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Von der Bleistiftfabrik zur Lifestyle-Marke

Der Hersteller von Schreibgeräten und Kosmetikartikeln feierte sein 150-jähriges Bestehen. Heute setzt der Konzern weltweit mit knapp 3 000 Mitarbeitern jährlich fast 280 Mio. Euro um.

Als Georg Conrad Großberger und Hermann Christian Kurz 1855 ihre Bleistiftfabrik in Nürnberg eröffneten, war die Konkurrenz bereits groß. Denn schon um 1840 waren die ersten Fabriken entstanden, in denen mit modernen Maschinen und Produktionsverfahren Bleistifte hergestellt wurden. Und schon damals gingen die Nürnberger Stifte in viele Länder Europas und in die USA. Großberger und Kurz nahmen sich die Konkurrenz zum Vorbild und wuchsen anfangs schnell, bis sie jedoch 1864 in Zahlungsschwierigkeiten gerieten. Ein Jahr später kaufte Gustav Adam Schwanhäußer die kleine Fabrik und brachte sie mit Investitionen, Auslandsgeschäften und Produktinnovationen (z.B. Kopierstift, mit denen sich Dokumente in Verwaltungen und Buchhaltungen kopieren lassen) wieder auf Kurs. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wurden weitere neue Schreibgeräte auf den Markt gebracht, u.a. der Stabilo-Dünnkernfarbstift mit einer sehr festen Mine, die im Gegensatz zu vielen anderen Konkurrenzprodukten nicht so leicht abbrach. Von diesem Produkt stammt auch der heutige Bestandteil „Stabilo“ im Firmennamen ab.

Nach dem Zweiten Weltkrieg machten sich Dr. August und Dr. Erich Schwanhäußer an den Wiederaufbau der zerstörten Fabrik. Bevor wieder Stifte herstellt wurden, hielt sich das Unternehmen mit Kosmetikprodukten über Wasser, so mit der Hautcreme „Fortuna“ oder mit „Lirola“, einer Art Wegwerf-Lippenstift. In den 50er-Jahren kamen dann die ersten Innovationen bei den Schreibgeräten auf den Markt. Weil mit Bleistiften allein aber keine allzu großen Gewinne mehr zu machen waren, stieg auch Schwan in das Geschäft mit den so genannten „Nassschreibgeräten“ ein (z.B. Kugel- und Faserschreiber). Sicher eine der wichtigsten Produktneuheiten für das Unternehmen und auch für die Branche insgesamt war der Leuchtmarkierer „Stabilo Boss“, der 1971 vorgestellt wurde. In der Firmenchronik wird dieses Produkt als „Revolution“ gefeiert. Und tatsächlich wurde der „Textmarker“ zum Verkaufsschlager, er verkaufte sich bis heute mehr als 1,6 Mrd. Mal.

Weil angesichts der weltweiten Aktivitäten, der Vielzahl von Produkten und der weitgehend automatisierten Fertigung der bisherige Firmenname „Schwan-Bleistift-Fabrik“ unpassend erschien, wurde die KG im Jahr 1976 in eine GmbH & Co. KG mit dem Namen Schwan-Stabilo umgewandelt. Ein weiterer wichtiger Schritt in der Unternehmenshistorie war 1995 der Umzug aus dem traditionellen Firmensitz am Rande der Nürnberger Altstadt ins benachbarte Heroldsberg. 1996 schließlich wurde die Schwanhäußer Industrie Holding GmbH & Co. als Dach für die beiden großen Geschäftsbereiche Schreibgeräte und Kosmetik gegründet. Sebastian Schwanhäußer trat 1997 in fünfter Generation ins Familienunternehmen ein und trägt als Geschäftsführer für den Schreibgerätebereich Verantwortung. 1999 wurden Wolfgang Handt und Ulrich Griebel, zwei langjährige Schwan-Stabilo-Manager, mit der Geschäftsführung des Gesamtunternehmens betraut. Die 90er Jahre markieren auch eine neue Ausrichtung: Seitdem konzentriert sich das Markenunternehmen zunehmend auf die Zielgruppe der 12- bis 29-Jährigen. Das Marketing wird ganz auf den Lifestyle junger Menschen zugeschnitten mit interaktivem Internet-Auftritt, mit Werbung in Jugendzeitschriften und bei Musiksendern sowie mit Sponsoring von Trendsport- und Pop-Events. „Jahrzehntelang hatten Chemiker die Schreibgeräteproduktion geprägt, indem sie neue Zusammensetzungen für die Minen erfanden und Tinten und Farbstoffe verbesserten. Jetzt war die Zeit der Produktdesigner und Trendforscher gekommen“, so das Unternehmen in einer Pressemitteilung.

Anlässlich des 150. Firmenjubiläums spendete das Unternehmen 150 000 Euro an die 1998 gegründete Helga und Dr. Erich Schwanhäußer-Stiftung, die weltweit Kinder und Jugendliche in Not unterstützt.

Weltweit gleiche Sozialstandards
Die Schwan-Stabilo-Gruppe in Heroldsberg hat eine Sozial-Charta unterzeichnet: Diese weltweite Rahmenvereinbarung zwischen Unternehmen und Gewerkschaften soll zur Förderung humaner Arbeitsbedingungen beitragen. Damit gab das Unternehmen auch formal ein Bekenntnis ab zur Einhaltung von Grundprinzipien und Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO).

Der Hersteller von Schreibgeräten und Kosmetik ist seit Beginn seiner 150-jährigen Firmengeschichte in aller Welt vertreten. Rund 2 900 Mitarbeiter sind an Produktionsstandorten und in Vertriebsunternehmen in 14 Ländern tätig, die Exportquote des Konzerns liegt bei über 80 Prozent. „Mit dieser Vereinbarung“, so Konzerngeschäftsführer Wolfgang Handt bei der Unterzeichnung, bei der auch IG Metall-Vorsitzender Jürgen Peters zugegen war, „bekennen wir uns auch öffentlich zur sozialen und ethischen Verantwortung, die sich aus der Globalisierung unseres Unternehmens und der Märkte ergibt.“ Zudem seien die Hauptziele der Sozial-Charta, darunter die Abschaffung von Kinderarbeit sowie die Gleichbehandlung aller Mitarbeiter unabhängig von ethnischer Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht und Religion, auch ein wesentliche Teile des Wertesystems von Schwan-Stabilo, ergänzten Sebastian Schwanhäußer und Ulrich Griebel, die Geschäftsführer der Teilkonzerne Stabilo und Kosmetik.

Mitunterzeichner des Abkommens ist der Internationale Bund der Bau- und Holzarbeiter (IBBH), die führende globale Gewerkschaftsorganisation zum Schutz der Arbeitnehmer in der Bau- und Baumaterialienindustrie, Holz- und Forstwirtschaft und verwandten Wirtschaftszweigen mit Sitz in Genf. Ein Teil der Mitglieder der IG Metall (Holz) sind Mitglied in dieser weltweit agierenden Gewerkschaftsorganisation. „Der Vorteil für Stabilo besteht darin, dass wir durch unser weltweites Netzwerk von Gewerkschaften die Einhaltung des Abkommens überwachen können“, sagte die IBBH-Generalsekretärin Anita Normark.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2005, Seite 82

 
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