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Trotz aller Probleme Deutschlands Transporteure haben Zukunft

Als der Spediteur Hubertus Kobernuss in der „VerkehrsRundschau“ am 1. April dieses Jahres bekannt gab, Teile seines Fuhrparks in Zypern zu registrieren, glaubte der eine oder andere womöglich an einem Aprilscherz. Doch dem ist nicht so: Kobernuss hat seine Ankündigung mittlerweile wahr gemacht, was über die Grenzen der Speditionsbranche hinaus für Aufsehen sorgte. „Wie weit ist es mit dem Standort Deutschland gekommen, wenn mittelständische Transportunternehmen ihren Fuhrpark jetzt schon auf Zypern anmelden?“ dürfte sich so mancher gedacht haben.

Dass auch Speditions- und Transportunternehmer ihre Fühler ins Ausland ausstrecken, ist an sich nichts Neues. Viele Betriebe aus dem Güterkraftgewerbe haben schon vor der EU-Erweiterung eine Niederlassung in den neuen Beitrittsstaaten errichtet. Die Schenkers und Dachsers, um lückenlose Verteilernetze aufzubauen. Und viele mittelständische Dienstleister sind ihrem Auftraggeber gefolgt und kümmern sich vor Ort um den Transport und die Logistik ihres Kunden.

Der Fall Kobernuss ist jedoch in einem anderen Licht zu betrachten. Denn hier werden Arbeitsplätze und damit auch Umsätze von Deutschland ins Ausland transferiert. Der Spediteur hat gute Gründe für seinen Schritt wie eine niedrigere Steuerbelastung oder geringere bürokratische Auflagen. Zypern hat aber noch einen weiteren, entscheidenden Vorteil: Dort ansässigen Fuhrunternehmen ist die Kabotage (also Transporte eines Ausländers innerhalb eines EU-Staates) erlaubt, was bis auf Malta, Slowenien und Zypern allen anderen Beitrittsländern bislang verwehrt ist. So kann Kobernuss also seine in Zypern registrierten Lkw mit Mitarbeitern aus den neuen EU-Beitrittsstaaten besetzen und von Hamburg nach Nürnberg fahren. Ein nicht unerheblicher Vorteil, machen Personalkosten im Durchschnitt 30 Prozent der Gesamtkosten aus. Und ein Fahrer aus den östlichen Nachbarländern verdient etwa ein Sechstel des Gehalts seines deutschen Kollegen.

Zudem ist absehbar, dass das Geschäft für Unternehmer, die sich nur auf den Transport von A nach B konzentrieren, noch schwieriger wird – auch in Deutschland. Noch schützt die Kabotageregelung vor der osteuropäischen Konkurrenz (und zwar maximal bis 2011). Aber die Entwicklung auf den internationalen Achsen zeigt, woher der Wind weht: So ist der Anteil deutscher Lkw am grenzüberschreitenden Verkehr nach Polen und Tschechien unter zehn Prozent gerutscht.

Deutschlands Transporteure haben dabei nicht nur mit dem Los hoher Lohn- und Lohnnebenkosten zu kämpfen. Als zusätzliche Last wird ihnen auch noch eine hohe Besteuerung aufgebürdet. So liegen die hiesigen Fuhrbetriebe bei der Jahresabgabenbelastung eines 40-Tonnen-Lkw hinter Großbritannien und der Schweiz auf Platz drei in Europa.

Angesichts dieser Fakten könnte man meinen, dass hier eine Branche vor dem Aussterben bedroht ist. Doch dem ist nicht so. Im Gegenteil: Trotz schwieriger Rahmenbedingungen für die reinen Transporteure ist das Potenzial, welches sich den Transport- und Logistikdienstleistern bietet, vielversprechend. „Deutschland ist als Logistikstandort international die Nummer eins“, sagt beispielsweise Prof. Peter Klaus vom Lehrstuhl für Logistik der Universität Erlangen-Nürnberg. Klaus begründet dies mit der geografischen Lage Deutschlands, mit den hiesigen Absatzmärkten, der Qualität der Dienstleister und der Qualifikation der Mitarbeiter. Da der Trend zum Outsourcing von Logistikdienstleistungen fortdauert, hält der Experte in der Branche ein Wachstum von 20 Prozent für möglich. Bestätigt wird diese optimistische Sichtweise durch Cap Gemini: In einer Studie hat die Unternehmensberatung festgestellt, dass Deutschland im Vergleich zu den bisherigen Top-Standorten Belgien und Niederlande an Bedeutung gewinnt.

Während also die Branche bei den reinen Transportleistungen weiterhin einem hohen Konkurrenzdruck ausgesetzt ist, ist sie bei den logistischen Zusatzleistungen gut aufgestellt. Dass eine hohe Leistungskraft dieser „Zuliefererindustrie“ auch für Industrie und Handel unverzichtbar ist und damit die gesamte Logistikwirtschaft Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausübt, erkennt jetzt offenbar auch die Bundesregierung. Zumindest hat Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement Maßnahmen zur besseren Vermarktung des Logistikstandortes Deutschland im Ausland angekündigt. Ob davon langfristig auch die Transportdienstleister profitieren werden, bleibt abzuwarten.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2005, Seite 26

 
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