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Aus alt mach neu

Die Umgestaltung alter Industrieflächen für neue Nutzungen ist ein komplexer Prozess: Das Beispiel Herkules-Park in Nürnberg.

Im Südwesten Nürnbergs entsteht ein Gewerbepark mit einem weiten Angebot „rund ums Zweirad“ und „rund ums Auto“. Verantwortlich ist die Dibag Industriebau AG aus München, ein Unternehmen der Doblinger Unternehmensgruppe, die das Gelände im Juni 2003 erworben hatte. Das rund 15 Hektar große ehemalige Herkules-Werk in Nürnberg wurde seit 1938 für die industrielle Produktion von Zweirädern genutzt. Über diese Zeit entstand ein typisches Industriegelände, das nach seiner weitgehenden Stilllegung den Ansprüchen moderner Produktion und Dienstleistung nicht mehr entsprach.

Die sichere Ermittlung und Bewertung der Risiken und Hemmnisse für das Flächenrecycling ist einer der wichtigsten Schritte zu Beginn des Projekts. Dies beginnt bei der Frage der zulässigen Nutzungen, die häufig nicht zeitgemäß, standortgerecht oder nachhaltig sind. Bestehende Beschränkungen behindern oft eine wirtschaftliche Neuorientierung.

Als weitere Themenfelder sind zu prüfen und zu bewerten:
  • Altlasten
  • Risiko einer Inanspruchnahme
  • Untergrundbeschaffenheit, Baugrund
  • Gebäudesubstanz, Abbruch
  • Erschließung, Belastung der Verkehrswege
  • Ver- und Entsorgung
  • Nutzungseinschränkungen, zulässige Nutzungen, Baurecht
  • Denkmalschutz, Naturschutz
  • Nachbarn, Schall- und Immissionsschutz
  • Finanzierung.

    Umfassende Bewertung
    Wenn man jeden der genannten Punkte gesondert durch externe Sachverständige abprüfen und bewerten lässt und am Ende eine Summe aus den einzelnen Kostenblöcken bildet, führt dies in der Regel dazu, dass solche Grundstücke als „nicht entwicklungsfähig“ eingestuft werden. So werden z.B. Altlasten in Boden, Grundwasser oder Gebäuden auf Grund der isolierten Bewertung der Gutachter als Entwicklungshemmnisse unter Umständen überbewertet. Nötig ist daher eine ganzheitliche Betrachtung, der Schlüssel zur Bewältigung der identifizierten Schwierigkeiten liegt dabei im Nutzungskonzept. Es ist das Instrument des Projektentwicklers, um die baurechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen: Dazu gehören das Zulassen oder Herausnehmen bestimmter Nutzungen, die Festsetzung von Geländehöhen, die Anordnung der Baukörper und die zulässigen Geschossflächenzahlen. Der Entwickler geht damit flexibel auf die Eigenheiten jedes einzelnen Grundstückes ein und kann Hemmnisse, seien es Altlasten, Denkmalschutz oder andere, innerhalb des Gesamtprozesses bewältigen.

    Die Entwicklung des Herkules-Parks erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachbehörden wie Stadtplanung, Wirtschaftsförderung, Bauamt, Umweltamt usw. Die Projektsteuerung im Hause des Projektentwicklers hat dabei stets die Gesamtsicht über die laufenden Prozesse zu gewährleisten. Beim Herkules-Park wurde ein städtebaulicher Vertrag geschlossen und anschließend ein neuer Bebauungsplan aufgestellt, der noch in diesem Jahr rechtskräftig werden soll.

    Die Ausweisung von Flächen für Gewerbe und Einzelhandel eröffnete die Perspektive, das Projekt zukunftsfähig und wirtschaftlich zu nutzen sowie Arbeitsplätze zu erhalten und neu zu schaffen. Das Areal sollte geöffnet und belebt werden. Durch den Bau neuer Straßen erhält das Gelände einen flexiblen Flächenzuschnitt, das vorausberechnete Verkehrsaufkommen wird bewältigt. Ergänzend zum Städtebaulichen Vertrag, der die Sanierungspflicht der Dibag regelt, wurde mit dem Umweltamt ein Sanierungskonzept erarbeitet. Dieses definiert die erforderlichen Maßnahmen, die auf die künftige Nutzung so abgestimmt werden, dass es dort keine Einschränkungen gibt.

    Nachdem die Voraussetzungen und Ziele der Projektentwicklung mit der Stadt Nürnberg definiert waren, folgte die so genannte Baureifmachung. Dafür und für die Erschließungsmaßnahmen bis zur öffentlichen Widmung war der Projektentwickler verantwortlich. So konnten Straßen und Ver- und Entsorgung Zug um Zug erstellt werden. Weithin sichtbarer und gefeierter Auftakt war der Schornsteinabbruch im Oktober 2003, bei der u.a. auch Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, Wirtschaftsreferent Dr. Roland Fleck und Alfons Doblinger zugegen waren. Bis Mai 2005 wurden insgesamt 260 000 Kubikmeter umbauter Raum entkernt, von Schadstoffen befreit und abgebrochen. Das unbedenkliche Beton- und Ziegelmaterial wurde vor Ort aufbereitet und in den Stoffkreislauf zurückgeführt. Von März 2004 an wurden die Straßen gebaut. Die innere Erschließung des Areals stellen die zukünftig öffentlichen Straßen Carl-Marschütz-Straße und Ernst-Sachs-Straße, der Fuß- und Radweg zur Forsterstraße sowie eine Privatstraße sicher. Damit die künftigen Verkehrsströme bewältigt werden können, wurden die Kreuzungsbereiche der Nopitschstraße ausgebaut.

    Der Name Herkules-Park wurde bewusst gewählt, ebenso die Konzentration auf Nutzungen „rund ums Zweirad“ und „rund ums Auto“. So verbleibt die Produktion der Sachs Fahrzeug- und Motorentechnik GmbH auf dem Gelände. Mit diesem Konzept greife man Bezüge zur Vergangenheit auf und stelle gleichzeitig die Perspektive in die Zukunft her, so die Dibag. Neben Zweiradhandel und -produktion sind u.a. eine Tankstelle mit Autowaschstraße, Einzelhandel, TÜV-Prüfstelle, Auto- und Omnibuswerkstatt und Zweiradzubehör hinzugekommen. Existenzgründer sowie weitere kleine und mittlere Unternehmen finden ebenfalls Platz im Herkules-Park. Das Flächenkonzept sieht mehrere Möglichkeiten vor: Den Verkauf baureifer Grundstücke unterschiedlicher Größe, aber auch Kauf oder Vermietung schlüsselfertiger Gebäude. Von den ursprünglich verwertbaren 140 000 Quadratmetern nutzbarer Fläche sind heute, zwei Jahre nach Beginn der Projektentwicklung, nur noch etwa 16 000 Quadratmeter verfügbar.
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    WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2005, Seite 30

     
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