Telefon: +49 911 1335-1335

Betriebliche Gesundheitsvorsorge

"BEM-ühungen" lohnen sich für die Unternehmen

Seit 2004 sind Betriebe zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) verpflichtet. Es soll Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitern wiederherstellen, die lange oder häufig erkrankt sind. Von Christian van de Weyer

Längere Lebensarbeitszeit, Zunahme chronischer Erkrankungen und fehlender Nachwuchs – diesen Herausforderungen werden sich Unternehmen in Zukunft stellen müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Um die Leistungsfähigkeit gesundheitlich eingeschränkter – sogenannter "leistungsgewandelter" – Mitarbeiter wiederherzustellen, müssen Arbeitgeber auf diese Entwicklungen reagieren. Die Notwendigkeit dazu hat auch der Gesetzgeber erkannt. Er fordert die Unternehmen auf, den Mitarbeitern ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten (§ 84 Abs. 2 SGB IX), wenn sie innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind.

Der Gesetzestext legt sich jedoch bewusst nicht weiter fest: Wie das BEM durchgeführt wird, ist der Gestaltungsfreiheit der Betriebe überlassen. Das ist auch einer der Gründe, warum sich viele Arbeitgeber (insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen) nur sehr zurückhaltend dieser Verpflichtung stellen, die für alle Betriebe gilt – unabängig von ihrer Größe. Auch die Ursache der Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters spielt keine Rolle. Gespräche mit den nach ihrer Erkrankung zurückkehrenden Mitarbeitern ersetzen das BEM nicht, auch als Fehlzeitenmanagement sollte es nicht verstanden werden.

Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von lange oder häufig erkrankten Beschäftigten wiederherzustellen. Darüber hinaus soll alles getan werden, um einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen, chronische Erkrankungen zu vermeiden und den Arbeitsplatz zu erhalten. Zum betrieblichen Eingliederungsmanagement gehören alle Maßnahmen, um Mitarbeiter mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderung dauerhaft an einem geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen. Sollten trotz aller Bemühungen die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters und die Anforderungen des Arbeitsplatzes nicht in Einklang zu bringen sein, vermittelt ein professionell durchgeführtes Eingliederungsverfahren Rechtssicherheit. Kann trotz aller "BEM"-ühungen ein Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen nicht weiter aufrechterhalten werden, ist der Betrieb durch das BEM auf eine Kündigung gut vorbereitet. Der Verzicht auf ein BEM vor krankheitsbedingter Kündigung beeinflusst die Beurteilung durch Arbeitsgerichte mittlerweile ungünstig.

Mögliche Maßnahmen der Eingliederung im Rahmen eines BEM sind:

  • Arbeitsmedizinisch betreuter Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag nach längerer Erkrankung, z.B. stufenweise Wiedereingliederung (§ 74 SGB V), technische Hilfen (z.B. Steh-Sitz-Arbeitsplatz, Hebehilfen)
  • Veränderung der Arbeitsorganisation (Teilzeit, neue Abläufe, Umsetzung)
  • Veränderung der Aufgaben zur Verringerung von Fehlbelastungen und stressenden Faktoren (z.B. mehr Abwechslung und Handlungsspielräume)
  • Verbesserung des Gruppenklimas, Unterstützung durch Führungskräfte sowie Abbau von Konflikten
  • stationäre oder ambulante Rehabilitation
  • Weiterbildung, Training oder Coaching.

Betriebliches Eingliederungsmanagement lohnt sich für alle Beteiligten. Dennoch warten Unternehmen oft viel zu lange darauf, dass sich die Situation von selbst wieder verbessert, der Langzeitkranke von selber wieder gesund wird oder aber die Arbeitsplatzbedingungen von alleine zur möglicherweise chronischen Krankheit passen.

Der notwendige Aufwand wird völlig überschätzt, die Vorteile werden dagegen kaum angemessen wahrgenommen. Beispielsweise werden Ausgaben für Aushilfspersonal eingespart, wenn gesundheitlich beeinträchtigte Mitarbeiter durch professionelle Integrationsarbeit wieder adäquat eingesetzt werden können. Die Erfahrung zeigt, dass durch gezieltes Vorgehen in vielen Fällen die hundertprozentige Leistung des Mitarbeiters wieder erreicht werden kann.

Arbeitgeber, die BEM im Betrieb etablieren wollen, sehen sich mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Wie gestalte ich das BEM richtig?
  • Wer hilft mir innerhalb und außerhalb des Betriebes mit geeigneten Mitteln?
  • Gibt es Experten als Eingliederungsmanager?
  • Gibt es Methoden der Früherkennung, die sich nicht nur an Defiziten orientieren und die Arbeitsfähigkeit dauerhaft sichern?

Der Arbeitgeber ist gut beraten, sich ärztlichen Sachverstand ins Haus zu holen. Arbeitsmediziner oder Betriebsärzte sind gute Adressaten. Hilfreich sind auch die Berufshelfer der Berufsgenossenschaften, das Integrationsamt sowie Mitarbeiter von Krankenkasse oder Rentenversicherung.

Externer Kontakt: Dr. med. Christian van de Weyer, Facharzt für Arbeitsmedizin, Notfallmedizin, Disability Manager (CDMP); Stellvertretender Landesverbandsvorsitzender des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte VDBW, (cvdw@arbeitsmedizin-fuerth.de)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2009, Seite 34

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick