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Klaviere und Flügel aus Gunzenhausen

Fast 300 Jahre ist es her, da wurde das erste moderne Hammerklavier gebaut. Und seitdem hat sich an dem heute meist verbreiteten Tasteninstrument wenig verändert, zumindest äußerlich. Noch immer haben es Profis wie Amateure mit 88 Tasten zu tun, davon pro Oktave sieben große und fünf kürzere, schwarze. Nur wenige Klavierbauer haben in Deutschland durchgehalten, einer davon in Gunzenhausen, die Feurich Klavier- und Flügelfabrikation GmbH.

Zwar wurde das erste Feurich-Instrument 1851 in der neu gegründeten Pianofortefabrik in Leipzig hergestellt, doch nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und der Enteignung in der damaligen DDR entschloss sich die vierte Generation der legendären Klavierbauer-Familie zum Gang in den Westen. Nach einem Zwischenstopp in Langlau ist das Unternehmen seit 1993 in Gunzenhausen tätig. Der heutige Inhaber des Unternehmens heißt Julius Feurich – wie der Firmengründer Mitte des 19. Jahrhunderts. Der 50-Jährige beschäftigt neun Mitarbeiter, davon fünf Klavierbauer. Und ein Auszubildender, der in diesen Monaten seine Lehre in dem alten Handwerk abschließt, wird das Team schon bald verstärken. In den besten Zeiten hatte Feurich in Leipzig 360 Mitarbeiter, die jährlich 1 200 Klaviere und 600 Flügel produzierten.

Auch wenn viel Zeit vergangen ist, an der Produktionstechnik hat sich bis heute wenig verändert. Ein schwieriges, aber schönes und klingendes Handwerk ist die Kunst des Klavierbauens geblieben. Die Herstellung beginnt mit der Auswahl verschiedener Hölzer. Für einen guten Resonanzboden braucht Feurich feinste Bergfichte aus dem Bayerischen Wald oder aus Österreich, auf jeden Fall in einer Höhe von mehr als 1 000 Metern gewachsen. Für die Stege wird Buche verwendet, für die Verstärkung Ahorn. Auch bei den anderen Materialien ist Julius Feurich wählerisch: Stahlsaiten aus besonderem Klaviersaitendraht, dazu perfekt gefertigte Gussrahmen. Denn die müssen rund 20 Tonnen Zugkraft aushalten. Viel Handarbeit ist erforderlich, ehe ein neuer Feurich fertig wird.

Ganz billig sind die Instrumente „Made by Feurich“ nicht, ein Klavier kostet zwischen 9 000 und 12 500 Euro, für einen Flügel müssen musikbegeisterte Käufer sogar zwischen 30 000 und 45 000 Euro auf den Tisch blättern. Im vergangenen Jahr haben Julius Feurich und seine Mitarbeiter 70 Klaviere und 20 Flügel gebaut – und verkauft. Rund 60 Prozent der Instrumente wurden exportiert, Feurich-Pianos stehen fast überall auf der Welt. Fans haben die edlen Instrumente seit Jahrzehnten in den USA, in Großbritannien, Frankreich und der Schweiz, aber auch in Australien und Neuseeland.

Doch die öffentlichen Kassen sind fast überall leer, und private Käufer, die zum musikalischen Vergnügen oder zur frühen Ausbildung ihrer Kinder so viel Geld ausgeben wollen, sind auch in der alten Kulturnation Deutschland selten. Und für Musikschulen haben Kommunen und Länder schon lange kein Geld mehr. Julius Feurich hat deshalb in den letzen Jahren erfolgreich an der Kosten- und damit auch der Preisschraube für die Klaviere und Flügel gedreht. Seit 2002 kooperiert Feurich mit einem Unternehmen in China, und nach seinen regelmäßigen Besuchen in Shanghai kehrt der studierte Betriebswirt stets begeistert nach Gunzenhausen zurück: „Wir haben in der Zusammenarbeit sehr positive Erfahrungen gemacht“. Klaviere und Flügel, die in Lizenzproduktion teilweise in Shanghai zusammengebaut werden, kann Feurich zu weitaus niedrigeren Preisen anbieten. Das Klavier gibt es schon für 6 500 Euro, ein Flügel ist für 17 000 Euro zu haben. Zwar dürfte, rein rechtlich gesehen, auf den Instrumenten weiterhin „Made in Germany“ stehen, weil die Wertschöpfung in Gunzenhausen den deutlich größeren Teil einnimmt, aber er hat sich für das weltweit beachtete „Made by Feurich“ entschieden. Auf jeden Fall soll der Absatz in den kommenden Jahren deutlich gesteigert werden, dann muss der Firmeninhaber wohl auch über personelle Verstärkungen am Standort Gunzenhausen nachdenken. Die Produktion der original Feurich Instrumente aus Gunzenhausen wird aber trotz aller Kooperationsgedanken immer fester Bestandteil des Firmenkonzeptes bleiben.

hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2005, Seite 32

 
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