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Viel Neues auf Deutschlands Straßen

Die geänderten Vorschriften zu den Lenk- und Ruhezeiten treten jetzt in Kraft.

Die neuen Bestimmungen im Personen- und Gütertransport standen im Mittelpunkt einer IHK-Veranstaltung, zu der mehr als 80 Interessenten gekommen waren. Im Mittelpunkt stand die neue EU-Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zu den Lenk- und Ruhezeiten, die am 11. April 2007 in Kraft getreten ist. Diese hebt die bisherige Verordnung der Sozialvorschriften VO (EWG) 3820/85 auf. Angestellte und selbstständige Fahrer müssen sie gleichermaßen beachten.

Die wichtigste Neuerung, so Gerhard Hertel vom Gewerbeaufsichtsamt Nürnberg, betrifft die maximale Lenkzeit pro Kalenderwoche – sie wird auf höchstens 56 Stunden begrenzt. Die Tageslenkzeit beträgt nach wie vor höchstens neun Stunden am Tag – mit der Option, diese zwei mal pro Woche auf zehn Stunden zu verlängern. Allerdings kann die nach 4,5 Lenkstunden geforderte 45-minütige Unterbrechung nicht mehr auf drei Abschnitte von 15 Minuten, sondern nur noch auf zwei Abschnitte von zunächst 15 Minuten, dann aber 30 Minuten aufgeteilt werden.

Die zweiwöchentliche Gesamtlenkzeit müssen Fahrer künftig ebenfalls genau im Blick haben. Sie darf wie bisher in zwei aufeinander folgenden Wochen maximal 90 Stunden betragen; außerdem muss jeder Fahrer innerhalb dieses Zeitraums entweder zwei regelmäßige Wochenruhezeiten von jeweils 45 Stunden oder eine regelmäßige und eine verkürzte Ruhezeit von mindestens 24 Stunden einhalten. Diese Zeiten und der vorgeschriebene Ausgleich der Verkürzungen sind seit der Einführung des digitalen Kontrollgerätes von den Behörden viel leichter nachzuprüfen.

Die neuen EU-Regelungen für die Sozialvorschriften nehmen auch die Verlader, Unternehmer, Spediteure, Haupt- und Unterauftragnehmer sowie Fahrervermittlungsagenturen stärker in die Pflicht. Sie müssen sicherstellen, dass vertraglich vereinbarte Beförderungspläne nicht gegen die Lenk- und Ruhezeitenverordnung verstoßen. Demnach müssen auch die Verkehrsunternehmer die Arbeit ihrer Fahrer so organisieren, dass diese die neuen Bestimmungen einhalten können und nicht durch zu großen Termindruck gezwungen werden, die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten zu missachten.

Schon seit Mai 2006 sind digitale Fahrtenschreiber für neu zugelassene Fahrzeuge verbindlich. Das bedeutet laut Karl Beck vom Unternehmen ght-Elektronik im Verkehr Folgendes: Fahrzeuge mit Erstzulassung nach dem 1. Mai 2006, in denen aufgrund technischer Voraussetzungen kein digitales Kontrollgerät in Verbindung mit einem zugelassenen Sensor eingebaut werden kann, dürfen nicht im tachographenpflichtigen Bereich eingesetzt werden. Sein Rat: „Ich kann deshalb nur empfehlen, schon beim Neuwagenkauf zu klären, ob die technischen Rahmenbedingungen für eine Nachrüstung gegeben sind.“ Ebenso empfiehlt er, die jeweilige Software auf dem neuesten Stand zu halten.

Robert Gerstner vom Polizeipräsidium Mittelfranken erläuterte den Teilnehmern der Veranstaltung anhand von Verkehrskontrollen, wie die Auswertung von Fahrer- und Fahrzeugdaten mit der eingesetzten Behördensoftware funktioniert, und ermahnte die Unternehmer dazu, sich die Zeit zu nehmen, die Fahrer in die Fahrzeugtechnik und in die geänderten Sozialvorschriften einzuweisen.

Führerschein reicht nicht mehr
Nach Angaben der EU-Kommission absolvieren derzeit nur fünf bis zehn Prozent der Berufskraftfahrer eine entsprechende Ausbildung. Die überwiegende Mehrheit der Kraftfahrer arbeitet allein auf der Grundlage des Führerscheins. Deshalb wurde der Berufszugang für Lkw- und Omnibusfahrer neu geregelt. Berufskraftfahrer müssen parallel zum passenden Führerschein künftig auch noch die Hürden einer Grundqualifikation und einer turnusmäßigen Weiterbildung nehmen. Ab dem 10. September 2009 müssen alle Neulinge im Güterverkehrsgewerbe zusätzlich eine so genannte Grundqualifikation vorweisen, schon ein Jahr früher betrifft es die Omnibusfahrer. Mit dem neuen Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) soll laut Gesetzgeber die Verkehrssicherheit erhöht werden. Weiterhin soll durch die Schulung die Sicherheit der Fahrer selbst gesteigert sowie ein defensiver Fahrstil und rationeller Kraftstoffverbrauch erreicht werden.

Jeweils fünf Jahre nach Erwerb der Grundqualifikation muss jeder Fahrer eine Weiterbildung besuchen. Insgesamt hätten ab Herbst 2009 etwa 70 000 Fahrer im Speditionsbereich jährlich eine Grundqualifikation zu erbringen. Darüber hinaus müssen rund eine Mio. Fahrer im gewerblichen Güterverkehr sowie etwa 150 000 im gewerblichen Personenverkehr alle fünf Jahre eine Fortbildung nachweisen. Diese insgesamt fünfmal sieben Stunden umfassende Fortbildung muss erstmals bis zum Jahr 2013 für Busfahrer bzw. 2014 für Lkw-Fahrer absolviert sein. Die Bundesregierung veranschlagt die Weiterbildungskosten für die Unternehmen zwischen 900 Mio. und 1,5 Mrd. Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren. Einige Berufskraftfahrer bleiben sicher auf diesen Kosten sitzen, denn die Kostenübernahme ist nicht geregelt. Letztendlich ist es Sache der Kraftfahrer, die Nachweise über ihre Grundqualifikation und Weiterbildung zu erbringen. Jan Steinbauer, Geschäftsbereich Berufsbildung bei der IHK, meint: „Die Umsetzung der Berufskraftfahrerrichtlinie stellt für die Branche eine Berufszugangsschranke dar.“ (vgl. hierzu die Rubrik „FAQ – häufig gestellte Fragen“ auf Seite 39).

Unfälle verhindern
Ein nach neuer EU-Richtlinie und mit weiteren zusätzlichen Spiegeln ausgestatteter Lkw wurde bei der Veranstaltung von der Nürnberger Firma Franz Bernet vorgestellt. Laut Firmeninhaber Thomas Bernet passiert ein Unfall nicht, sondern er werde verursacht. Deshalb reiche es nicht aus, Fahrzeuge nur nach den neuesten Richtlinien aus- bzw. nachzurüsten. Vor allem müsse, so Jörg Macharski vom ADAC und Michael Möschel von der Verkehrsakademie, am Verhalten aller Verkehrsteilnehmer gearbeitet werden.

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2007, Seite 36

 
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