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Mehr Einfluss in Europa

Deutschland muss sich früher als bisher in die Entscheidungsprozesse der EU einschalten, so Bayerns Europa-Minister Dr. Markus Söder vor dem IHK-Parlament.

Der US-Präsident hat weniger Durchgriffsrechte auf die Bundesstaaten als die EU-Kommission auf die EU-Mitgliedsländer." Mit diesem Vergleich machte Söder die große Bedeutung der Europa-Politik für das Leben der Europäer deutlich. Wenn zum 1. Januar 2009 der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt, werde sich die Bedeutung der EU sogar noch erhöhen. Dann werden nach Schätzungen des Staatsministers für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen über 90 Prozent des deutschen Rechts "vergemeinschaftet" sein, müssen also mit dem EU-Recht konform gehen.

Deshalb müssten auch einseitige deutsche Vorbehalte gegenüber einer zu starken EU-Regulierung der Vergangenheit angehören. Bisher habe man hierzulande – wie etwa beim Antidiskriminierungsgesetz geschehen – oft im Nachhinein europäische Normen beklagt, statt deren Ausgestaltung in einem frühen Stadium des Entscheidungsprozesses mitzubestimmen. Die deutschen Europa-Politiker, aber auch die Interessenvertreter der Wirtschaft müssten sich schon bei den ersten "Mitteilungen" der EU-Kommission, bei den darauf folgenden (Online-)Konsultationen und den ausführlicheren Weißbüchern einschalten und Mehrheiten für ihre Vorschläge organisieren. Nicht zuletzt müsse sich die Wertschätzung für europäische Themen erhöhen: Denn nur ein einiges und leistungsfähiges Europa könne gegen die Konkurrenz anderer Wirtschaftsblöcke bestehen. In Vergessenheit geraten sei außerdem, was zahlreiche Beitrittskandidaten an Europa schätzen: Sie sehen die Union als historisches Friedensprojekt. Als wichtige Themen, mit denen er derzeit auf europäischem Parkett konfrontiert ist, nannte Söder u.a. die Klimaschutz- und Energiepolitik sowie die Vereinfachung der europäischen Forschungsförderung.

Reform der beruflichen Bildung
Über die Reform der dualen Ausbildung sprach Sybille von Obernitz, Leiterin des Bereichs Berufliche Bildung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), vor der IHK-Vollversammlung. Das System sei entgegen vieler Vorurteile ein Erfolgsmodell, was sich auch an der im internationalen Vergleich niedrigen Jugendarbeitslosigkeit zeige. Es bedürfe aber einer Anpassung, um dem demografischen und gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden. Sehr pessimistisch äußerte sich die Bildungsexpertin allerdings angesichts der fehlenden Ausbildungsreife vieler Jugendlicher: 25 Prozent eines Jahrganges verlassen die Schule ohne Abschluss oder mit völlig unzureichenden Kenntnissen. Die Bildungspolitik habe es bisher nicht geschafft, hier eine Trendwende zu erreichen.

Ein wichtiger Reformansatz bei der dualen Ausbildung ist die Bündelung von Berufsgruppen: Das bedeutet, dass im ersten Jahr weitgehend gleiche Inhalte vermittelt werden und anschließend im zweiten und dritten Lehrjahr durch sechs bis acht inhaltliche Bausteine (Pflicht- und Wahlpflichtmodule) eine Spezialisierung stattfindet (aktuelle Beispiele: Berufe für die Automatenwirtschaft und für die Sicherheitsbranche). Weiterer Vorteil des Ansatzes: Zwei- und dreijährige Berufe greifen besser ineinander. Wer nach zwei Jahren einen Abschluss als Verkäufer macht, kann problemlos ein weiteres Jahr anhängen, um dann als Einzelhandelskaufmann abzuschließen.

Intensiv arbeitet der DIHK laut von Obernitz daran, die sehr anspruchsvolle berufliche Aufstiegsfortbildung (z.B. Fachwirt, Industriemeister) einem Bachelor-Abschluss an einer Hochschule gleichzustellen. Deshalb setze man sich dafür ein, die international anerkannte Zusatzbezeichnung "Bachelor Professional" einzuführen.

Über die Spendenaktion der IHK-Kulturstiftung der mittelfränkischen Wirtschaft aus Anlass des 15-jährigen Bestehens berichtete Hauptgeschäftsführer Dr. Dieter Riesterer: 260 000 Euro seien durch Zustiftungen von 40 Spendern zusammengekommen, sodass sich das Grundstockvermögen der Stiftung nun auf 2,1 Mio. Euro erhöht habe. Seit 1993 habe die Stiftung eine Vielzahl von Kulturprojekten mit insgesamt 1,2 Mio. Euro gefördert.

Weitere Themen des IHK-Parlaments waren die aktuelle wirtschaftliche Lage, anstehende Sanierungsarbeiten an der IHK Akademie Mittelfranken sowie Neuberufungen in Vollversammlung und Fachausschüsse.

Autor/in: 
bec.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2008, Seite 36

 
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