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Die Rechnungslegung der Zukunft?

Stellt die internationale Rechnungslegung wirklich einen sinnvollen Weg dar, um zu einer idealen Rechnungslegung zu gelangen? Häufig werden die zahlreichen Mängel der deutschen Rechnungslegung nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) herangezogen, um etwa die International Financial Reporting Standards (IFRS) als die bessere Alternative zu bezeichnen.

In der Tat weist die deutsche Rechnungslegung inzwischen offenkundig zahlreiche Schwachpunkte auf. Um nur die wesentlichen Mankos zu nennen:
? Unzureichende Weiterentwicklung von in sich schlüssigen Basisnormen,
? Differenzierung der Rechnungslegung nach Rechtsform, Größe und Branche,
? zu starke Fokussierung auf den Einzelabschluss,
? zahlreiche (freie) Wahlrechte beim Bilanzansatz,
? zahlreiche (freie) Wahlrechte bei der Bilanzbewertung,
? zu starker Gläubigerschutz (u.a. fehlende Zeitwertbetrachtung, unplausible Aktivierungsverbote,
   mangelnde betriebswirtschaftliche Orientierung),
? Maßgeblichkeit der Steuer- für die Handelsbilanz („umgekehrte Maßgeblichkeit“)
? verspätete Reaktionen auf Marktentwicklungen – unzureichende private Standard Setter,
? Intransparenz des Gesetzgebungsprozesses,
? unzureichende Verfolgung bewusst falscher Bilanzansätze.

Aus den bedeutenden Unzulänglichkeiten der externen Rechnungslegung nach dem HGB ergeben sich wesentliche, nennenswerte Folgewirkungen:
? fehlende Kongruenz zwischen interner und externer Rechnungslegung,
? mangelnde internationale Vergleichbarkeit,
? Vorrang der Interessen des Bilanzerstellers gegenüber denjenigen des Bilanzadressaten.

Angesichts dieser Mängel stellt sich natürlich die Frage, ob andere Rechnungslegungsvorschriften vielleicht besser abschneiden. Doch auch diese sind nicht ohne Schwächen.

So lassen sich auch bei den IFRS zahlreiche Mängel finden, das Hauptproblem sind die fehlenden bzw. mangelhaften Basisgrundsätze. Weitere Haken sind:
? gemischte Anwendung der Buch- und Zeitwertmethode,
? Ermöglichung gezielter Ergebnisbeeinflussungen,
? Mängel bei der Ausschüttungsbemessung
? direkter Einfluss der Steuer- auf die Handelsbilanz (umgekehrte Maßgeblichkeit).
? zu langer Standardsetzungsprozess (z. B. im Bereich der Versicherungstechnik)

Aus den bedeutenden Schwächen der IFRS ergeben sich wesentliche Folgewirkungen, die auch in der Literatur beschrieben werden. Hierbei werden u.a. das kasuistische Normengefüge, hohe Abschlusskosten sowie der unzureichende Gläubigerschutz genannt.

Eines steht fest: Die Transparenz der externen Rechnungslegung muss steigen, da ein Festhalten an veralteten Strukturen und an nationalen, in Teilbereichen überholt wirkenden Traditionen nicht mehr sinnvoll ist. Ohne Änderungen in den bestehenden Regelwerken leidet die internationale Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse. Eine umfassende Neukonzeption der deutschen handelsrechtlichen Regelwerke ist deshalb mehr als wünschenswert. Denn die Unternehmen wünschen eine Rechnungslegung, die verlässlich ist und gleichzeitig die Basis für unternehmerische Entscheidungen bietet. Theoretisch könnte auch eine kapitalmarktorientierte Rechnungslegung die beiden zentralen Aufgaben, nämlich die Informationsfunktion (Dokumentation, Rechenschaft, Dispositionshilfe) und die Bemessung von Ausschüttungen ebenfalls erfüllen. Ob die IFRS oder US-GAAP aber der Ausweg sind und die Mängel in der Rechnungslegung beheben, erscheint zweifelhaft. Denn auch dort treten zahlreiche Unzulänglichkeiten zutage. Es sind in beiden Regelwerken zu viel Wahlrechte und Möglichkeiten der Ergebnisbeeinflussung vorhanden.

Die Orientierung der IFRS und insbesondere der US-GAAP an börsennotierten Großunternehmen führt dazu, dass unzählige Einzelstandards die Rechnungslegungslandschaft in Deutschland regelrecht überfluten und unübersichtlich machen. Kurioserweise sind aber auch kleinere Unternehmen gezwungen, sich diesem Rechnungslegungstrend anzuschließen, damit sie nicht auf der Strecke bleiben und von Seiten der Kapitalgeber „verhungern“. Die Unterschiede in den Normen sind einfach viel zu groß, als dass man diese als Mittelstandsunternehmen unberücksichtigt lassen könnte. Statt die Bilanzierenden mit immer neuen Normen und Standards zu bombardieren sollte idealerweise ein fundiertes Basiswerk geschaffen werden, auf dem alle künftigen Normen basieren könnten. Nur in Einzelfällen, sofern die Grundprinzipien keine ausreichende Hilfestellung mehr gewährleisten könnten, sollten Einzelstandards geschaffen werden.

Dr. Martin Mader, mader.martin@t-online.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2005, Seite 10

 
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