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Viele Stellräder

Die industrielle Fertigung bietet vielfältige Möglichkeiten der Energieeinsparung. Doch sie setzen eine sehr detaillierte Analyse voraus. Von Norbert Stuck

Wärme und Kälte, Lüftung und Klima, Strom und Licht, Wasser und Abwasser: Vielfältig sind die Möglichkeiten, im Betrieb Energie und Kosten zu sparen. Die Stellschrauben, um die Einsparpotenziale auszuschöpfen, sind ebenso zahlreich: Energietarife, Wartungsverträge, Reinigungsverträge oder Chemikalieneinsatz sind nur einige der Unterhaltskosten, bei denen man ansetzen kann. Vor allem sollte auch die Gebäudesubstanz (Wärmedämmung, Fenster etc.) auf Einsparmöglichkeiten untersucht werden.

Sehr hoch sind die potenziellen Einsparungen in der industriellen Fertigung. Allerdings erfordert der vielschichtige und komplexe Produktionsprozess hohes technisches Verständnis und sensibles Vorgehen. Im Folgenden zwei Beispiele von fränkischen Unternehmen, die zeigen, wie sich Einsparmaßnahmen realisieren lassen.

Kunststoffrohre für unterschiedliche Einsatzgebiete wie Hoch-, Tief- und Straßenbau, Entwässerungssysteme, Heizungstechnik und Wasserwirtschaft gehören zur Produktpalette eines bedeutenden Kunststoffverarbeiters. Im Zuge des Programms "Initiative Energieeffizienz Industrie und Gewerbe" der Dena (Deutsche Energieagentur, Berlin) wurde das Kaltwassersystem des Betriebes näher untersucht, das u.a. zur Kühlung der Kunststoff-Formmaschinen dient. Fast alle untersuchten Pumpen (23 Pumpen und Motorenleistungen von 5,5 bis 16 Kilowatt) waren einstufig ausgeführt und nicht drehzahlregelbar. Außerdem wurden Verbesserungsmöglichkeiten bei der Hydraulik des installierten Kaltwassernetzes festgestellt. Bekannt waren außerdem nur die viertelstündlichen Wasserumlaufmengen und der Gesamtstromverbrauch, wodurch wichtige Kennzahlen im Dunkeln blieben. Deshalb wurde ein "maßgeschneidertes" Berechnungsprogramm entwickelt, das die Laufzeiten jeder einzelnen Pumpe darstellt. Damit konnten ineffiziente Laufzeiten von Pumpen erkannt und Vorschläge für den Austausch und die Regelung der Pumpen gemacht werden. Auch Wirtschaftlichkeit und Kosteneinsparung der Verbesserungsvorschläge konnten nun dargestellt werden.

Auf der Basis dieser Daten wurden die Führung von Rohrleitungen und deren Dimensionierung geändert sowie Ventile und Absperrklappen ausgetauscht. Durch den Einsatz von Frequenzumrichtern ist nun eine feinere Steuerung der Pumpen möglich, die Menge des umlaufenden Wassers wurde reduziert. Unter dem Strich fällt die jährliche Stromrechnung nun um 13 Prozent niedriger aus, die Investition von etwa 50 000 Euro amortisiert sich damit nach gut zweieinhalb Jahren.

Auch die Neunkirchener Achsenfabrik AG, die in Neunkirchen am Brand Achsen und Getriebe für die Bau-, Forst- und Landwirtschaft fertigt, hat ihren Energieverbrauch sorgfältig durchleuchtet. Hier stand die Härterei im Vordergrund: Für den Härtevorgang wird ein spezielles kohlenstoffreiches Schutzgas benötigt, wobei Erdgas in einem Endogas-Generator zu Härtegas umgewandelt wird. Ein hoher Anteil des eingesetzten Erdgases geht ungenutzt als heißes Abgas über eine Absauganlage ins Freie. Sicherheits-Zündfackeln verbrauchen zusätzlich einen Teil des Erdgases. Die Härteöfen werden ebenfalls mit Erdgas beheizt und die heißen Abgase über Dach abgesaugt, elektrisch beheizte Glüh- und Anlassöfen geben zudem bis zu 650 Grad Celsius heiße Abgase ab.

Alle heißen Abgasströme werden zusammengefasst und die enthaltene Wärmeenergie über Wärmetauscher zurückgewonnen. Diese Wärme wird mittels Heizungswasser im Winter an die Heizungsanlage für die Hallen und Büros abgegeben und im Sommer zur Kühlung über eine Absorptions-Kältemaschine genutzt. Voraussetzung dafür ist eine für das Heizen und Kühlen geeignete Anlage. Daher wurden die in den Werkhallen installierten Hallenheizungen, bestehend aus gasbeheizten Hell- und Dunkelstrahlern sowie direktbefeuerten Lufterhitzern, gegen heizwasserdurchströmte Deckenstrahlplatten ausgetauscht. Durch Frequenzumrichter wurde die Regelung der Abluftmengen verbessert. Die Achsenfabrik verbraucht für die Beheizung der Werkhallen und Büros und für die Warmwasserbereitung jetzt nur noch ca. 35 Prozent der früheren Erdgasmenge. Außerdem sind durch die Kühlung die Arbeitsbedingungen im Sommer deutlich angenehmer.

Externer Kontakt: Norbert Stuck ist Geschäftsführer der EcoConTec GmbH & Co. KG in Aurachtal (norbert.stuck@ecocontec.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2008, Seite 28

 
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