Telefon: +49 911 1335-1335

Telefonieren übers Internet

Die Voice over IP-Technologie hat das Versuchsstadium verlassen und ist auf dem Weg zur Massenanwendung. Eine Alternative für kleine und mittlere Unternehmen, die es allerdings genau zu planen gilt.

Im Jahr 1995 übertrug ein israelisches Unternehmen erstmals Sprache über ein Datennetz und demonstrierte das erste Telefongespräch zwischen zwei PCs. Während Visionäre schon damals auf den revolutionären Durchbruch hofften, wagten sich nur wenige innovative Unternehmen an die neue Technologie heran und begannen IP-basierte (Internet Protocol) Telekommunikations-Anlagen zu entwickeln. Man bezeichnet diese Technik als Voice over Internet Protocol, oder kurz VoIP. Zehn Jahre später ist die Technologie ausgereift und erobert dank schneller DSL-Verbindungen den Massenmarkt.

Bei VoIP wird die menschliche Sprache in digitale Impulse zerlegt und ähnlich der e-mail über das Internet an den Empfänger übertragen. Dort wird sie wieder zusammengesetzt und in akustische Signale (Sprache) umgewandelt. Dieses ist ohne Qualitätsverlust nur mit schnellen DSL-Verbindungen möglich. Als eine Grundvoraussetzung für Internet-Telefonie ist daher die Verfügbarkeit von DSL am Standort des jeweiligen Nutzers anzusehen. Auf der Internet-Seite von Telefonanbietern ist es möglich, seine Postleitzahl einzugeben und sich dann anzeigen zu lassen, ob und in welcher Geschwindigkeit DSL verfügbar ist. Ideale Sprachqualitäten ohne Surfeinschränkungen erhält man ab einer DSL-Verbindung mit zwei Megabit pro Sekunde. Es wird dabei automatisch ein Breitbandmanagement (so genanntes Trafic Sharing) angewandt. Sobald der Telefonbetrieb gestartet wird, wird dabei ein Teil der Leitung für die VoIP-Anwendung freigehalten. Der Rest der Leitungskapazität steht weiterhin für andere Internet-Anwendungen wie zum Beispiel Surfen zur Verfügung.

Die Zusammenführung von Sprache und Daten wird innerhalb weniger Jahre dazu führen, dass herkömmliche Telefonnetze vollständig durch IP-basierte Sprachkommunikation abgelöst werden. Experten schätzen, dass dies spätestens 2012 der Fall sein wird. Selbst große Telekommunikations-Netzbetreiber haben die Festnetztechnologie gekündigt und setzen auf die effizientere Internet-Telefonie als Zukunftstechnologie. Im Moment ist es bei der Deutschen Telekom noch nicht möglich, VoIP ohne einen Festnetzanschluss zu betreiben. Die Telekom hat die Vergabe von DSL-Verbindungen an das Vorhandensein eines Festnetzanschlusses gekoppelt. Dagegen wird zwar geklagt, eine Entscheidung ist aber erst in ein bis zwei Jahren zu erwarten.

Es steht bei den aktuellen VoIP-Anwendungen der Deutschen Telekom also neben der Internet-Verbindung auch immer die herkömmliche Telefonleitung zur Verfügung. Dies gibt zusätzliche Sicherheit, denn durch eine Fall Back-Funktion greift die Telefonanlage bei Ausfall oder Störung der Internet-Telefonie automatisch auf die herkömmliche Telefonverbindung zurück. Es ist im Moment angeraten, die Telefaxe über diese Leitung laufen zu lassen, da bei älteren Geräten das Internet Protocol nicht unterstützt wird und es so zu Übertragungsfehlern kommen kann. Ein Abhören der Telefongespräche ist bei VoIP ebenso schwierig wie bei der herkömmlichen Telefonie. Es bedarf schon großen technischen Aufwand, sich in fremde Leitungen einzuschalten.

Auf dem Markt sind bereits VoIP-Telefonanlagen, bei denen über 200 Endgeräte über LAN oder WLAN angeschlossen werden können. Moderne Anlagen fungieren dabei als Modem für den Verbindungsaufbau, als Router für das Anmelden und Managen der Internet-Verbindung und als Switch für den Aufbau kleinerer Netzwerke. Die VoIP-Telefonanlagen sollten einfach über den PC zu konfigurieren sein und die Telefonverbindungen verwalten. Eine weitere nützliche Eigenschaft ist die Möglichkeit, ein Kostenrouting einzustellen: Bei ausgehenden Handy-Verbindungen, die naturgemäß nicht über VoIP möglich sind, wird dann immer der kostengünstigste Call by Call-Anbieter vorgeschaltet. Dringend zu empfehlen ist eine eigene Firewall, die die Anlage vor Zugriffen von außen schützt. Veränderungen der Einstellungen können nur aus dem internen Netzwerk heraus durchgeführt werden.

Wer schon jetzt auf die VoIP-Technologie umsteigt, nutzt das Internet effizienter und kann Kosten einsparen. Neue Anwendungen, die Telefon- und Datennetze zu konvergenten Kommunikationsplattformen verschmelzen, ermöglichen es, Geschäftsprozesse optimaler zu gestalten. Neue Sprach- und Internet-Anwendungen werden entstehen, bis hin zur Bild-Telefonie. Wer jetzt umstellt, gewöhnt sich gleich zu Beginn an das Zukunftsmedium und kann von neuen innovativen Anwendungen profitieren, die in innovativen Geschäftsbranchen, wie bei IT-Dienstleistern, schon lange eingesetzt werden.

Besitzt ein Unternehmen bereits einen Internet-Zugang auf DSL-Basis mit einer dazugehörigen Flatrate, so kann es zum Beispiel in Nürnberg mit einer Telefon-Flatrate für 9,99 Euro im Monat deutschlandweit unbegrenzt telefonieren. Ohne die Telefon-Flatrate verlangen die meisten Anbieter 1 Cent pro Minute ins deutsche Festnetz und 0 Cent für Telefonate, bei denen beide den gleichen VoIP-Anbietern nutzen. Für Auslandsgespräche werden je nach Land unterschiedliche Gesprächstarife verlangt. Hier empfiehlt es sich, vor Abschluss eines Vertrages eine genaue Analyse des Telefonverhaltens zu erstellen, um darauf aufbauend den günstigsten Anbieter auswählen zu können.

Eine Umstellung auf VoIP rentiert sich bei Selbstständigen und kleinen Betrieben bis zu ca. sechs Telefonarbeitsplätzen erfahrungsgemäß meist schon nach drei bis vier Monaten. Es können dabei die bisherigen Endgeräte weiter verwendet werden und auch am PC-Netz sind keine Veränderungen nötig. Der PC muss zum Telefonieren noch nicht einmal angeschaltet sein, wenn man eine moderne eigenständige Telefonanlage nutzt. Aufwändiger wird eine Umstellung auf Internet-Telefonie bei mittleren bis großen Betrieben mit den entsprechenden Anlagenanschlüssen. Hier ist zuerst einmal sicher zu stellen, dass genügend Leitungskapazität zur Verfügung steht. Darauf aufbauend ist es dann meist angeraten, eine individuell geplante Telekommunikations-Infrastruktur mit entsprechend neuen Endgeräten aufzubauen.

Bei der Umstellung auf VoIP sind besonders folgende Aspekte zu beachten. Erstens die Auswahl des Anbieters entsprechend dem speziellen Telefonierverhalten eines Unternehmens. Hierbei kommt es darauf an, auf Grund der anfallenden Telefonate die günstigste Tarifstruktur eins Anbieters zu ermitteln. Zweites die Auswahl der passenden Hardware für das zukünftige IP-Netzwerk. Da EDV-Netzwerk und Telekommunikation über einen Router laufen sollen, müssen diese kompatibel sein. Welche Hardware zum bereits bestehenden EDV-Netz eines Unternehmens passt, können VoIP-Berater ermitteln.

Unabhängige Beratungsagenturen können bei der Umstellung auf Internet-Telefonie helfen: Sie erstellen zuerst eine Analyse über das Telefonierverhalten und das bestehende Telekommunikations- und IP-Netz, um darauf aufbauend den optimal passenden Anbieter auszuwählen. Anschließend installieren diese Fachleute die VoIP-Technologie im Unternehmen innerhalb kürzester Zeit, ohne den operativen Geschäftsbetrieb zu behindern.

In der Entwicklung sind derzeit Hybrid-Handys, die neben der herkömmlichen Handy-Funktion sich an so genannten HotSpots ins Internet einwählen können und somit kostengünstiges mobiles Telefonieren ermöglichen. Man darf gespannt sein, welche neuen Anwendungen die VoIP-Technologie noch hervorbringt.

Externer Kontakt: Thomas Schuh, optiVoIP, Rothenberg, schuh@optiVoIP.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2006, Seite 34

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick