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Nicht nur etwas für Großkonzerne

Die Vergleichbarkeit von Produkten und Dienstleistungen nimmt zu. Marken sorgen für Vorsprung im Wettbewerb.

Während sich in vielen Großunternehmen ganze Abteilungen mit Fragen der Strategie, Führung und Pflege der unternehmenseigenen Marke(n) beschäftigen, ist das Thema bei Mittelständlern häufig weitaus weniger präsent. Bis vor einigen Jahren fuhren sie gut mit der Einstellung „Wir haben doch ein Logo, das genügt.“ Doch der Druck auf den Mittelstand wächst: Die Öffnung der Märkte und der damit verbundene Markteintritt aggressiver Billiganbieter stellen eine große Herausforderung dar.

Die konsequente Vermittlung von Werten und Verkaufsargumenten jenseits des steigenden Preisdrucks mit Hilfe einer durchdachten und zielgruppenoptimierten Markenführung könnte ein Ausweg sein. Denn Marken sind ein entscheidendes Differenzierungskriterium für Unternehmenskunden und Endverbraucher. Viele Verantwortliche scheuen jedoch den personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand. Ihr Argument: Markenführung ist nur etwas für Großkonzerne. Doch stimmt das wirklich? Erfolgreiche Beispiele mittelständischer Markenführung beweisen das Gegenteil.

Markenorientierte Unternehmen sind beinahe doppelt so erfolgreich wie der Branchen-Durchschnitt: Dies fanden die weltweit tätigen Beratungshäuser Booz Allen Hamilton und Wolff Ollins Anfang dieses Jahres in einer Studie heraus. Grund für diesen Erfolg ist die Tatsache, dass sich starke Unternehmens- und Produktmarken dem harten Preiskampf entziehen können und zudem wertsteigernd für das Unternehmen wirken. Globalisierung und hohe Vergleichbarkeit von Preisen und Produkteigenschaften mit Hilfe des Internets führen zu einer Koexistenz von Billig- und „Luxus“-Anbietern. Die Luft im mittleren Preissegment wird zunehmend dünner. Wer sich nicht dem gnadenlosen Preiskampf aussetzen möchte, muss daher seiner Zielgruppe plausibel machen, warum sein Produkt oder seine Leistung mehr kostet als beispielsweise das asiatische Konkurrenzprodukt.

Als erstes fällt vielen hierzu natürlich das Argument der höheren Qualität ein. Doch zum einen sind Qualitätsunterschiede für Kunden nicht immer ohne weiteres nachprüfbar. Zum anderen werden die Unterschiede in Qualität und objektivem Nutzen des Produkts oder der Dienstleistung immer geringer. Hier kommt die Marke als Unterscheidungs- und Orientierungskriterium ins Spiel. Das Fortune Magazine behauptet sogar: „Im 21. Jahrhundert werden Marken endgültig das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen Unternehmen sein.“

Käufer verbinden mit einer starken Marke einen wahrgenommen Mehrwert. Deswegen sind sie auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen. Teilweise lässt sich sogar beobachten, dass Kunden ein Produkt vor allem wegen der Marke kaufen, obwohl die meist billigere Konkurrenz bei einem objektiven Vergleich nicht schlechter abschneidet.

Eine Marke ist mehr als ein Logo
Wer eine Marke ausschließlich auf Gestaltung und werbliche Kommunikation reduziert, greift viel zu kurz. Eine Marke ist die Gesamtheit aller Eindrücke, die ein Interessent, Kunde, Geschäftspartner oder „die Öffentlichkeit“ von einem Unternehmen oder einem Produkt hat. Daraus entsteht in den Köpfen der Zielgruppe ein Bild von dieser Marke, vergleichbar mit dem Bild, das man sich von einem anderen Menschen macht. Deswegen sprechen Experten auch vom Markencharakter oder der Markenpersönlichkeit. Karl-Heinz von Lackum, Kommunikationsdesigner und Autor des Buches „Mit Branding an die Spitze“, beschreibt es treffend: „Eine Marke ist ein Produkt mit einer Seele.“ Wenn dieses Bild im Kopf stimmt, werden bei Kaufentscheidungen Faktoren wie der Preis oder kleine Qualitätsunterschiede nicht mehr so stark gewichtet. Denn Vertrauen und ein „gutes Gefühl“ sind mächtige Entscheidungskriterien.

Bis ein Produkt oder ein Unternehmen als Marke in den Köpfen der relevanten Zielgruppe fest verankert ist, bedarf es der richtigen Strategie sowie einigen Planungs- und Kommunikationsaufwands und einer kontinuierlichen Pflege. Der Weg von der Markenstrategie auf dem Papier hin zu täglich gelebten und kommunizierten Markenwerten ist oft mühsam.

Nicht nur alle Marketing-Maßnahmen müssen gut aufeinander abgestimmt sein. Die zentralen Botschaften und Bilder des Unternehmens, die den Marken-Kern darstellen, müssen bei jedem Kontakt mit der Zielgruppe vermittelt werden, damit der Kunde immer den gleichen positiven Eindruck hat. So bringt die beste Broschüre, in der betont wird, wie innovativ ein Unternehmen ist, nichts, wenn ein Interessent bei seiner Anfrage vom Vertriebsmitarbeiter ständig Antworten hört wie etwa „geht nicht“, „haben wir nicht“, „können wir nicht“. Diese persönliche Erfahrung wird das Markenbild im Kopf des (Nicht-)Kunden prägen: Er sieht das Unternehmen als unflexibel und wenig kundenorientiert – ganz gleich was in irgendeiner Broschüre steht.

Deshalb ist es wichtig, Markenführung nicht als ein Thema anzusehen, das ausschließlich in der Marketingabteilung angesiedelt ist. Eine hart erarbeitete Markenstrategie muss auch innerhalb eines Unternehmens klar kommuniziert werden. Grundlegende Richtlinien für die tägliche Kommunikation – speziell für Mitarbeiter mit „Außenkontakt“ – sind eben so wichtig wie das detaillierte Briefing von Pressetextern und Werbeagenturen, damit die festgelegten Markenwerte bei jedem Kundenkontakt richtig vermittelt und gelebt werden.

Erfolgreiche mittelständische Unternehmen aus der Region zeigen, wie es geht: Die Strobel AG aus Roth bietet innovative Lösungen rund um die Faltschachtel vor allem für Markenartikler. In den vergangenen Jahren konnte sich das Unternehmen durch Besonderheiten in den Bereichen Displays, Mailings und Werbung aus Karton neu positionieren. Friedrich Bechtold, Vorstand des über 100-jährigen Unternehmens, erklärt, man habe sich vom Produkt- zum Lösungsanbieter gewandelt. Doch würde die beste Positionierung und die beste Markenstrategie nichts bringen, wenn die bestehenden und neu zu gewinnenden Zielgruppen davon nichts erfahren. „Erst durch die konsequente Kommunikation unserer Markenwerte lässt sich ein Ziel-Image und eine neue Positionierung am Markt erfolgreich verändern und durchsetzen“, so Bechtold.

Auch die Lyra Bleistift-Fabrik GmbH aus Nürnberg setzt auf ein klares Markenbild, um den Produktbereich Schule/Vorschule zu modernisieren und die Gesamtmarke Lyra im Wettbewerb zu stärken. Als deutscher Hersteller sei es wichtiger denn je, auf eine klare Markenpolitik zu setzen. Dies insbesondere deshalb, um mit besonderer Qualität gegen zahlreiche Billiganbieter aus Asien zu bestehen. Lyra-Geschäftsführer Andreas Blaul erklärt die zentrale Bedeutung der Markenführung: „Um sich am Standort Deutschland erfolgreich zu behaupten, bedarf es einer klaren Positionierung. Und vor allem muss diese gelebt werden – in jedem Kommunikationsmittel, am Ort des Verkaufs und von jedem Mitarbeiter.“ Lyra habe in den vergangenen Monaten die eigene Markenstrategie auf den Prüfstand gestellt. Die Resultate dieser Arbeit würden in den nächsten Monaten und Jahren bei den Kunden spürbar werden.

Markenführung lohnt sich auch und gerade für mittelständische Unternehmen. Den personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand rechtfertigt der von Kunden wahrgenommen Mehrwert der Marke, für den diese auch bereit sind, einen höheren Preis zu bezahlen. Dies sichert Unternehmen langfristigen Erfolg und macht sie gegen den zunehmenden Preisdruck auf vielen Märkten resistent. Voraussetzung ist jedoch die konsequente Umsetzung der Marketingstrategie in allen Bereichen der Unternehmenskommunikation.

Michael van Laar,
michael.van-laar@portamundi.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2005, Seite 38

 
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