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Sanierung des Rentenlochs auf Kosten der Unternehmen

Vor der geplanten Neuwahl im September wird noch schnell ein von SPD und Grünen initiiertes und von der CDU gebilligtes Gesetz durch Bundestag und Bundesrat gewinkt: Die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge soll vom 15. des Folgemonats auf den drittletzten Bankenarbeitstag des jeweiligen Monats vorverlegt werden. Was auf den ersten Blick recht harmlos aussieht, ist in Wahrheit eine empfindliche Belastung für die Betriebe.

Zwei Abrechnungsvorgänge nötig
Nach derzeit geltender Rechtslage haben die Unternehmen zwei Wochen Zeit, die Beiträge zu überweisen. Dieses gesetzlich eingeräumte Zahlungsziel ermöglicht die exakte Feststellung der Löhne und somit der Sozialversicherungsbeiträge. Eine Lohnabrechnung braucht so nur einmal in die Hand genommen zu werden. Durch die geplante Vorverlegung soll ab 2006 jedoch alles noch vor Monatsende über die Bühne gehen: Also muss um den 20. des laufenden Monats die Höhe der Beiträge geschätzt und als Abschlag überwiesen werden. Mit der nächsten Abrechnung können dann erst die tatsächlichen Beträge ermittelt und korrigiert werden. Aus einem Vorgang werden so zwei, denn viele Arbeitnehmer werden auf Basis variabler Lohnbestandteile oder nach Stunden bezahlt.

Mit dieser bürokratischen Mehrbelastung werden die Unternehmen alleine gelassen. Mehr noch: 2006 müssen sie – umstellungsbedingt – einmalig 13 statt zwölf Beitragszahlungen entrichten. Die Regierung rechnet so mit Mehreinnahmen von rund 20 Mrd. Euro, die das Defizit der Rentenkasse ausgleichen und den Beitrag stabil halten soll. Statt auf nachhaltige Reformen zu setzen, wird auf Kosten der Unternehmen Liquidität in Milliardenhöhe abgezogen, die für Investitionen und Beschäftigung fehlen, so der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Gerade für kleine Unternehmen ist diese Vorverlegung (durchschnittlich 19 Tage pro Monat) ein empfindlicher Einschnitt in die ohnehin dünne Liquiditätsdecke. Der Wegfall des Puffers bedeutet mindestens entgangenen Zins – im schlimmsten Fall Zinszahlung. Insgesamt kann man – je nach Zinssatz – von dauerhaft 400 bis 700 Mio. Euro jährlicher Belastung für die Betriebe ausgehen. Der Kreditbedarf steigt vielfach – die Sicherheiten und Kreditlinien aber nicht. So werde der Trend steigender Insolvenzen bei kleinen Unternehmen jedenfalls nicht gestoppt, erklärt der DIHK. Die Folge: Aus Beitragszahlern werden Arbeitslose.

Diese Art der Rentenpolitik zerstöre das Vertrauen in die sozialen Sicherungssysteme: Nach Versilberung der Wohnungsbaugesellschaft GAGFAH und Abschmelzung der Schwankungsreserve zeige dieses Vorhaben erneut, wie kurzfristig Rentenpolitik gemacht werde. Vielmehr sollte den Wählern reiner Wein eingeschenkt werden: Es müsse länger gearbeitet werden. Der DIHK fordert deswegen die Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre, Abschläge bei Frühverrentung müssen auf 0,5 Prozent erhöht und die untere Schranke beim Nachhaltigkeitsfaktor muss abgeschafft werden. „Diese unbequemen Wahrheiten sind alles andere als populär – aber nur so gelingt es, das System der sozialen Sicherung zukunftsfest zu machen und die Zeche nicht auf die nächste Generation abzuwälzen“, erklärt der DIHK.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2005, Seite 17

 
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