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Quell für das Gemeinwohl

Nicht nur zur Weihnachtszeit: Die regionale Wirtschaft engagiert sich vielfältig für Soziales, Kultur und Kirche.

Während sich die meisten Menschen in Deutschland bereits auf die stillen, festlichen Weihnachtsfeiertage freuen, herrscht bei den Spendensammlern Hochbetrieb. Zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember registrieren die meisten Organisationen, die von Spenden leben, die höchsten Einnahmen, bestätigt Bernd Beder vom Deutschen Spendenrat, einem Verband für Spendenorganisationen. Denn in dieser Zeit sind die Menschen aufgeschlossener und bereit, auch Fremden etwas Gutes zu tun. Auch zahlreiche Unternehmen geben zu Weihnachten Spenden, verzichten dafür auf Weihnachtsgeschenke für ihre Geschäftspartner oder nutzen ihre Spendenfreude als zusätzliches Instrument zur positiven Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit.

Unternehmen lassen sich etwas einfallen
Zahlreiche Firmen in Mittelfranken halten auch während der Weihnachtszeit zu den Einrichtungen, die sie während des gesamten Jahres fördern. So lassen sich die KarstadtQuelle Versicherungen die Unterstützung der Madeleine Schickedanz KinderKrebs.Stiftung in diesem Jahr 120 000 Euro kosten, aber besondere Weihnachtsaktionen sind nicht geplant. Tina Schmidt von der Sparkasse Nürnberg sagt: „Engagement ist Teil des öffentlichen Auftrags und damit wichtiger Teil des Selbstverständnisses der Sparkasse Nürnberg.“ Mit zwei Mio. Euro unterstützt das Kreditinstitut verschiedene Organisationen, Verbände und Projekte aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Zusätzlich schickt die Sparkasse in der Vorweihnachtszeit ihre Mitarbeiter als „rote Sparkassen-Engel“ in Kindergärten, Krankenhäuser und zu gemeinnützigen Vereinen, um kleine Präsente zu verteilen.

Auf teure Weihnachtsgeschenke für Geschäftspartner und Kunden verzichtet die Siemens AG. Mit der Initiative „Computer helfen heilen und leben“ unterstützt der Konzern bundesweit soziale Einrichtungen mit Informationstechnologie. Und als „Gegenleistung“ liefern die beschenkten Institutionen Motive für die Weihnachtskarten, die zum Einsatz gelangen.

Die Nürnberger Datev eG verzichtet bereits seit 1990 auf Grußkarten und Geschenke für Mitarbeiter, Kunden und Geschäftsfreude. Dafür gibt es die Datev-Weihnachtsspende von insgesamt 130 000 Euro. Damit werden Projekte unterstützt, die behinderten Kindern zugute kommen.

Bei der Erlanger Areva NP GmbH werden nur Unicef-Weihnachtskarten verwendet, so kommen 15 000 Euro für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen zusammen. Und, so Silke Herrmann von der Areva NP GmbH, für Weihnachtsfeiern von lokalen Sportvereinen, Kindergärten u.a. spendet das Unternehmen in der Regel bis zu 100 Euro pro Institution und Veranstaltung.

Einige Unternehmen fordern darüber hinaus auch ihre Kunden zu guten Taten zu Weihnachten heraus. So veranstaltet die Sparda-Bank Nürnberg eine Benefizaktion für drei regionale Einrichtungen zur Kinderbetreuung (Mädchentreff Nürnberg, Mütterzentrum Fürth und Jugendfarm e.V. Erlangen). Schon zum 13. Male finde in diesem Jahr diese Sparda-Bank-Aktion statt, bei der im letzten Jahr 37 500 Euro zusammen kamen. Um möglichst viele Kunden zu kräftigen Spenden zu animieren, verlost das Unternehmen unter allen Spendern eine Kreuzfahrt, ein Feinschmecker-Wochenende und weitere Preise.

Etwas Neues eingefallen ist dem Baiersdorfer Telekommunikationsunternehmen Brodos: Mit seinem Geschäftsbereich my-eXtra führt das Unternehmen erstmals die Aktion „SMS an den Weihnachtsmann“ durch. Teilnehmer zahlen 49 Cent für eine SMS, Brodos stellt zur Belohnung Preise für eine Verlosung unter allen Teilnehmern im Wert von mehr als 15 000 Euro zur Verfügung. Dafür bewerben sich derzeit bundesweit soziale Einrichtungen.

Schon seit Jahren unterstützt die Nürnberger GfK AG das Kinder- und Jugendheim Reutersbrunnenstraße in Nürnberg, eine heilpädagogische Einrichtung, in der 40 Kinder und Jugendliche wohnen. Im vergangenen Jahr revanchierten sich die Kinder mit vielen Bildern: Diese dienten 2005 als Motive für 17 000 Weihnachtskarten und 7 500 Lebkuchendosen, die die GfK an Geschäftspartner verteilte. Als Dank „spendierte“ das Unternehmen bei der Weihnachtsfeier einen Scheck über 25 000 Euro. In diesem Jahr wird diese Aktion erneut stattfinden.

Natürlich unterstützen Unternehmen nicht nur zu Weihnachten soziale und kirchliche Projekte. Um nur ein Beispiel zu nennen: Eine Reihe von Unternehmen fördert die Sanierung der St. Klara-Kirche in der Nürnberger Altstadt, wo eine „Oase der Vernunft in einer Zeit der Abgrenzung“ entsteht, wie es City-Seelsorger Pater Karl Kern SJ ausdrückt. Die „Offene Kirche St. Klara“ mitten in der City soll alle Menschen unabhängig von Religion und Kirchenzugehörigkeit ansprechen. 400 000 Euro an Spenden sind binnen eines Jahres bereits eingegangen, darunter namhafte Beiträge von mittelfränkischen Unternehmen. Einer der Großspender ist die Hopfenhändler-Firma Barth & Sohn, deren Geschäftsführender Gesellschafter Stephan Barth St. Klara als Ort der Stille, aber auch als Ort der Begegnung persönlich zu schätzen gelernt hat. Auch der Akzent, den die Offene Kirche im interreligiösen Dialog setzt, und das besondere Engagement für die Randgruppen der Gesellschaft beeindrucken den Unternehmer. Christian Schell, Juniorchef der Firma Schuh-Orthopädie GmbH Franz Schell, erklärt als weiterer Sponsor, dass Christsein bedeutet, menschlich und liebevoll miteinander umzugehen – und zwar nicht nur an Weihnachten. Gerade in schwierigen Situationen und vor wichtigen unternehmerischen Entscheidungen besinne er sich besonders darauf und habe die Klara-Kirche als Ort der Ruhe und Einkehr schätzen gelernt (siehe auch Seite 51, Unternehmer als Förderer und Mäzene).

Deutsche Spendenfreude
„Wir rechnen 2006 mit einem Spendenaufkommen von 2,3 Mrd. Euro“, sagte Ulrich Post, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) Ende Oktober 2006 in Berlin. Damit bleibt die Spendenbereitschaft der Deutschen ungebrochen, auch wenn im Jahr zuvor mit rund drei Mrd. Euro bereits eine neue Rekordsumme erreicht wurde. Verantwortlich dafür war die Tsunami-Katastrophe in Südostasien, bei der Weihnachten 2004 rund 170 000 Menschen ihr Leben und 1,7 Mio. Einheimische ihr Obdach verloren hatten. Jeder zweite Bundesbürger griff in den Geldbeutel – pro Kopf wurden mehr als acht Euro für die Flutopfer gespendet. Experten machten für das hohe Spendenaufkommen nicht nur das Ausmaß der Katastrophe, sondern auch den Zeitpunkt verantwortlich. Bis Ende September 2005 hatte die deutsche Bevölkerung nach Angaben des DZI insgesamt rund 670 Mio. Euro für die Flutopfer bereitgestellt. Hierbei handelt es sich um das mit Abstand höchste Aufkommen einer einzelnen Spendenkampagne in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Bisherige „Rekordhalter“ waren zuvor die Elbeflut 2002 (350 Mio. Euro), Hilfe für den Kosovo 1999 (110 Mio. Euro) und die Oderflut 1997 (70 Mio. Euro).

Genauere statistische Angaben über die Spendenfreude der Deutschen gibt es nicht, Schätzungen gehen von drei bis sechs Mrd. Euro pro Jahr aus. Lange Zeit galten die Deutschen als wenig spendenfreudig, aber einige internationale Untersuchungen haben dieses Bild inzwischen korrigiert. So kommt ein internationaler Vergleich auf der Basis des European Social Survey zu dem Ergebnis, dass die Deutschen durchaus bereit sind, von ihrem sauer verdienten Geld etwas an soziale Einrichtungen abzugeben. Zwar spenden Schweden, Norweger und Dänen, Briten, Niederländer und Österreicher mehr als die Bundesbürger, aber immerhin rücken fast 50 Prozent hierzulande eine Spende raus, wenn sie es für erforderlich halten.

Experten beobachten in Deutschland seit Jahren ein konstantes Spendenaufkommen, aber die Bundesbürger sind trotz ihrer Großzügigkeit in den vergangenen Jahren immer misstrauischer gegenüber den Organisationen geworden. Trotz der relativ konstanten Zahl schwarzer Schafe leisten laut DZI die meisten Organisationen seriöse Arbeit.

Um Spendern bei der Wahl der Organisation zu helfen, hat das DZI bereits 1992 das Spenden-Siegel entwickelt, das zurzeit rund 200 Organisationen tragen dürfen. Um das begehrte Siegel zu erhalten, müssen die Organisationen ihre Werbe- und Informationsarbeit, ihre Finanzen und Verwaltung überprüfen lassen. Da die Organisationen die DZI-Prüfung allerdings selbst in Auftrag geben und bezahlen müssen, sind längst nicht alle seriösen Spendensammler mit dem DZI-Siegel versehen. (www.dzi.de).

Nach Angaben des DZI liegt die Grenze der Vertretbarkeit des Anteils der Werbe- und Verwaltungsausgaben an den Gesamtausgaben bei maximal 35 Prozent, einen Anteil von 20 Prozent hält das DZI für „angemessen“.

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2006, Seite 12

 
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