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Erleichtern gestaffelte Zinssätze die Kreditvergabe?

Während die neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken (Basel II) nochmals um Zusatzregeln für von Dritten garantierte Kredite ergänzt werden, deuten sich erste Erleichterungen für mittelständische Unternehmen bei der Kreditvergabe an.

Basel II-Zeitplan in Verzug
Entgegen den bisherigen Planungen werden die Basel II-Vorschriften wohl nicht bis Ende 2006 in nationales Recht umgesetzt und dann Anfang 2007 in Kraft treten können. Schon zum Jahreswechsel hatte sich angedeutet, dass der Übersetzungsdienst den Zeitplan der EU-Kommission nicht einhalten würde, da bis dahin nur eine englische Fassung des Regelwerks existierte. Grund: Gerade für die neuen EU-Mitgliedsstaaten mangelt es an qualifizierten Übersetzern. Die Übersetzung des Richtlinienentwurfs in elf der inzwischen erforderlichen 20 EU-Sprachen erschien immerhin bis zum Sommer 2005 möglich.

Doch schon im Februar 2005 kündigte der für das Regelwerk zuständige Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht an, im Herbst eine weitere Studie zur quantitativen Abschätzung der Folgen („Quantitative Impact Study“ QIS) von Basel II durchzuführen. Diese dann mittlerweile fünfte QIS würde den sowieso ehrgeizigen Termin für die europaweite Einführung endgültig um ein Jahr auf Anfang 2008 verschieben.

Hintergrund für QIS 5 ist ein neues Konsultationspapier des Baseler Ausschusses, das den rasanten Entwicklungen am Kapitalmarkt im Bereich von „Double Default“-Finanzinstrumenten Rechnung tragen will. Mit dem „Double Default“-Konsultationspapier soll geklärt werden, mit wie viel Eigenkapital ein Kreditinstitut einen Kredit unterlegen muss, der durch Dritte zusätzlich gesichert ist. Zusätzlich zu den traditionellen Garantien oder Bürgschaften haben sich in den letzten Monaten insbesondere „Credit Default Swaps“ (CDS) und „Collateralized Debt Obligations“ (CDO) als handelbare Finanzinstrumente zur Kreditsicherung entwickelt. Ein CDS ist eine standardisierte Kreditversicherung, in der Gläubiger gegen Zahlung einer Prämie „Versicherungsschutz“ gegen den insolvenzbedingten Kreditausfall erwerben. Ein CDO ist ein Wertpapier, das entsteht, wenn Banken ihre zahlreichen Kredite zunächst bündeln und dann in mehrere Tranchen zerlegen. Die unterste Tranche muss als erstes alle die Verluste tragen, die aus Kreditausfällen entstehen. Erst danach haften schrittweise die nächst höheren Tranchen. Die unterste Tranche trägt damit das höchste Risiko und wird dafür mit dem höchsten Zins ausgestattet. Für höhere Tranchen erhalten die Anleger entsprechend dem geringeren Risiko niedrigere Zinsen.

Durch derartige Kapitalmarktinstrumente entstanden für die Kreditinstitute moderne und zugleich handelbare Formen der Kreditversicherung, die ihnen ein flexibleres Risikomanagement ermöglichen. Damit geht zugleich ein im Vergleich zu den bisherigen Basel II-Regeln wesentlich geringerer Eigenkapitalbedarf für solche garantierten Produkte einher. Um wie viel geringer dieser sein kann, diskutiert der Baseler Ausschuss derzeit mit den Kreditinstituten. Sobald man sich auf die entsprechenden Zusatzregeln zu Basel II geeinigt hat, soll die QIS 5 deren genaue Wirkungen untersuchen.

KfW bietet gestaffelte Zinssätze
Parallel zu den neuen Instrumenten der Kreditversicherung entwickeln nun die ersten Kreditinstitute Modelle für bonitätsgestaffelte Zinssätze. Vorreiter war die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die seit 1. April 2005 je nach Bonität und Sicherheiten Zinssätze zwischen 4,45 und 7,51 Prozent fordern, wenn Unternehmen Fördermittel der KfW-Mittelstandsbank in Anspruch nehmen wollen.

Für kleine und mittlere Unternehmen können sich zwei Vorteile aus der bonitätsabhängigen Kreditzins-Staffelung entwickeln. Erstens ist die Transparenz zu begrüßen, die sich aus dem klaren Zusammenhang zwischen Rating-Ergebnis und Zinshöhe ergibt. Zweitens muss bei gestaffelten Zinsen grundsätzlich kein Unternehmen wegen einer schlechten Bonität von der Kreditvergabe ausgeschlossen werden – freilich steigen die Preise mit dem Ausfallrisiko. Immerhin: In der aktuellen DIHK-Umfrage vom Frühjahr 2005 berichten drei Prozent der Befragten von Kreditablehnungen oder –kündigungen, nach einer Erhebung der KfW werden sogar fast zwölf Prozent aller Unternehmensanfragen nach Investitionskrediten abgelehnt. Wenn diese Quoten durch gestaffelte Zinsen sinken könnten, würde dies auch gesamtwirtschaftlich höhere Investitionsquoten ermöglichen – ein gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten nicht zu unterschätzender Impuls für das Wachstum.

Ob sich dieser zweite theoretische Vorzug in der Praxis tatsächlich so einstellen wird, muss aber derzeit noch als offen gelten. Schon heute weist die Ablehnungspraxis einen klaren Zusammenhang zur Unternehmensgröße auf: Während nach KfW-Angaben fast jede vierte Kreditanfrage von Unternehmen mit weniger als einer Mio. Umsatz abschlägig beschieden wird, lehnen die Kreditinstitute bei Unternehmen mit mehr als 50 Mio. Euro Umsatz nur 5,5 Prozent der Kreditwünsche ab. Aus Sicht der Kostenrechner in den Banken ist das nachvollziehbar: Je kleiner das Unternehmen und je geringer die Kreditsumme, desto höher fallen die Kosten für ein aufwändiges Rating ins Gewicht. Dennoch: Denkbar wären noch weitere Abstufungen, in denen bei noch schlechterer Bonität und fehlenden Sicherheiten eben noch höhere Zinsen als der derzeitige Höchstsatz von 7,51 Prozent fällig würden. Dann müssten zumindest die wachstums- und ertragsstärksten innovativen Jung-Unternehmen nicht von vorneherein alle Hoffnungen auf einen Investitionskredit aufgeben.

rb.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2005, Seite 14

 
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