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Containerzüge nach China?

Das Güterverkehrszentrum hat im vergangenen Jahr so viele Waren umgeschlagen wie nie zuvor.

Mit der Idee einer Containerzug-Verbindung ins Herz Chinas will der Logistikdienstleister Güterverkehrszentrum Bayernhafen Nürnberg der fränkischen Wirtschaft neue Märkte erschließen. Die Chancen eines solchen Projektes würden derzeit in einer deutsch-chinesischen Machbarkeitsstudie ausgelotet, sagte Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Roland Fleck. Sollte die „Vision einer China-Landbridge“ verwirklicht werden, würde das bereits heute zu den wichtigsten europäischen Umschlagplätzen zählende Güterverkehrszentrum am Hafen weiter an Bedeutung gewinnen. „Erste Anfragen fränkischer Unternehmen liegen bereits vor“, berichtete Fleck.

„Mit diesem Angebot soll ein kosten- und zeitmäßiges Zwischenprodukt zum langsamen und günstigen Seetransport und dem schnellen aber teuren Flugverkehr geschaffen werden“, betonte der Wirtschaftsreferent. Logistikexperten aus Deutschland und China hätten für den „Alternativweg wesentliche Marktanteile“ errechnet, da die Kapazität der Seehäfen erschöpft seien. Auf der rund 11 000 Kilometer langen Landbrücke zwischen Nürnberg und Changping, einem Stadtbezirk von Chinas Hauptstadt Peking, würden Container voraussichtlich binnen 15 Tagen ihr Ziel erreichen. Das ist nur die Hälfte der Zeit, die sie auf dem rund 19 000 Kilometer langen Seeweg unterwegs sind.

Die Region Asien-Pazifik sei für die deutsche Wirtschaft der wichtigste Beschaffungsmarkt. „Deshalb werden auch die Importe aus der Region weiter zunehmen“, erläuterte Fleck. Bedingt durch das enorme Wirtschaftswachstum und die ungebrochene Nachfrage nach Rohstoffen und hochwertigen Wirtschaftsgütern müsse der Ballungsraum Peking auf absehbare Zeit deutlich mehr Waren aus Europa einführen, als dorthin exportiert würden. Dadurch wäre gewährleistet, dass die Container auf dem Rückweg nach China nicht leer auf die Reise gehen müssten.

Mit dem im vergangenen Jahr in Betrieb genommenen Verladeterminal an der Schnittstelle von Schiene, Straße und Kanal hat sich das Güterverkehrszentrum als zentraler Empfangs- und Versandpunkt für den gesamten süddeutschen Raum positioniert, sagte der Geschäftsführer der Hafen Nürnberg-Roth GmbH, Harald Leupold. Mit einem Güterumschlag von mehr als elf Mio. Tonnen (plus 10,4 Prozent) verzeichnete das Güterverkehrszentrum 2006 das erfolgreichste Jahr seit der Gründung des Staatshafens vor 35 Jahren. Den größten Anteil steuerte mit knapp 80 Prozent der Gütertransport per Lkw bei. Auf die Schiene entfielen rund 16 Prozent, auf das Schiff nicht einmal fünf Prozent.

Im Winter hatten Eis und Hochwasser, im Frühling Hochwasser, im Sommer schließlich hitzebedingt gesunkene Pegelstände die Schifffahrt auf Donau und Main-Donau-Kanal behindert, führte Leupold aus. Deshalb sank der Warenumschlag auf der Wasserstraße um zwölf Prozent auf rund 550 000 Tonnen. Der Main war an 14 Tagen, die Donau an 27 Tagen und der Kanal an 37 Tagen nicht befahrbar. Um die Bedingungen für die Binnenschifffahrt zu verbessern, sei der umstrittene Ausbau des letzten frei fließenden Donauabschnitts zwischen Straubing und Vilshofen unverzichtbar.

Zum Güterverkehrszentrum gehört neben der Hafen-Gesellschaft auch die TriCon Container-Terminal Nürnberg GmbH. Die 31 Mio. Euro teure so genannte trimodale Umladestation war Mitte vergangenen Jahres eröffnet worden. In der Folge stieg der Containerumschlag im kombinierten Verkehr um 28 Prozent auf mehr als 143 000 Behälter. Durch die Verknüpfung von Lkw, Schiff und Bahn profitierte der Hafen Nürnberg überproportional von dieser Entwicklung.

„Die Verladestation löste einen wahren Containerboom aus“, hob Leupold hervor. Die großen europäischen Seehäfen Hamburg und Rotterdam würden aus allen Nähten platzen und seien deshalb „auf starke Partner im Hinterland“ angewiesen. Allerdings dauerten die Zuglaufzeiten von Rotterdam über Duisburg oder von Hamburg nach Nürnberg noch zu lange. „Wir müssen es schaffen, Transporte von Hafen zu Hafen über Nacht organisieren zu können. Sonst sind wir im Wettbewerb um zeitkritische Güter dem Schwerlastverkehr auf der Straße unterlegen. Hier stehen wir noch ganz am Anfang“, skizzierte Leupold die künftigen Erwartungen.

Hohe Investitionen
2005 wurden insgesamt 55 Mio. Euro in den Ausbau des Güterzentrums investiert. Im laufenden Jahr fließen dort weitere 33 Mio. Euro in neue Infrastrukturmaßnahmen, etwa in die Elektrifizierung der Schienen, damit Züge schneller und direkt ohne den Umweg über den Rangierbahnhof verladen werden könnten. Die Anbindung des Mittelmeer-Raumes über Verona werde kontinuierlich verbessert. Es sei absehbar, dass sich der Bahnverkehr im Hafen bis 2010 verdoppeln werde, unterstrich Leupold. Im vergangenen Jahr seien bereits mehr als 37 500 Waggons abgewickelt worden. Der geplante Umzug des Containerbahnhofs aus der Nürnberger Innenstadt in den Hafen berge ein gewaltiges Potenzial. Leupold machte aber deutlich, dass der Hafen das dringend benötigte zweite Verladeterminal an der Schnittstelle Straße-Schiene notfalls auch ohne die Deutsche Bahn bauen werde, falls diese den Umzug nicht im vorgesehenen Zeitraum in die Tat umsetzt.

Autor/in: 
mei.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2007, Seite 26

 
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