Telefon: +49 911 1335-1335

Das Ausfiltern kann strafbar sein

Ehemalige Arbeitnehmer wissen meistens nicht, was mit ihrem elektronischen Postfach und den dort eingehenden Nachrichten nach ihrem Ausscheiden passiert.

Ehemalige Arbeitnehmer wissen meistens nicht, was mit ihrem elektronischen Postfach und den dort eingehenden Nachrichten nach ihrem Ausscheiden passiert.

So kann es vorkommen, dass e-mails an den Nachfolger einfach weitergeleitet werden oder gar die e-mails einfach ausgefiltert werden, ohne dass Adressat und Absender je davon erfahren. In einem Beschluss vom 10. Januar 2005 hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (www.olg-karlsruhe.de; www.WebJus.de) zum ersten Mal unmissverständlich klargestellt, dass das Ausfiltern von e-mails ehemaliger Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber strafbar ist, wenn weder Empfänger noch Absender davon wissen.

Das Post- und Fernmeldegeheimnis gilt auch für „elektronische Post“, so das OLG. Erlaubt der Arbeitgeber ausdrücklich oder stillschweigend die Nutzung des e-mail-Systems zu privaten Zwecken, so wird diese Kommunikation vom Post- und Fernmeldegeheimnis geschützt (§ 206 Strafgesetzbuch StGB). Dieses Recht des Mitarbeiters umfasst auch den Anspruch auf Übermittlung der Sendung. § 206 StGB Abs. 2 Nr. 2 mit Abs. 1 StGB: „Wer ... als Inhaber oder Beschäftigter eines Unternehmens ..., das geschäftsmäßig ... Telekommunikationsdienste erbringt, ... unbefugt einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraute Sendung unterdrückt ..., wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Der Unternehmer wird hier einwenden, er erbringe doch keine geschäftsmäßigen Telekommunikations-Dienstleistungen für den privaten e-mail-Verkehr seiner Mitarbeiter. Allerdings ist auf Grund der Bedeutung des Fernmeldegeheimnisses jede Betätigung im geschäftlichen Verkehr als geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten anzusehen. Nur rein private oder hoheitliche Tätigkeit schließt den Anwendungsbereich aus.

Die e-mail muss auch dem Unternehmen zur Übermittlung anvertraut sein. Dies ist der Fall, wenn sie ordnungsgemäß in den Verkehr gebracht wurde und sich im Gewahrsam des Unternehmens befindet. Gewahrsam liegt vor, wenn die Daten an den Mail-Server des Unternehmens übermittelt sind. Ein Unterdrücken liegt vor, wenn die e-mail gelöscht, verändert, vollständig oder vorübergehend zurückgehalten oder an eine andere Adresse umgeleitet wird.

Der „Täter“ muss hierbei auch unbefugt handeln. Man sollte nun meinen, es reiche aus, dass der Mitarbeiter sein Einverständnis zur Weiterleitung oder Löschung gibt. Er könnte die e-mail ja auch selbst ungelesen löschen. Also müsste er dies auch dem Arbeitgeber gestatten können. Hier ist das Gericht jedoch anderer Meinung: Der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst gerade auch den Absender. Dies bedeutet, dass in der Praxis eine wirksame Einwilligung so gut wie nie möglich ist.

Solange sich der Mitarbeiter noch im Unternehmen befindet und seinen e-mail-Account nutzt, dürfen e-mails nicht ohne sein Einverständnis gelöscht oder umgeleitet werden. Nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn die elektronischen Nachrichten virenverseucht sind, kann es gerechtfertigt sein, diese auszufiltern. Auf der sicheren Seite ist man, wenn diese in einen geschützten Bereich in Quarantäne kommen, so dass der Mitarbeiter Kenntnis hiervon nehmen kann.

Ist der Mitarbeiter bereits ausgeschieden, so kann selbstverständlich der e-mail-Account stillgelegt werden. Die Nachrichten dürfen nicht mehr entgegengenommen werden. Es darf nicht passieren, dass die e-mails vom Mail-Server des Unternehmens entgegengenommen und ordnungsgemäß quittiert werden und erst dann gelöscht bzw. ausgefiltert werden. Derjenige, dem das Postfach gehört (hat) muss wissen, was mit Nachrichten passiert, die er über dieses Postfach verschickt oder empfängt. Nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers muss also in jedem Fall eine Auto-Reply-Funktion dafür sorgen, dass gesendete Nachrichten nicht einfach untergehen. Eine Weiterleitung der Nachrichten an Dritte muss in jedem Fall für den Absender und dem Empfänger erkennbar sein. Die sicherste Methode ist, den Mail-Server so umzukonfigurieren, dass die eintreffenden Nachrichten nicht mehr entgegengenommen werden.

Um es noch einmal zu wiederholen: All dies gilt nur, wenn eine private Nutzung des e-mail-Accounts durch den Arbeitgeber erlaubt ist. Es empfiehlt sich daher dringend, seinen Mitarbeitern klare Vorgaben für die Nutzung von e-mail und Internet zu machen.

Rechtsanwalt Oliver Wanke, Iphofen, mail@RA-Wanke.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2005, Seite 54

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick