, so Dr. Heinrich v. Pierer, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, „auch andere Länder der Region bieten viele Chancen.“ Insbesondere wies der Ex-Siemens-Chef auf Indien hin. Zwar seien Geld und personelle Ressourcen gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen durchaus begrenzt, aber um den Export zu fördern, „muss man raus. Das geht nicht vom Schreibtisch aus“. Auch Spitzner betonte, dass es zum Auslandsengagement keine Alternative gebe, denn Unternehmen, die ausschließlich von der deutschen Binnenkonjunktur abhängig seien, stünden schon heute vor „mehr oder minder großen Problemen“.

Bayern im Ausland stark
Nach Spitzners Angaben lag der Anteil Asiens am bayerischen Außenhandel im dritten Quartal 2004 bei fast 15 Prozent. China ist Bayerns wichtigster Handelspartner in Asien, gefolgt von Japan, Singapur und Taiwan. In den ersten drei Quartalen 2004 ist der bayerische Export nach Asien um knapp 17 Prozent auf 11,7 Mrd. Euro gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum gewachsen, der Import stieg ebenfalls um 17 Prozent auf 11,6 Mrd. Euro.

Welcher Weg beschritten und welche Hürden genommen werden müssen, um erfolgreich zu sein, verdeutlichten die „Berichte aus der Praxis“ der Veranstaltung. Während Hans Huber, Vorstand der Hans Huber AG Maschinen- und Anlagenbau aus Berching, die Chancen und Risiken beim Export von Umwelttechnologie aufzeigte, beleuchtete Dr. Klaus Probst, Vorstandsvorsitzender der Leoni AG aus Nürnberg, den Markteintritt und Produktionsaufbau in China. Mit seinen 40 Jahren Indien-Erfahrungen gab Hermann Weiler, Geschäftsführer der GDW Werkzeugmaschinen Herzogenaurach GmbH, den Teilnehmern ebenfalls wichtige Tipps für die Praxis.

Gute Vorbereitung ein Muss
Mittelfranken ist mit mehr als 1 000 Unternehmen, die Geschäftskontakte unterhalten, im Markt Asien-Pazifik gut positioniert. Und viele stehen in den Startlöchern, machen ihre Hausaufgaben. Nach Angaben von IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt nutzten 400 Unternehmer im vergangenen Jahr IHK-Seminare und Informationsveranstaltungen in Nürnberg, über 50 Unternehmen nahmen an Messen in Saigon, Shenzhen, Kunming oder einer Unternehmerreise nach Bangkok und Shenzhen teil. Nach aktuellen Zahlen der IHK sind mittelfränkische Firmen mit Vertretungen, Niederlassungen, Produktionsstätten oder Joint Ventures insbesondere in China, Japan, Australien, Hongkong, Singapur und Südkorea engagiert. Den größten Zuwachs verzeichnet dabei China. Noch 1995 waren es 34 mittelfränkische Firmen, die im Reich der Mitte dauerhaft vertreten waren, bis heute hat sich ihre Zahl um 300 Prozent auf 136 gesteigert.

„Der Höhenflug der chinesischen Wirtschaft hält an“, meint das FAZ-Institut in seiner Länderanalyse VR China. Das Fazit der Volkswirte des FAZ-Instituts: „Deutschland wird im bilateralen Handel mit China weiterhin überdurchschnittliche Exportzuwächse erreichen und zunehmend günstige Importe von dort beziehen. Die Investitionstätigkeit der deutschen Wirtschaft bleibt rege, darauf weisen die Ankündigungen zahlreicher Unternehmen hin.“ Und nach Einschätzung von Bankexperten bleibt die chinesische Wirtschaft „weiter unter Dampf“. Die Volkswirte meinen: „Das gesamtwirtschaftliche Wachstum dürfte sich 2005 nur leicht abschwächen (Prognose: 8,5 Prozent Jahresdurchschnitt). Die zuletzt gewohnten hohen zweistelligen Zuwachsraten bei deutschen Exporten ins Reich der Mitte werden allerdings künftig schwerer zu realisieren sein.“

Unternehmen, die den chinesischen Markt erobern wollen, können seit Mitte 2004 leichter Repräsentanzen in der Volksrepublik gründen. Das frühere zweistufige Antragsverfahren wurde in ein einstufiges Registrierungsverfahren umgewandelt. „Repräsentanzen sind in der VR China geeignete Instrumente für einen raschen und unkomplizierten Markteinstieg und für die Marktsondierung des chinesischen Marktes“, sagte Barbara Scharrer von Rödl & Partner aus Nürnberg. Doch ganz einfach bleibt der Markteintritt in China auch künftig nicht. Die schwierigen Märkte in der Wachstumsregion „erfordern Mut, Kraft und Ausdauer“, betonte IHK-Präsident Schmidt. Über die gescheiterten Versuche, im asiatischen oder pazifischen Raum geschäftlich Fuß zu fassen, wird keine Statistik geführt, aber gerade für kleinere Unternehmen, so Paul Strunk, Geschäftsführer der Deutsch-Thailändischen Handelskammer, gibt es große Gefahren, geschäftlich nicht zurecht zu kommen.

Plattformen zum Markteinstieg nutzen
Weitreichende staatliche Unterstützung gibt es, so Spitzner, durch gemeinsame Messebeteiligungen von Bayern International, durch Garantien und Bürgschaften, oder durch die bayerischen Repräsentanzen in China, Japan, Singapur, Taiwan, Indien und Südkorea. Ideal ergänzt werden diese Maßnahmen durch die Programme und Projekte des Außenwirtschaftszentrum Bayern (AWZ) mit Sitz in Nürnberg, einer Einrichtung der IHKs in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsregierung im Rahmen der High-Tech-Offensive-Zukunft Bayern. In diesem Jahr sind 50 Projekte vorgesehen, u.a. in den Sektoren Mess- und Regeltechnik, Dienstleistungen, Konsumgüter, Kunststoffindustrie, Maschinenbau und Elektronik, Medizin/ Pharma, Energie- und Umwelttechnologie sowie Informationstechnologie. Um Unternehmen bei der Erschließung neuer Absatzwege und -kanäle zu helfen, wurde speziell das Programm „Fit für Auslandsmärkte - Go International“ entwickelt.

hpw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2005, Seite 38

 
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