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Angriff aus Fernost?

Deutschland profitiert vom Boom in China und Indien, so die Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK).

Angstszenarien prägen zunehmend die aktuelle Debatte über China und Indien. Statt Lösungswege für die neuen Herausforderungen der globalen Wirtschaftsdynamik zu suchen, ertönt der Ruf nach Protektionismus und Abschottung von Märkten. Asien ist das neue Gravitationszentrum der Weltwirtschaft, das neben den USA und der EU zu einem neuen Global Player avanciert. Nicht nur als Absatzmärkte, sondern zunehmend als Standorte für Produktion, Dienstleistungen, Forschung und Entwicklung gewinnen insbesondere China und Indien an Bedeutung.

Die beiden Megamärkte können 2020 die zweit- und drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sein, so die Schätzung des DIHK. Sie verfügen über eine wachsende Zahl gut ausgebildeter Fachkräfte. Jährlich kommen knapp drei Mio. Hochschulabsolventen hinzu. Die Ausbildung entspricht zwar noch nicht immer dem westlichen Qualifikationsniveau, China und Indien investieren jedoch massiv in ihre nationale Forschung und Entwicklung. Es gibt aber auch eine andere Sicht: In China und Indien leben zusammen zwar knapp 40 Prozent der Weltbevölkerung, doch werden dort bislang nur sieben Prozent der globalen Wertschöpfung erwirtschaftet. Trotz Wirtschaftsdynamik und selbstbewusstem Drang zur Weltspitze: China und Indien sind Schwellenländer, die auch in den kommenden Jahrzehnten mit enormen Herausforderungen wie Armut, sozialer Ungleichheit und ökologischen Problemen zu kämpfen haben.

„Die exportorientierte deutsche Wirtschaft profitiert wie kein anderes Land der EU vom Wirtschafts-Boom in Asien“, so der DIHK. Asien ist mittlerweile nach Europa der zweitwichtigste Exportmarkt für die deutschen Unternehmen. Allein die Exporte nach China haben sich in 20 Jahren versechsfacht. Auch Indien holt auf, die deutschen Ausfuhren dorthin steigen derzeit jährlich um 20 bis 30 Prozent. Als Absatzmärkte insbesondere für Investitions- und Luxusgüter bieten China und Indien mit einer Gesamtbevölkerung von über zwei Mrd. Menschen erhebliche Potenziale. Die stetig wachsende und kauffreudige Mittelschicht beider Länder entspricht bereits heute in etwa der Gesamtbevölkerung Europas. Kein Wunder also, dass die deutschen Direktinvestitionen auch in Asien primär der Erschließung neuer Märkte dienen. Niedrigere Lohnkosten werden zwar als wichtiger Faktor im Asien-Engagement genannt, sind aber nicht in erster Linie ausschlaggebend.

Der globale Wettbewerb um Märkte, Ressourcen und Know-how ist eine Herausforderung für Politik und Wirtschaft. „Deutsche Außenwirtschaftspolitik muss die Interessen der heimischen Wirtschaft gegenüber asiatischen Regierungen selbstbewusst vertreten“, so DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun. Abschottung und Protektionismus gegen Asien sei jedoch der falsche Weg. Politische Flankierung im Asiengeschäft wird nach Ansicht der IHK-Organisation hingegen wichtiger: Sei es beim staatlich geforderten Technologietransfer, bei dem ausländische Firmen zu Joint Ventures oder Mindesthöhen bei lokaler Fertigung (z.B. in China) gezwungen werden. Oder beim Schutz geistigen Eigentums, wo Asien noch großen Bedarf an Verbesserungen von Urheber- und Patentschutz sowie effizienten Sanktionsmaßnahmen bei Produkt- und Markenpiraterie hat. Für die Unternehmen ist eine sorgfältige Vorbereitung beim Markteintritt entscheidend, mahnte Braun.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2006, Seite 28

 
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