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Wenn der Arbeitgeber bei der betrieblichen Altersversorgung seine Informationspflichten vernachlässigt, kann er bei Vermögensschäden gegenüber den Mitarbeitern haften. Von Karl-Heinz Reiß und Ulf Kesting

Jeder Mitarbeiter hat einen Rechtsanspruch auf eine betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung. Das sieht das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (kurz Betriebsrentengesetz BetrAVG) vor. Der Arbeitgeber kann das "Wie" bestimmen, also den Durchführungsweg (Direktversicherung, Unterstützungskasse, Pensionszusage, Zeitwertkonto, Pensionsfonds oder Pensionskasse) und gegebenenfalls den Versorgungsträger bzw. den Anbieter der Produkte. Er kann bei den Durchführungswegen, die auf einer Versicherung beruhen, beispielsweise eine bestimmte Versicherungsgesellschaft vorschreiben, bei der die Direktversicherung abgeschlossen werden muss, bzw. er kann die Pensionskasse oder den Pensionsfonds vorgeben. Der Arbeitnehmer entscheidet dann, ob und in welchem Umfang er dieses Angebot annimmt.

Eines ist wichtig: Wird eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse (in der Rechtsform der AG) gewählt, wird der Arbeitgeber der Versicherungsnehmer, dies ist auch bei einer unmittelbaren Zusage mit Rückdeckung der Fall. Bei der Unterstützungskasse hat der Arbeitgeber dagegen beim Versicherungsvertrag keine Funktion.

Das Betriebsrentengesetz lässt sich als Arbeitnehmer-Schutzgesetz interpretieren, woraus sich eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ableitet. Diesen Schluss lässt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) zu. Der Arbeitgeber hat zwar das Recht, den Durchführungsweg und die Produkte vorzugeben, aber damit übernimmt er auch eine Verantwortung – möglicherweise mit haftungsrechtlichen Folgen. Das gilt sowohl für die Informationspflichten gegen-über den Mitarbeitern als auch für die Auswahl der Produkte. Arbeitgeber, die unabhängige Experten hierfür einschalten, werden ihrer Fürsorgepflicht und Verantwortung gerecht.Um eine mögliche Haftung auszuschließen, sollte der Arbeitgeber folgende Bereiche berücksichtigen:

Pflicht zur Information und Aufklärung über die betriebliche Altersversorgung: Sie ergibt sich u.a. aus einem Urteil des BAG vom 17. Oktober 2000 (Aktenzeichen 3 AZR 605/99), wonach der Arbeitgeber haftbar gemacht werden kann, wenn Vermögensschäden auf eine nicht angemessene Information und Aufklärung zurückzuführen sind. So heißt es im Hinweis des Senats zu diesem Urteil: "Der Arbeitgeber trägt die Beweislast dafür, dass der Versorgungsschaden auch ohne eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht eingetreten wäre."

Auswahlmöglichkeit: Wird der Arbeitnehmer bei der Entgeltumwandlung auf ein einziges Produkt beschränkt, kann dies ebenfalls als ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers interpretiert werden.

Individuelle und professionelle Beratung: Der Arbeitgeber kann nicht davon ausgehen, dass seine Arbeitnehmer von sich aus darüber hinreichend informiert sind, welche Vor- und Nachteile sich aus der Entgeltumwandlung ergeben können und welche Folgen damit verbunden sind. Die Auswirkungen auf die gesetzliche Rente und andere Sozialleistungen müssen dem einzelnen Arbeitnehmer dargestellt werden. Nur dann kann er eine Entscheidung darüber treffen, ob und in welchem Umfang er die Entgeltumwandlung in Anspruch nehmen will. Mit einer ausführlichen individuellen Beratung, die durch ein Beratungsprotokoll dokumentiert wird, erfüllt der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht.

Wahl des Tarifs (bei Direktversicherung, Pensionskasse und rückgedeckter Unterstützungskasse): Angeboten werden können entweder gezillmerte Tarife oder ungezillmerte bzw. schwach gezillmerte Tarife (bei gezillmerten Tarifen werden mit den eingezahlten Beträgen zunächst im Wesentlichen die Kosten für die Anlage beglichen, erst nach einiger Zeit wird Vermögen angespart).

In der Praxis ist den Arbeitgebern zu empfehlen, eine Versorgungsordnung zu erlassen oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung zu verabschieden. Damit werden einheitliche Rahmenbedingungen für die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung geschaffen. In der Versorgungsordnung kann neben dem oder den angebotenen Durchführungsweg(en) auch geregelt werden, welche Produkte für die Arbeitnehmer zur Wahl stehen. Weiterer Tipp: Den Arbeitnehmern sollte nicht nur ein Produkt angeboten werden, sondern Produkte unterschiedlicher Versicherungsgesellschaften und unterschiedlicher Versicherungsarten. In der Versorgungsordnung kann auch geregelt werden, wie die Information, Aufklärung und Beratung durchgeführt wird, wer sie durchführt und wie das Beratungsgespräch dokumentiert wird. Die Einschaltung eines spezialisierten externen Beraters, der die Beratung durchführt und dokumentiert, entlastet den Arbeitgeber und sorgt für Sicherheit.

Externer Kontakt: Karl-Heinz Reiß, ASS-Wirtschaftsberatung, Nürnberg (reiss@ass-wirtschaftsberatung.de) und Ulf Kesting, Deutsche Gesellschaft für betriebliche Altersversorgung (DGbAV), Wemding (ulf.kesting@dgbav.de)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2008, Seite 13

 
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