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WiM-Serie: Metropolregion Kompakt (Teil 12)

Heimliche Helden mit großer Strahlkraft

Sie führen mit ihren Produkten den Weltmarkt an und sind doch in der Öffentlichkeit kaum bekannt: die Hidden Champions. Auch in der Metropolregion Nürnberg ist eine Vielzahl solcher Unternehmen zuhause.

Die deutsche Wirtschaft ist stark durch den Export geprägt. Der große Erfolg, den Deutschland dabei seit Jahren verbucht, geht zu einem guten Teil auf kleine und mittlere Firmen zurück, nicht allein auf die großen Konzerne. Gerade im Mittelstand gibt es viele Unternehmen, die in ihrer Branche an der Spitze des europäischen Marktes stehen oder gar Weltmarktführer sind. Ihre Produkte oder Dienstleistungen sind hoch spezialisiert, aber oft unauffällig. Von der breiten Öffentlichkeit werden diese Firmen daher kaum wahrgenommen.

Der deutsche Wirtschaftsprofessor Hermann Simon ist diesem Phänomen seit vielen Jahren auf der Spur. Und er gab den "unbekannten Weltmarktführern" einen Namen: "Hidden Champions" – ein Wortspiel, das bewusst auf den Gegensatz von "verborgen, heimlich" und "Gewinner" setzt. Mittlerweile hat sich der Begriff in Wirtschaftskreisen als gängiger Terminus etabliert.

Wer ist ein Hidden Champion?
Hermann Simon nennt drei Kriterien, die einen Hidden Champion ausmachen:

  1. Das Unternehmen ist die Nummer 1, 2 oder 3 auf dem Weltmarkt oder die Nummer 1 in Europa.
  2. Der Umsatz liegt in der Regel unter drei Mrd. Euro.
  3. Das Unternehmen hat in der Öffentlichkeit einen geringen Bekanntheitsgrad.

Allerdings haben manche der großen Unternehmen bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht, sodass das Attribut "hidden" nur noch bedingt zutrifft. Hidden Champions werden daher auch allgemeiner als Weltmarktführer in Nischen-Produkten definiert.

Tatsächlich ist das auffälligste Merkmal der Hidden Champions ihre Fokussierung. Sie spezialisieren sich meist auf ein Hauptprodukt, das sie oft selbst als Innovation eingeführt haben. Der klassische Hidden Champion ist ein "Einprodukt-Einmarkt-Unternehmen". Damit bedienen die Firmen zwar nur einen engen Markt, führen diesen aber meist unangefochten an, und zwar weltweit. Um ihre Stellung zu behaupten, investieren die Hidden Champions vergleichsweise viel in Forschung und Entwicklung. Die Firmen setzen also auf herausragende Leistung und Know-how, nicht auf Produktvielfalt. Der Schwerpunkt liegt dabei im Industriebereich, daneben stehen Konsumgüter und Dienstleistungen.

Als eine der ausgeprägten Stärken der Hidden Champions gilt ihre Kundennähe. Kennzeichnend sind langfristige Geschäftsbeziehungen und ein reger Austausch, der zur anhaltenden Verbesserung der Produkte führt. Um den Kundenkontakt zu gewährleisten, verfügt ein Großteil der Hidden Champions über zahlreiche Auslandsniederlassungen. Viele der Firmen sind Familienunternehmen und die Führungskontinuität ist generell sehr hoch. Etwa ein Drittel der Unternehmen ist älter als 100 Jahre, gut die Hälfte wurde nach 1945 gegründet.

Die Hidden Champions sind nicht auf den deutschsprachigen Raum beschränkt, allerdings ist ihre Zahl hier besonders hoch. Die geostrategisch zentrale Lage dürfte dabei eine wichtige Rolle spielen. Hermann Simon kommt 2007 für die deutschsprachigen Länder auf 1 316 Unternehmen, allein in Deutschland zählt er 1 174. Die meisten davon sind in Nordrhein-Westfalen (293), Baden-Württemberg (277) und Bayern (211) beheimatet.

Auch in der Metropolregion Nürnberg haben zahlreiche Hidden Champions ihren Sitz. Schon eine kleine Auswahl verrät, wie vielfältig die Produkte sind, die von hier aus den Weltmarkt erobern.

Ein wichtiger Zweig sind die Zulieferer für die Automobilindustrie. In fast allen großen Marken sind Spezialteile aus der Metropolregion verbaut. Ventil- und Kolbenfedern fertigt beispielsweise Scherdel in Marktredwitz. Eugen Wexler in Lauf ist für seine Hightech-Kunststoffprodukte wie Handschuhkästen und Kofferraumverkleidungen bekannt. Autofenster- und Türsysteme kommen von der Coburger Firma Brose, Außenspiegel von Mekra Lang in Fürth und die Kabel von Leoni in Nürnberg. Als Technologiepartner im Maschinenbau sind Baumüller und Semikron in Nürnberg die Spezialisten für Elektromotoren und Leistungselektronik. 90 Prozent aller Gelddruckmaschinen werden bei Koenig & Bauer in Würzburg hergestellt.

Viele Produkte aus der Metropolregion gehören weltweit zum Alltag der Menschen. So werden feinste Parfums in Flakons von Heinz-Glas in Kleintettau abgefüllt. Schwan-Stabilo Cosmetics produziert in Heroldsberg knapp die Hälfte aller Eye- und Lipliner der Welt. Für edle TV-Flachdisplays steht der Name von Loewe in Kronach und hochwertige Laminatfußböden kommen von Pfleiderer in Neumarkt. Die Einbandstoffe für Bücher produziert die Bamberger Kaliko und BHS tabletop in Selb beliefert Hotels, Kantinen und Krankenhäuser mit Profi-Porzellan. Barth & Sohn in Nürnberg ist einer der Marktführer für Hopfen. Gläser für Sportbrillen fertigt Rupp+Hubrach in Bamberg und in Fürth sitzt Uvex, der Spezialist für industriellen Augenschutz.

Im Dienstleistungsbereich ist die GfK mit Hauptsitz in Nürnberg als eines der größten Marktforschungsunternehmen der Welt zu nennen. Und dass der Ton der Olympischen Spiele in China überall auf der Welt zu hören war, ist der Buttenheimer Firma Salzbrenner Stagetec zu verdanken.

Der Streifzug zeigt, dass Hidden Champions überall in der Metropolregion zu finden sind, in den Städten genauso wie auf dem Land. Sie stärken die Wirtschaftskraft – und sie tragen wesentlich zur internationalen Reputation der Metropolregion Nürnberg bei. Schließlich sind die "heimlichen Helden" weltweit alles andere als unbekannt.

Externer Kontakt: Dr. Janette Witt
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2009, Seite 18

 
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