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Zitterpartie um Bestand des Werkes

Beim Nürnberger Traditionsunternehmen AEG Hausgeräte stehen die Zeichen weiter auf Sturm. In Kürze wird der schwedische Mutterkonzern Elektrolux entscheiden, ob das Werk geschlossen wird. Eine endgültige Aussage gab es zu Redaktionsschluss noch nicht.

Die Aufsichtsratssitzung in Brüssel Ende September brachte keine neuen Erkenntnisse über die unsichere Zukunft des Werkes. Das AEG-Werk produzierte im vergangenen Jahr 1,635 Mio. Waschmaschinen, Geschirrspüler und Wäschetrockner der Marken AEG, Elektrolux, Juno und Privileg. Auch in diesem Jahr werden an der Muggenhofer Straße mit rund 1,4 Mio. Geräten weit weniger als die maximal möglichen zwei Mio. vom Band laufen. Der Umzug der Wäschetrockner-Produktion ist bereits seit längerem beschlossene Sache und wird nächstes Jahr abgeschlossen. Nun sollen auch noch die Waschmaschinen und Geschirrspüler nach Polen verlagert werden. Dort werden Werke mit einer Kapazität von rund einer Mio. Geräte aufgebaut.

Elektrolux-Chef Hans Straberg hatte im Juni angekündigt, im Zuge der Neuausrichtung des nach eigenen Angaben weltgrößten Hausgeräteherstellers (11,3 Mrd. Euro Umsatz) eine mögliche Schließung des AEG-Stammwerkes zu prüfen. Der Konzern beabsichtigt, bis zu zwei Drittel seiner Fabriken in Westeuropa zu schließen und die Produktion in Niedriglohnländer zu verlagern. Überkapazitäten bei der so genannten Weißen Ware führten zu einem „enormen Preisdruck“ und machten den Schritt notwendig, hieß es dazu aus der Konzernzentrale in Stockholm.

Der bayerische IG-Metall-Bezirksbevollmächtigte Werner Neugebauer kritisierte das Vorgehen der Schweden. Obwohl die Branche unter „gigantischen Überkapazitäten“ leide, habe Elektrolux neue Werke aufgebaut. Elektrolux-Europachef Johan Bygge erklärte hingegen, dass „der Verbraucher nicht bereit ist, höhere Preise für den Umstand zu akzeptieren, dass ein Produkt in einem bestimmten Land hergestellt wurde“. Demgegenüber argumentierte der AEG-Betriebsratsvorsitzende und Aufsichtsrat Harald Dix mit dem vom Betriebsrat in Auftrag gegebenen Gutachten des Saarbrücker Info-Instituts, das der 90 Jahre alten Nürnberger Fabrik und ihren Beschäftigten „Flexibilität, Qualität und Zuverlässigkeit“ bescheinige. Nürnberg ist laut der Studie eines der Werke im Konzern mit der höchsten Qualität und habe sich als „Masterwerk“ bei der Entwicklung neuer Produkte einen Namen gemacht. Die große Flexibilität und die Sieben-Tage-Woche ermöglichten es, mit sehr kurzen Vorlaufzeiten zu produzieren und zu liefern. Das Gutachten habe klar gezeigt, „dass das Werk in Zukunft profitabel arbeiten kann“, wenn Arbeits, Lohn- und Fixkosten gesenkt würden, so Dix. Entscheidend sei jedoch die Frage der Auslastung, weswegen keine weiteren Stückzahlen mehr aus Nürnberg abgezogen und nach Polen oder Italien verlagert werden dürften. Den Angaben der Arbeitnehmervertreter zufolge sagte Bygge bei der Aufsichtsratssitzung zu, das Gutachten aufmerksam zu prüfen. Allerdings habe der Konzern große Schwierigkeiten damit, die geforderten Garantien abzugeben. Das rund 100-seitige Rettungskonzept beinhaltet Einsparungen in Höhe von 15 Mio. Euro durch den Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld, Einschnitte bei den übertariflichen Leistungen und die Erhöhung der Arbeitszeit sowie eine Umverteilung der Fixkosten.

Durch eine Schließung hofft Elektrolux auf Einsparungen in Höhe von 48 Mio. Euro, dem gegenüber stehen Schließungskosten von 230 Mio. Euro. Die Kosten sollen sich angeblich nach fünf Jahren amortisiert haben. Die Arbeitnehmervertreter machten eine andere Rechnung auf und gaben diese so genannte „Payback-Zeit“ mit bis zu zwölf Jahren an.

mei.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2005, Seite 85

 
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