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Schnell droht die Abmahnung

In den Geschäftsbedingungen muss rechtssicher beschrieben sein, wie der Anbieter bei Mängelrügen verfährt.

In den Geschäftsbedingungen muss rechtssicher beschrieben sein, wie der Anbieter bei Mängelrügen verfährt.

Ein Internet-Händler hat einen Konkurrenten abgemahnt, da er dessen Benutzung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) für wettbewerbswidrig hielt. Mit diesem Fall beschäftigte sich das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 4. Februar 2005, 5 W 13/05, www.WebJus.de). Der Abgemahnte verwendete für den Vertrieb von Computerzubehör an Verbraucher Allgemeine Geschäftsbedingungen, die eine unwirksame Klausel enthielten. Die beanstandete Klausel lautete: „Mängel sowie Materialfehler an der Ware müssen uns innerhalb einer Woche nach Empfang der Sendung gemeldet werden.“

Eine Formulierung, wie sie sich immer wieder in AGB findet. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass um Geld zu sparen die erstbesten AGB aus dem Internet kopiert und auf die eigene Website gesetzt werden. Mit geschultem Auge erkennt man, dass diese Fantasieprodukte keinerlei rechtliche Überprüfung durchlaufen haben. Solche und ähnliche Klauseln finden sich bisweilen auch bei großen und namhaften Unternehmen, deren Rechtsabteilungen es eigentlich besser wissen sollten.

Selbstverständlich können Ausschlussfristen in Allgemeinen Geschäftsbedingen vereinbart werden. Es muss aber deutlich getrennt werden zwischen Mängeln, die offensichtlich sind, und Mängeln, die eben nicht offensichtlich sind. Bei offensichtlichen Mängeln schreibt schon das Handelsgesetzbuch (HGB) bei „Handelskäufen“ zwischen Unternehmern vor, dass die Ware unverzüglich zu untersuchen ist. Gegen eine Klausel gegenüber Unternehmern, die dies wiederholt, ist also nichts einzuwenden. „Unverzüglich“ kann nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 31. August 2004 (29 U 19/04) bei einem hochwertigen Farbdrucker auch drei Wochen bedeuten. Bei Verbrauchern kann eine unverzügliche Rüge nicht verlangt werden, da Verbraucher nicht ständig in „Bereitschaft“ sein müssen.

Die Frist von einer Woche durch den Internet-Händler war zu kurz gewählt. „Meldung innerhalb einer Woche nach Empfang der Sendung“ bedeutet für den Kunden, dass er innerhalb dieser Zeit die Ware nicht nur prüfen und sich entscheiden muss, ob er den Mangel geltend macht. Er muss den Mangel auch noch schriftlich niederlegen und die Mangelrüge muss beim Händler eingehen. Soll dies beispielsweise, um den Zugang auch beweisen zu können, durch Einschreiben mit Rückschein geschehen, so kommt auch noch die Postlaufzeit hinzu. Es wird deutlich, dass dies alles innerhalb einer Woche meist nicht zu schaffen sein wird. Die Wochenfrist ist daher unangemessen kurz und die Klausel somit unwirksam.

Soweit sich die Formulierung auf nicht offensichtliche Mängel bezieht, ist sie bereits auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung unwirksam. Die Bestimmungen des alten AGB-Gesetzes, jetzt Teil des BGB („Bestimmungen des BGB zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen“) bestimmen, dass bei nicht offensichtlichen Mängeln keine Ausschlussfristen gesetzt werden dürfen, die kürzer als die gesetzlichen Verjährungsfristen sind.

Das Verhalten des Internet-Händlers ist somit also gesetzeswidrig, aber warum ist es auch wettbewerbswidrig? Der Unternehmer wird sich über die Unwirksamkeit seiner Klausel zwar ärgern, aber zumindest hat sie ihm viele lästige Reklamation vom Leib gehalten, indem er einfach auf diese Klausel verwiesen hat. Der Kunde wird meist aus Unkenntnis seiner Rechte auf eine Mängelbeseitigung verzichtet haben.

Aber auch derjenige, der Umweltschutzvorschriften nicht einhält, spart Geld. Handelt jeder, der gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt wettbewerbswidrig? Nach den Bestimmungen des neuen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt auch derjenige „unlauter“ und damit wettbewerbswidrig, der sich einen Marktvorsprung verschafft, indem er gegen bestimmte gesetzliche Vorschriften verstößt. Diese Vorschriften müssen dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen oder Umweltschutzvorschriften führen daher nicht zu einer Wettbewerbswidrigkeit, da diese Vorschriften grundsätzlich nicht die Interessen der Marktteilnehmer regeln.

Anders verhält es sich bei Verstößen gegen die AGB-Regelungen. Diese dienen gerade auch dem Schutz von Verbrauchern und Vertragspartnern, auch wenn diese Unternehmer sind. Nach der neuen Definition des UWG (gültig seit Juli 2004) gehören zu den Marktteilnehmern auch die Verbraucher. Daher waren im vorliegenden Fall die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur gesetzeswidrig, sondern auch wettbewerbswidrig.

Das Urteil zeigt, dass offensichtlich unwirksame AGBs nicht nur dem Image eines Unternehmens schaden, sondern auch wettbewerbswidrig sind und zu Abmahnungen durch Konkurrenten oder Verbände führen können. Handelt der Verwender der AGB zudem noch vorsätzlich oder fahrlässig, so kann er sich Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sehen. Die Kosten einer solchen Abmahnung oder eines Rechtsstreits können sehr schnell ein Vielfaches der Kosten für eine rechtliche Überprüfung der AGBs betragen.

Rechtsanwalt Oliver Wanke, Iphofen, mail@RA-Wanke.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2005, Seite 47

 
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