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Fernöstliche Freihandelszone am Horizont

Im Osten nichts Neues? Von wegen: „Die Region Asien-Pazifik schreibt die Wirtschaftsgeschichte des 21. Jahrhunderts.“ Das Statement von IHK-Präsident Prof. Dr. Klaus L. Wübbenhorst auf dem fünften „Asien-Pazifik-Forum Bayern“ im Messezentrum Nürnberg verdeutlichte, dass dieWachstumsmärkte der Welt in Fernost liegen.

Organisiert vom Außenwirtschaftszentrum Bayern (AWZ), der IHK Nürnberg für Mittelfranken und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium hat sich das Forum in den vergangenen Jahren zu einer der größten Kontaktbörsen internationaler Wirtschaftsexperten entwickelt. Seit der erstmaligen Durchführung im Jahr 2002 haben insgesamt rund 2 000 Teilnehmer das Asien-Pazifik-Forum Bayern zur Vorbereitung auf den Markteinstieg genutzt. Mit 470 angemeldeten Teilnehmern war die eintätige Veranstaltung auch dieses Jahr gut besucht. Neben Kongressvorträgen sind die individuellen Beratungsgespräche besonders wichtig, so Bayerns Wirtschaftssekretär Hans Spitzner und IHK-Außenwirtschaftschef Albrecht Buchwald. Die aus Australien, China, Hongkong, Indien, Indonesien, Japan, Korea, Malaysia, Singapur, Taiwan, Thailand, und Vietnam angereisten Experten der deutschen Auslandshandelskammern führten 240 individuelle Beratungsgespräche. Im Foyer standen den Teilnehmern 39 Dienstleister für Informationen zur Markterschließung zur Verfügung.

Partnerland Malaysia
Mit der einladenden Botschaft „Please come to Malaysia“ warb die Gastrednerin Rafidah Aziz, Ministerin für Internationalen Handel und Industrie in Malaysia, für ihr Heimatland und seine Wirtschaftskompetenz. Ihr besonderes Anliegen hatte jedoch wenig mit Wirtschaft zu tun. „Ich bin eine islamische Fundamentalistin“, gab sich Rafidah Aziz zu bekennen. In Europa werde dieser Begriff aber falsch verstanden. „Obwohl das Misstrauen gegen muslimische Länder nach den Vorfällen am 11. September zugenommen hat, steht Malaysia als ein fundamentalistisches Land gegen den Terror“, so Rafidah Aziz. „Terroristen sind die Abweichler unserer Religion. Im fundamentalistischen Islam glauben wir an Mäßigung, Toleranz und Respekt. Wir wollen, dass man sich bei uns sicher fühlt“, sagt sie weiterhin.

Malaysia, Mitglied der Wirtschaftsgemeinschaft südostasiatischer Länder ASEAN und eines der fünf Ländern, mit den weltweit niedrigsten Preisen für Waren und Dienstleistungen, ist ein attraktives Wirtschaftsgebiet für deutsche Investoren und Händler. Spezialisiert auf IT, Telekommunikation und Medizintechnik ist Malaysia eine Hochburg für High-Tech- und Unterhaltungselektronik. Laut Spitzner nimmt das Land den vierten Platz unter den wichtigsten Außenhandelspartnern Bayerns in Asien ein. Die bayerischen Exporte nach Malaysia nahmen 2005 im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent zu.

Doch auch andere Länder sind „äußerst interessante Wachstumsmärkte“, so Spitzner. China bleibe weiterhin Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft, aber auch Indien, Japan, Vietnam und Australien seien starke Partnerländer. Das rasante Zusammenwachsen der Region Asien-Pazifik zeige sich in der engen Kooperation zwischen China und der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN, die jetzt auf dem Weg gebracht wurde. Bis 2010 soll eine gemeinsame Freihandelszone entstehen mit 1,7 Mrd. Konsumenten. Asien webe weiter am Netz bilateraler Freihandelsverträge, zuletzt in Kuala Lumpur.

„Asien-Pazifik ist Herausforderung und Chance“, so IHK-Präsident Prof. Dr. Klaus L. Wübbenhorst. Besonders die bayerische Wirtschaft habe gute Aussichten in den Megamärkten. Mit zunehmender Integration der Region Asien-Pazifik in die Weltwirtschaft werde der Wettbewerbsdruck jedoch immer stärker „und wir müssen Acht geben, dass wir nicht draußen vor der Tür stehen bleiben!“, betonte Wübbenhorst weiter. „Im Technologiewettstreit müssen wir uns weiter anstrengen.“ Deswegen seien Innovations- und Lernbereitschaft unabdingbar für den Markteintritt.

Gute Chancen für bayerische Wirtschaft
Der Raum Asien-Pazifik bietet gute Perspektiven für die Wirtschaft, besonders für Bayern, das letztes Jahr erneut einen Exportrekord verzeichnen konnte. Bis einschließlich November 2005 stiegen die Ausfuhren um 8,3 Prozent auf 117,3 Mrd. Euro. In den vergangenen zehn Jahren hat das Handelsvolumen zwischen Bayern und den asiatischen Ländern um 95 Prozent zugenommen.

Auch mittefränkische Unternehmen haben die Chance genutzt, Asien-Pazifik als attraktiven Wirtschaftspartner für sich zu erschließen. Diese Region versteht sich nicht nur als Exportmarkt, „der ferngesteuert kauft – man muss auch mit einem guten Netzwerk vor Ort dienen“, so Dr. Rainer Herret, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Malaysischen Industrie- und Handelskammer in Kuala Lumpur. Von den eigenen Erfahrungen mit den ausländischen Wirtschaftspartnern sprachen verschiedene Unternehmen in der Veranstaltung „Berichte aus der Praxis“: Während Wolfgang Schlimme, Managing Director der BMW Group in Malaysia, eine Reflexion nach drei Jahren gab, berichtete Heinz Rockenhäuser, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Niehoff GmbH & Co. KG aus Schwabach, wie man mit Tochterunternehmen in Indien Wachstumsmärkte in ganz Asien weiterentwickelt. Die Erfahrungen seines mittelständischen Unternehmens gab Jean-François Chavériat von Leonhard Kurz GmbH & Co. KG in Fürth in einem Vortrag zum Thema „Langfristiges Engagement in China: Strategie und Umsetzung“ weiter.

1 000 mittelfränkische Unternehmen unterhalten Wirtschaftskontakte zu den Ländern in Asien-Pazifik und viele sind auch mit Vertretungen, Niederlassungen, Produktionsstätten oder Joint Ventures dort engagiert. Dabei stehen die Volksrepublik China, Indien, Japan, Hongkong und Südkorea an der Spitze der Rangfolge. Im Zehn-Jahres-Vergleich haben die wirtschaftlichen Kontakte mit China um 93 Prozent zugenommen. Stark wachsende Partner sind auch Indien mit einer Steigerung um 39 Prozent, Thailand mit 31 Prozent und Malaysia mit 27 Prozent.

Der Transfer funktioniert auch in umgekehrter Richtung. „Besonders für China ist die Region Nürnberg eine wichtige Schaltstelle für ganz Europa“, betonte Wübbenhorst. Die Stadt Shenzhen hat hier ihr Europabüro errichtet, Südkorea ist seit dem vergangenen Jahr mit dem Koreanisch-Europäischen Informationszentrum in Erlangen aktiv und die chinesische Regierung plant in Zusammenarbeit mit der Universität Erlangen-Nürnberg ein „Konfuzius-Institut“ in Nürnberg zu errichten.

Programme des Freistaats
Um die Zusammenarbeit mit den Staaten aus dem asiatischen Raum zu vertiefen und bayerischen Unternehmern den Zugang zu diesen Märkten zu erleichtern, gibt es staatliche Unterstützung, so Spitzner. Die bayerischen Messebeteiligungen bieten auch in diesem Jahr die Chance, an wichtigen Messen in China, Japan, Indien, Vietnam, Thailand, Korea und Australien teilzunehmen. Bayerische Repräsentanzen in China, Singapur/Taiwan und Indien stellen Informations- und Serviceleistungen zur Markterschließung zur Verfügung. Ergänzt wird das Angebot durch Kooperationen und Förderungen im Bildungs- und Weiterbildungssektor. So hat die TU München beispielsweise eine eigenständige Auslandsfiliale in Singapur und die Hanns-Seidel-Stiftung kooperiert insbesondere mit China. Beratung und finanzielle Unterstützung bieten das Programm „Go International – Fit für Auslandsmärkte“ sowie die Programme und Projekte des Außenwirtschaftszentrum Bayern (AWZ), einer Einrichtung der bayerischen IHKs mit Sitz in Nürnberg.

 

Autor/in: 
es.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2006, Seite 12

 
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