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Mehr als nur DSL

Deutschland hat großen Nachholbedarf bei der Versorgung mit Breitbandtechnologien. Ein Grund ist die starke Fokussierung auf die Zugangstechnologie DSL.

Ein Beispiel aus dem Automobilhandel zeigt, dass fehlende Alternativen zu DSL große Auswirkungen auf die Kosten haben können: Die EDV-Anforderungen der Hersteller an die Autohäuser haben sich gewandelt: Die frühere Kommunikation über Offline-Anwendungen, die auf den Servern der einzelnen Autohäuser lagen, wurde durch moderne Web-Anwendungen abgelöst. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigen die Autohäuser eine breitbandige Anbindung ans Internet. Dabei sind konkrete Vorgaben der Hersteller (Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Infrastruktur) einzuhalten. Ist an einem Unternehmensstandort kein DSL verfügbar, hilft oft nur eine teure Standleitung.

Doch meist benötigen kleinere Unternehmen keinen direkten Glasfaseranschluss, der Bandbreiten ab 155 Megabit pro Sekunde (MBit/s) ermöglicht. Für gängige Anwendungen wie e-mail und Surfen im Internet reicht oft eine normale DSL-Verbindung aus. Am Markt sind mittlerweile verschiedene Angebote, die fast alle auf der DSL-Infrastruktur der Deutschen Telekom AG (DT AG) basieren. Wenn dies nicht verfügbar ist, können funkbasierte Lösungen Abhilfe schaffen. Auch bei leitungsgebundenen Infrastrukturen zeichnen sich interessante Alternativen ab.

Digital Subscriber Line (DSL) ist in Deutschland die mit Abstand am weitesten verbreitete Breitband-Technologie. Dabei werden über Kupferkabel beim so genannten ADSL (Übertragungsgeschwindigkeiten sind im Download höher als im Upload) oder SDSL (gleiche Übertragungsgeschwindigkeiten im Down- und Upload) Datenraten von ein bis drei MBit/s übertragen. Für einfache Anwendungen reicht meist ein ADSL-Anschluss. Ein SDSL-Anschluss wird notwendig, wenn große Datenmengen ins Netz geschickt werden sollen. Allerdings werden die Bedürfnisse geschäftlicher Nutzer im Hinblick auf Stabilität und Störanfälligkeit nicht immer befriedigt.

An vielen Standorten ist eine DSL-Anbindung über die bestehenden Telefonkabel nicht verfügbar – etwa wenn diese weiter als fünf Kilometer von einem Vermittlungsknoten der Deutschen Telekom entfernt sind. Mit zunehmender Leitungslänge nimmt nämlich die Bandbreite ab. Der Grund: Telefonkabel bestehen aus zwei Kupferleitungen, die von einem Kunststoffmantel umgeben sind. Dieser reicht aber nicht aus, um die Leitungen ausreichend gegeneinander abzuschirmen, so dass es zum „Übersprechen“ zwischen den Drähten kommt – und die Datenqualität mit zunehmender Leitungslänge immer mehr leidet. Diese Schwierigkeiten gibt es besonders in Ostdeutschland.

Dank der neuesten Technologie ADSL2+ können die vorhandenen Kupferkabel mit bis zu 25 MBit/s nutzbar gemacht werden. Darüber ist schon heute das „Triple Play“ (Internet, Telefonie, Voice over IP und Fernsehen über ein einziges Datennetz) möglich. Künftig sind weitere Effizienzsteigerungen zu erwarten.

Die T-Com will bis 2007 die 50 größten Städte der Bundesrepublik mit „VDSL“ (Very High Bit Rate DSL) versorgen. Mit dieser Weiterentwicklung von ADSL werden in bisherigen Glasfasergebieten Übertragungsraten bis zu 50 MBit/s möglich. Allerdings liegen 21 der betreffenden Städte in Nordrhein-Westfalen. In Ostdeutschland würden lediglich acht Städte von dem geplanten Ausbau profitieren – und ein Ausbau im ländlichen Raum ist nicht in Sicht. Vor allem Unternehmen, die stark im Wettbewerb stehen, haben im letzten Jahr den DSL-Ausbau stark vorangetrieben. Dabei sind sie auf die Infrastruktur der DT AG im Bereich der „letzten Meile“ als Vorleistung für ihre eigenen DSL-Angebote angewiesen.

TV-Breitbandkabel
Die Kabelnetzbetreiber rüsten derzeit ihre Netze für die bidirektionale Datenübertragung auf. Zielgruppe sind vorrangig private Haushalte, aber auch kleine Unternehmen. Diese Unternehmen ließen sich relativ einfach anschließen. Für geschäftliche Nutzer werden gegenwärtig Bandbreiten bis zu zehn MBit/s im Download und fünf MBit/s im Upload angeboten. Triple Play ist auch über diese Netze möglich. Wird statt der Telefonie über Telefonkabel Voice over IP (VoIP) genutzt, kann sogar der herkömmliche Telefonanschluss komplett aufgegeben werden. Dies ist bei DSL aus regulatorischen Gründen heute noch nicht möglich.

TV-Kabelnetze sind prädestiniert für ein alternatives Breitband-Angebot zu DSL – sowohl hinsichtlich der Übertragungsbreite als auch der Störanfälligkeit. Gegenüber DSL lässt sich die zugesagte Bandbreite beim so genannten Coax-Kabel, das von einem geschirmten Kupferrohr umgeben ist, auch über weite Strecken garantieren. Den weiteren Netzausbau erschwert allerdings die Zersplitterung des Netzes in verschiedene Ebenen, die sich in der Hand unterschiedlicher Eigentümer befinden. Die

Kabelnetzbetreiber haben zu vielen Endkunden keinen direkten Zugang. Die „letzte Meile“ befindet sich oft in der Hand von Wohnungsbaugenossenschaften oder anderen Betreibern. Diese haben auf Grund fehlender Geschäftsmodelle an einem Netzausbau kein Interesse. Derzeit erproben die Kabelnetzbetreiber verschiedene Übertragungstechnologien (u. a. WiMax), um direkt an Endkunden heranzukommen.

Datenübertragung per Stromleitung
Gegenwärtig wird Powerline Communication (PLC) in einigen Kommunen erprobt. Herkömmliche Stromleitungen werden dabei für die Übertragung von Datensignalen genutzt. Sinnvoll ist die wirtschaftliche Nutzung in Regionen, in denen keine breitbandige Telekommunikationsinfrastruktur verfügbar ist. Auch für die Eigentümer der Stromnetze selbst, die Energieversorgungsunternehmen, ist PLC für ihre eigenen intelligenten Anwendungen interessant. So kann das Netz parallel zur Fernauslesung der Zähler und zur Telefonie genutzt werden.

PLC wird zur Vernetzung innerhalb von Gebäuden und zur Überbrückung der Distanz zwischen dem Endkunden dem Telekommunikationsfernnetz („Backbone“) – der „letzten Meile“ – eingesetzt. Das beim Nutzer installierte Powerline-Modem sucht sich für jede Verbindung selber einen Weg durch das Stromnetz. Beim Ausfall eines Netzknotens wird selbsttätig eine neue Verbindung gesucht. Dadurch ist das Netz sehr stabil – ein Vorteil gegenüber funkbasierten Lösungen wie Wireless Lan. Man benötigt keine spezielle Zugangssoftware, ist permanent online, eine Priorisierung von Telefonie (VoIP) gegenüber dem Internet ist möglich. Erreichbar sind derzeit Bandbreiten von 1 MBit/s (symmetrisch).

Schnelles Internet per UMTS
Ist die notwendige UMTS-Abdeckung vorhanden, können Mitarbeiter mit einer UMTS-Karte im Laptop an unterschiedlichen Orten ihre e-mails bearbeiten und auf firmeninterne Gruppenlaufwerke oder SAP-Systeme zugreifen. Die Datenraten betragen derzeit 384 Kilobit pro Sekunde (KBit/s) im Download und 64 KBit/s im Upload. Die vier Mobilfunknetz-Betreiber Vodafone, T-Mobile, O2 und E-Plus haben ca. 60 000 Basisstationen installiert und können über 50 Prozent der Bevölkerung versorgen. Ländliche Regionen blieben meist außen vor. Die Anbieter bauen das UMTS-Netz mit Hochdruck weiter aus. Mit Einführung des High Speed Downlink Packet Access (HSDPA) können 2 MBit/s im Download und ein MBit/s im Upload erzielt werden. Es existieren allerdings noch wenige Erfahrungswerte, wie viele Nutzer gleichzeitig mit zwei MBit/s in einer UMTS-Zelle versorgt werden können.

WiMax
In Gebieten, in denen Unternehmen bislang vergeblich auf eine schnelle Internet-Anbindung warten, können weitere funkbasierte Lösungen Abhilfe schaffen. Der Funktechnologie WiMax (Worldwide Interoperability for Microwave Access) wird das meiste Potenzial zur Überbrückung der letzten Meile zugetraut. Verschiedene Anbieter testen derzeit das schnelle „DSL aus der Luft“ dort, wo die DT AG aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen kein Festnetz-DSL anbietet. WiMax ist ein Funk-Übertragungsstandard, der auf dem Wireless Lan-Standard aufbaut. Die Kosten für den Aufbau von WiMax-Antennen entsprechen voraussichtlich denen von UMTS-Basisstationen – wobei die Funkzellen bei WiMax wesentlich größer sind, so dass zur Abdeckung relativ großer Flächen schon wenige Funkantennen ausreichen. WiMax eignet sich deshalb besonders zur Versorgung ländlicher Räume. Reichweite und Übertragungsrate hängen davon ab, wie gut die Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger ist. Für eine Sichtverbindung ist ein gewisser Installationsaufwand auch beim Empfänger notwendig – die Empfangsantenne muss noch an der Außenwand oder auf dem Dach angebracht werden. Die Übertragungsgeschwindigkeit nimmt mit zunehmender Teilnehmerzahl in einer Funkzelle ab. Experten schätzen, dass mit WiMax bei einer Freifeldausbreitung bis zu 15 Kilometern Entfernung Bandbreiten von zehn MBit/s erreichbar sind. Innerhalb von Gebäuden beträgt die Reichweite maximal einen Kilometer. Die Bandbreiten erlauben auch VoIP. Wegen der hohen Dienstequalität kann auf einen separaten Telefonanschluss verzichtet werden.

Das Rennen um den Markt hat begonnen. Gegenwärtig verfügen erst wenige Anbieter über Frequenzen zum WiMax-Einsatz, die Bundesnetzagentur vergibt gerade zusätzliche Frequenzen nach dem Licencing Light-Verfahren. Das heißt: Die endgültige Frequenzzuteilung erfolgt erst, wenn die Betreiber innerhalb von einem halben Jahr den Netzaufbau nachgewiesen haben.

Breitband per Satellit
Satellitenlösungen eignen sich vor allem dort, wo eine hohe Unabhängigkeit von Telefon und Kabel gefragt ist – etwa auf Baustellen oder im mobilen Notfallmanagement bei der Kommunikation von Krankenwagen mit Krankenhäusern. Über Satelliten können Signale sehr gut von einem Sender an viele Empfänger gleichzeitig verteilt werden (Point to Multipoint). Deshalb werden sie auch für weltweite Mitarbeiterschulungen eingesetzt.

Satellitenlösungen lassen sich in der Regel schnell einrichten und haben eine hohe Übertragungssicherheit und Verfügbarkeit. Je nach Bedarf ist die Bandbreite skalierbar, gegenwärtig auf bis zu 8,4 MBit/s im Upload und 18 MBit/s im Download. Die Priorisierung von Daten, Sprache und Video ist auch hier möglich, ein separater Telefonanschluss ist nicht mehr erforderlich.

Externer Kontakt: Dr. Katrin Sobania, DIHK, sobania.katrin@berlin.dihk.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2006, Seite 28

 
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