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Alles wieder selber machen?

Die betriebliche Informationstechnologie nach außen vergeben oder doch nicht? Oder vielleicht nur Teile davon?

Nach der früheren Outsourcing-Euphorie ist in den IT-Abteilungen vielfach Ernüchterung eingetreten. Heute spricht man in der IT-Branche seltener von Outsourcing, sondern bevorzugt den Oberbegriff „IT-Sourcing“ - mit allen seinen Facetten wie Single-Sourcing (Vergabe an einen externen Dienstleister), Multi-Sourcing (Vergabe an mehrere Fremdfirmen) oder Insourcing (Eigenbetrieb). Analysten erkennen mittlerweile in den USA sogar einen Gegentrend – Backsourcing: Also alles wieder zurück und durch die interne IT-Abteilung betreiben lassen? Eine allein selig machende Lösung gibt es sicher nicht, aber ein seriöser Rat lautet: „Es kommt darauf an!“

Grundsätzlich stellt sich immer die Frage des „make or buy“ (selber machen oder einkaufen), denn kein Unternehmen (mit Ausnahme natürlich eines Automobilkonzerns) würde beispielsweise auf die Idee kommen, die Firmenwagen selbst zu bauen. Ebenso kann man die IT betrachten. Eine erstklassige Informationstechnologie ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die Geschäftsprozesse des Unternehmens optimal zu stützen. Bei der Konzentration auf die so genannten Kernkompetenzen des Unternehmens heißt also auch für die Informationstechnologie die Sinnfrage: Eigenbetrieb oder Anspruchnahme eines IT-Dienstleisters?

Die strategische Management-Entscheidung pro oder contra Outsourcing sollte methodisch angegangen werden, einbezogen werden müssen alle genannten Varianten des IT-Sourcing. Bedenkenswert ist dabei auch der aktuelle Trend, klar abgegrenzte Geschäftsprozesse nach außen zu vergeben (so genanntes Business Prozess Outsourcing BPO). Ein Beispiel hierfür ist die Auslagerung der Personalabrechnung.

Für einen optimierten IT-Betrieb ist also letztlich entscheidend, die richtigen Aktivitäten an den richtigen Partner mit einem entsprechend flexiblen Vertrag zu übertragen. Ein wichtiger Aspekt ist, wie man den Vertrag im Bezug auf Serviceleistungen gestalten will. Vorsorge sollten verantwortungsvolle IT-Entscheider dafür treffen, dass auch Geschäftsanforderungen berücksichtigt werden, die erst später hinzukommen könnten. Idealerweise wird zur Abwicklung der Ausschreibung ein neutraler Berater mit fundierter Erfahrung im IT-Sourcing hinzugezogen.

Grundsätzlich sollte die betriebliche IT-Landschaft in standardisierbare Servicemodule (z.B. Hotline, Betrieb des Rechenzentrums) aufgeteilt werden, die dann auf ihre Verbesserungsmöglichkeiten überprüft werden können. Hierbei sollte sowohl eine interne Optimierung des IT-Betriebs (z.B. stärkere Zentralisierung bei dezentral organisierten Unternehmen) als auch die Prüfung des externen Leistungsbezug via IT-Ausschreibung untersucht werden.

IT-Ausschreibung
Es muss festgelegt werden, welche IT-Services überhaupt daraufhin untersucht werden sollen, ob eine Vergabe nach außen sinnvoll ist. Klassische Beispiele hierfür sind der Betrieb der IT-Infrastruktur, der Unternehmensnetzwerke oder des ERP-Systems (Enterprise Resource Planning System – Software zur Planung des Einsatzes der Unternehmensressourcen). Festgelegt werden muss, welche Art von Service man in Anspruch nehmen will, um welche Mengen es geht usw. Dann können die einzelnen Aspekte über eine standardisierte IT-Ausschreibung analysiert werden. Als Grundlage einer strategischen Entscheidung über den externen Leistungsbezug (Outsourcing) wird gleichzeitig der Eigenbetrieb (Insourcing) betrachtet. Die Ergebnisse werden dem Management dann nach vorher festgelegten und gewichteten Kriterien als Entscheidungsvorlage präsentiert.

Das IT-Sourcing-Management ist eine wichtige Disziplin beim Bezug von IT-Dienstleistungen und begleitet den gesamten Vertrag. Wenn die Übertragung an den IT-Dienstleister (so genannte Service-Transition) erfolgreich sein soll, muss man schon bei der Ausschreibung genaue Projektpläne nach Projektmanagement-Standards (z.B. Prince2 – Projects in Controlled Environments) bei den Bewerbern abfragen. Zu empfehlen ist, im Vertrag die Bedingungen für das Vertragsende zu definieren, da andernfalls eine ungewollte Abhängigkeit vom IT-Dienstleister entstehen kann bzw. ein Strategiewechsel mit hohem Aufwand erkauft werden muss. Zu berücksichtigen ist eine entsprechende Vorlaufzeit, um rechtzeitig vor Vertragsende die Sourcing-Strategie neu festlegen zu können.

Eine IT-Sourcing-Strategie mit standardisierten Servicemodulen lässt sich vergleichen mit einer bewährten Richtlinie für Firmenwagen: Das Basismodell wird vorgegeben und weitere bestellbare Extras können hinzu gewählt werden. Und hier wie dort überlegt man nach etwa zwei Jahren, wer nach Vertragsende als nächstes den Zuschlag bekommt.

Externer Kontakt: Martin Kapfer, Kapfer-Consulting, Nürnberg, martin.kapfer@kapfer-consulting.com
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2007, Seite 32

 
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