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Ab die Post!

Der deregulierte Markt für Postdienstleistungen ist noch unübersichtlich: Zahlreiche Anbieter, einige Firmenübernahmen und viele unterschiedliche Tarife.

Noch immer herrscht Goldgräberstimmung im Markt der liberalisierten Postdienstleistungen. Wie die aktuelle Situation im deregulierten Post- und Briefwesen aussieht und welche Vorteile mittelfränkische Unternehmen bei der Nutzung von Postdienstleistern (PDL) erreichen können, stand im Mittelpunkt einer Sitzung des IHK-Ausschusses für Verkehr und Logistik.

Zwar hat die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen seit dem Start 1998 bundesweit fast 2 300 Lizenzen vergeben, doch nach Angaben des Bundesnetzagentur-Vertreters Bernd Koll ist nur rund die Hälfte der Inhaber aktiv. Die rund 1 100 Lizenznehmer erreichen zudem lediglich einen Marktanteil von rund sieben Prozent. Von den 23 Lizenznehmern in Mittelfranken sind noch 16 aktiv, in ganz Bayern streiten sich 118 Unternehmen um den kleinen Markt.

Koll hat beobachtet, dass sich kleinere Anbieter zurzeit zusammenschließen oder übernommen werden, während größere Unternehmen wie Zeitungsverlage und Kurierdienste damit beginnen, ein flächendeckendes Netz aufzubauen. Wer heute die Landkarte der Brieflogistik in Deutschland betrachtet, fühlt sich allerdings noch immer an die Kleinstaaterei in der Mitte des 19. Jahrhunderts erinnert: neben vielen „Freistaaten“ und „Mini-Fürstentümern“ gibt es bislang nur ein paar größere „Königreiche“. Und Skeptiker kritisieren die Unübersichtlichkeit von Tarifen, Anbietern, Abhol- und Zustellregionen.

Weiterhin wird der Post- und Briefmarkt von der Deutschen Post beherrscht. „Wir haben das beste Netz, flächendeckend, hohe Automatisierung, eingespielte Logistik“, betonte Siegfried Egelkraut von der Niederlassung Brief Nürnberg der traditionellen „gelben Post“. Um die 1,8 Mio. Einwohner in 850 000 Haushalten innerhalb des Niederlassungsbereichs zu versorgen, stehen 3 500 Beschäftigte bereit, die in 290 Filialen und Postagenturen arbeiten und Tag für Tag rund 3 100 Briefkästen leeren. Auch die Zahl von 900 Kraftfahrzeugen und 1 150 Fahrrädern, die für die postalische Versorgung bereitstehen, kann durchaus beeindrucken.

Private Anbieter wie Brief24 tun sich im Vergleich dazu schwer. Seit Ende 2004 ist das Unternehmen von Müller Medien lizenziert, inzwischen stehen nach Angaben von Brief24-Geschäftsführer Harald Greiner mehr als 20 Fahrzeuge zur Verfügung. Gerade kleine und mittlere Unternehmen lockt Brief24 mit günstigen Tarifen. So kostet das Porto für die Postkarte 39 Cent (bei der gelben Post 45 Cent), ein Standardbrief wird für 45 Cent (statt 55 Cent) ans Ziel gebracht. Bei 50 Standardbriefen pro Tag, so Greiners Rechnung, kann ein Unternehmen 1 260 Euro im Jahr sparen.

Unternehmen, die künftig die Postdienste der neuen „bunten Post“ nutzen wollen, müssen Geduld aufbringen, um sich im noch unübersichtlichen Markt zurechtzufinden. Und die privaten Anbieter haben noch einiges zu tun, um ihre Briefdienste allein oder gemeinsam zu optimieren. Zurzeit tun sie sich leicht, von ihren Auftraggebern die gesamte Post in Empfang zu nehmen: die Briefe für die weißen Flecken auf der alternativen Postlandkarte werden im Notfall der Deutschen Post übergeben.

Unternehmen, die sich einen Überblick über den bundesdeutschen Postmarkt verschaffen wollen, können das mit dem Deutschen Briefportobuch tun, das online unter www.briefportobuch.de zum Preis von 9,50 Euro zzgl. Versandkosten zu bestellen ist.

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2007, Seite 42

 
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