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Auftrieb für Investitionen

Das neu gefasste Städtebaurecht ermöglicht es, bestimmte Bebauungspläne schneller abzuwickeln. Obwohl damit in etwa sechs Monaten Baurecht geschaffen werden kann, wird das Instrument noch wenig genutzt. Von Herbert Kohler

Betriebe auf bislang nicht bebauten Flächen ansiedeln, bestehende Standorte erweitern oder aufgegebene Gewerbegebiete in ein Wohngebiet umwandeln und umgekehrt: Solche Projekte der Stadtentwicklung, mit denen Flächen besser genutzt werden, soll das neue Städtebaurecht schneller voranbringen. Kernstück der Neuregelung, die am 1. Januar 2007 in Kraft getreten war, ist die Einführung eines beschleunigten Verfahrens für sogenannte "Bebauungspläne der Innenentwicklung".

Geregelt ist diese Art des Bebauungsplanes im neuen § 13 a Baugesetzbuch (BauGB). Dort ist auch festgeschrieben, für welche Bereiche dieses Verfahren angewandt werden kann: Ortsteile, die bereits eine zusammenhängende Bebauung aufweisen, außerdem große, bislang nicht bebaute Freiflächen im Siedlungsbereich sowie sogenannte Ortsrandlagen, die noch Teil des Siedlungsbereiches sind. Auch für Änderungen oder Ergänzungen eines bereits bestehenden Bebauungsplanes kann das neue Instrument der Städteplanung eingesetzt werden.

Nicht genutzt werden kann es dagegen, wenn Flächen im Außenbereich der Städte erstmals und gezielt bebaut werden sollen (z.B. Umgehungsstraße oder Betrieb in der freien Landschaft). Von der Neuregelung ausgeschlossen sind auch Vorhaben, bei denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss (z.B. große Feriendörfer, Hotelkomplexe, Freizeitparks, Parkplätze, Industrieanlagen und Einkaufszentren). Ausgeschlossen ist die Anwendung des "Bebauungsplanes der Innenentwicklung" auch, wenn in sogenannten "Natura 2000"-Gebieten die Erhaltungsziele und Schutzzwecke beeinträchtigt werden. Diese Gebiete werden von der Europäischen Union ausgewiesen, um ein länderübergreifendes System an Schutzgebieten zu schaffen. Darunter fallen Zonen, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und der Vogelschutzrichtlinie als erhaltenswert gelten und deshalb besonderen Naturschutz genießen.

Erleichterungen abhängig von der Fläche
Bei der Anwendung des Bebauungsplanes der Innenentwicklung ist die festgesetzte Grundfläche (d.h. die Fläche, die durch das Vorhaben überbaut wird) ein wesentlicher Aspekt. Denn nach ihr wird differenziert, welche Erleichterungen genau gelten.

Liegt die Fläche unter 20 000 Quadratmetern, sind folgende Schritte und Maßnahmen nicht erforderlich:

  • Umweltprüfung und gesonderter Umweltbericht. Der Verzicht auf eine förmliche Umweltprüfung entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, die von der Planung berührten Belange, einschließlich der Umweltbelange, nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln, zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
  • Naturfachliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Liegt die Grundfläche zwischen 20 000 und 70 000 Quadratmetern, sind die Erleichterungen deutlich geringer:
  • Durch eine Vorprüfung des Einzelfalls muss abgeschätzt werden, ob der Bebauungsplan erhebliche Umweltauswirkungen haben kann oder nicht. Diese förmliche Vorprüfung hat zwar nicht das Ziel, eingehende Untersuchungen durchzuführen und abschließende Feststellungen zu treffen, sondern lediglich eine überschlägige Einschätzung ermöglichen. Trotzdem besteht ein erheblicher Prüfungsaufwand.
  • Naturfachliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen müssen nach den sonst geltenden Vorschriften durchgeführt werden. Vorhaben mit einer Grundfläche über 70 000 Quadratmetern können nach § 13 a Baugesetzbuch nicht geplant werden.

Sonstige Erleichterungen
Unabhängig von der Flächengröße gelten ansonsten allgemein folgende Erleichterungen:

  • Er kann abweichend von den Darstellungen des Flächennutzungsplanes (FNP) erlassen werden. Ein FNP-Änderungsverfahren muss nicht durchgeführt werden, der FNP muss lediglich im Wege der Berichtigung angepasst werden.
  • Bei der Abwägung für oder gegen das Projekt erhalten jetzt folgende Aspekte eine größere Bedeutung: Schaffung von Arbeitsplätzen, Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder Ausbau der Infrastruktur. Ihnen soll in angemessener Weise Rechnung getragen werden.
  • Die Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden ist vereinfacht, denn von der frühzeitigen Beteiligung kann abgesehen werden. Statt der förmlichen Auslegung der Planungsunterlagen für die Dauer eines Monats kann Gelegenheit zur Stellungnahme binnen angemessener, kürzerer Frist gegeben werden.
  • Angepasst wurde die sogenannte Heilungsvorschrift (§ 214 BauGB): Fehler, die bei der Anwendung des § 13 a BauGB gemacht werden können, führen demnach nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.
  • Unter bestimmten Voraussetzungen kann das geplante Vorhaben bereits vor der Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden genehmigt werden (§ 33 Abs. 3 BauGB).

Trotz dieser Erleichterungen ist es erstaunlich, dass der Bebauungsplan der Innenentwicklung noch relativ selten genutzt wird: Eine Umfrage im Juli 2008 ergab, dass § 13 a BauGB von den Städten Nürnberg, Fürth, Erlangen, Schwabach und Ansbach sowie den Gemeinden der umliegenden Landkreise insgesamt erst etwa 15 Mal angewandt wurde. Die erkennbaren Vorteile scheinen also noch weitgehend ungenutzt zu sein: Mit dem erleichterten Planungsinstrument können Vorhaben mit einer Grundfläche unter 20 000 Quadratmetern inhaltlich erleichtert und zeitlich verkürzt geplant werden. Statt in durchschnittlich ca. zwei Jahren kann man mit der neuen Vorschrift durchaus in sechs Monaten Baurecht schaffen. Städte, Gemeinden und Unternehmen im Bereich der IHK Nürnberg für Mittelfranken sollten sich deshalb häufiger auf die Anwendung dieser Vorschrift verständigen.

Externer Kontakt: Herbert Kohler ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Kanzlei Dr. Waldmann Kohler & Kollegen Rechtsanwälte, Nürnberg (kanzlei@waldmann-kohler.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2008, Seite 28

 
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