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Welche Änderungen bringt die EU-Berufskraftfahrerrichtlinie?

Künftig müssen Fahrer im gewerblichen Güterkraft- und Personenverkehr eine besondere Qualifizierung nachweisen. Nur dann können sie selbstständig oder abhängig tätig sein. Dies sieht die europäische „Richtlinie 2003/59 über die Grundqualifizierung und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft- oder Personenverkehr“ vor. Die Umsetzung erfolgte in Deutschland durch das „Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft- oder Personenverkehr (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz)“ vom 14. August 2006, das am 1. Oktober in Kraft getreten ist.

Die Fahrer sind demnach verpflichtet, eine Grundqualifizierung zu absolvieren sowie regelmäßig an Weiterbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Eine Pflicht zur Grundqualifikation besteht im Personenverkehr ab 10. September 2008 und im gewerblichen Güterverkehr ab 10. September 2009. Ziel der europäischen Vorschrift ist eine Verbesserung der Verkehrssicherheit sowie der Sicherheit der Fahrer. Der Gesetzgeber erhofft sich auch, dass sich dadurch ein defensiver Fahrstil durchsetzt und weniger Kraftstoff verbraucht wird.

Wer ist betroffen?
Die Regelungen gelten für das Fahrpersonal von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen im Güterkraftverkehr (Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C, CE) sowie von Fahrzeugen mit mehr als acht Fahrgastplätzen im Personenverkehr (Fahrerlaubnis der Klassen D1, D1E, D, DE).

Gibt es Bestandsschutz?
Bestandsschutz besteht für Fahrer,

  • die im Güterverkehr eingesetzt werden und die ihren Führerschein vor dem 10. September 2009 erwerben bzw. erworben haben. Sie müssen spätestens bis zum 10. September 2014 eine Weiterbildung absolvieren.
  • die im Personenverkehr eingesetzt werden, und die ihren Führerschein vor dem 10. September 2008 erworben haben. Sie müssen die Weiterbildung spätestens bis zum 10. September 2013 absolvieren.

Gibt es Ausnahmeregelungen?
Ausgenommen von dieser Regelung sind Fahrten mit Kraftfahrzeugen,

  • deren zulässige Höchstgeschwindigkeit 45 Kilometer pro Stunde nicht überschreitet,
  • die von der Bundeswehr, der Truppe und dem zivilen Gefolge der anderen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, den Polizeien des Bundes und der Länder, dem Zolldienst sowie dem Zivil- und Katastrophenschutz und der Feuerwehr eingesetzt werden oder ihren Weisungen unterliegen,
  • die zur Notfallrettung von den nach Landesrecht anerkannten Rettungsdiensten eingesetzt werden,
  • die zum Zwecke der technischen Entwicklung oder zu Reparatur- oder Wartungszwecken oder zur technischen Untersuchung Prüfungen unterzogen werden,
  • die in Wahrnehmung von Aufgaben, die den Sachverständigen oder Prüfern (im Sinne des § 1 Kraftfahrsachverständigengesetzes oder der Anlage VIII b der Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung) übertragen sind, eingesetzt werden,
  • die neu oder umgebaut und noch nicht in Betrieb genommen worden sind,
  • zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, das der Fahrer zur Ausübung des Berufs verwendet, sofern es sich beim Führen des Kraftfahrzeugs nicht um die Hauptbeschäftigung handelt. Hierunter fallen auch Beförderung nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 und 7 des Güterkraftverkehrsgesetzes.

Wie wird die Grundqualifikation nachgewiesen?
Der Nachweis der Grundqualifikation kann auf zwei Wegen erbracht werden:

  1. Es wird eine Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb erfolgreich abgeschlossen bzw. ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
  2. Es wird erfolgreich eine Prüfung (Grundqualifikation oder Beschleunigte Grundqualifikation) bei der für den Wohnsitz zuständigen IHK abgelegt. Sie umfasst eine theoretische Prüfung von 240 Minuten und eine praktische Prüfung von 210 Minuten Dauer. Zur Ablegung der Prüfung ist die Teilnahme an einem Vorbereitungsunterricht nicht vorgeschrieben. Erforderlich zur Zulassung zur Prüfung ist jedoch der Besitz der jeweiligen Fahrerlaubnis.

Die so genannte Beschleunigte Grundqualifikation, die den vorherigen Erwerb der jeweiligen Fahrerlaubnis nicht voraussetzt, wird durch die verpflichtende Teilnahme am Unterricht von 140 Stunden bei einer anerkannten Ausbildungsstätte nachgewiesen. Außerdem muss eine 90-minütige Theorieprüfung vor der IHK abgelegt werden. Eine Fahrerlaubnis muss für die beschleunigte Grundqualifikation nicht vorliegen, eine Teilnahme am Unterricht ist jedoch verpflichtend.

Für Prüfungsteilnehmer, die bereits Fachkundenachweise entsprechend den Berufszugangsverordnungen für Güterkraftverkehr und Personenverkehr (GbZugVO und PBZugVO) besitzen, sind Erleichterungen in der Theorieprüfung vorgesehen. Die praktische Prüfung muss jedoch vollständig abgelegt werden.

Besteht die Pflicht zur Weiterbildung?
Jeweils fünf Jahre nach Erwerb der Grundqualifikation muss jeder Fahrer seine Kenntnisse durch die Teilnahme an einem 35 Stunden umfassenden Unterricht bei einer anerkannten Ausbildungsstätte auffrischen. Diese Pflichtstunden können auf „Blöcke“ aufgeteilt werden. Diese müssen mindestens sieben Stunden umfassen und können durch Teilnahmebescheinigungen nachgewiesen werden. Bei einem Wechsel des Unternehmens wird die Weiterbildung, die bereits absolviert wurde, angerechnet. Für die Weiterbildung ist ausschließlich die Teilnahme am Lehrgang verpflichtend. Eine Abschlussprüfung ist nicht vorgesehen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2007, Seite 39

 
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