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Private Krankenversicherung

Genau hinsehen

Bei Vergleichen zwischen den Angeboten der einzelnen Versicherungen geht es meist um Selbstbeteiligung, Erstattungssätze oder Bonusprogramme. Aber was ist mit den Versicherungsbedingungen?

Will ich in der gesetzlichen Krankenkasse bleiben oder ist die private Krankenversicherung die bessere Alternative? Wenn die Entscheidung schließlich zugunsten der privaten Versicherung gefallen ist, sind Punkte wie Beitragsrückerstattungen, Kundenfreundlichkeit des Anbieters und andere Aspekte, die oft in Versicherungsrankings aufgeführt werden, natürlich wichtig. Vernachlässigt wird bei der Auswahl eines Anbieters aber sehr häufig der genaue Blick in die Versicherungsbedingungen. Das ist unverständlich: Denn es müsste doch ausschlaggebend sein, dass im Krankheitsfall ein möglichst umfassender Versicherungsschutz geboten wird.

Behandlung in Reha-Kliniken
Probleme gibt es häufig beim Versicherungsschutz in gemischten Anstalten, das sind Kliniken mit einer angeschlossenen Reha-Klinik bzw. Krankenhäuser, die baulich mit der Reha-Klinik verbunden sind. Ist dieser Schutz in den Versicherungsbedingungen nicht enthalten, muss der Versicherer beispielsweise bei einem Unfall mit Notfalleinweisung für die gesamte Behandlung nicht leisten.

Offener Hilfsmittelkatalog
Laufend kommen neue Hilfsmittel auf den Markt, bestehende werden stetig verbessert. Ist in den Versicherungsbedingungen kein "offener Hilfsmittelkatalog" vereinbart, wird der technische Stand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zementiert und der Versicherte ist vom Fortschritt abgeschnitten. Hier muss der Versicherte entscheiden, was ihm wichtig ist: Denn das technische Niveau ist heute schon sehr gut. Aber es kann sein, dass ein Krankenversicherer nur die einfache Ausführung eines Rollstuhls garantiert, mitunter ist aber wegen einer besonderen Behinderung oder wegen der Wohnsituation ein spezieller, z.B. elektrisch betriebener Rollstuhl nötig, den man dann selbst bezahlen muss.

Streitigkeiten zwischen Versicherung und Patient gibt es oft bei Prothesen, denn einige private Krankenversicherer sehen in ihren Bedingungen dafür nur die "einfache Ausführung" vor. Sogar die gesetzlichen Kassen leisten mehr. Viele Versicherte in der privaten Krankenversicherung wählen deshalb einen Tarif, der bei Prothesen eine umfassende Versorgung vorsieht, die auf dem höchsten Stand der Technik ist. Auch Blinde und stark Sehbehinderte sind mit Problemen konfrontiert, wenn die Versicherungsbedingungen nicht eindeutig formuliert sind: So sehen einige private Krankenversicherer grundsätzlich keine Leistungen für einen Blindenhund vor.

Weitere Beispiele, die in der Praxis Probleme aufwerfen: Einige Krankenversicherer bieten laut ihren Versicherungsbedingungen keine Leistungen bei Nierenversagen oder für eine Heimdialyse. Andere Anbieter leisten nicht beim Besuch einer Krankenhausambulanz.

Kuren oft nicht abgedeckt
Genau hinsehen sollten potenzielle Versicherungsnehmer beim Thema Kuren. Denn auch wenn die Kosten für eine Krankenhausbehandlung übernommen werden: für die vom Arzt empfohlene Kur, die sich an den Klinikaufenthalt anschließt, gilt das deshalb noch lange nicht. Denn Kuren sind in der privaten Krankenversicherung nicht bzw. nur sehr eingeschränkt versichert. Wer sich für einen Kuraufenthalt absichern will, muss einen speziellen Kurtarif mit abschließen.

Es gibt in der privaten Krankenversicherung Tarife, die nur Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vorsehen. Was ist nun, wenn der Versicherte z.B. in den USA eine Behandlung vornehmen lassen muss, weil er sich gerade dort aufhält? Das Ausland kennt keine GOÄ und der Kunde bleibt wahrscheinlich auf hohen Teilkosten sitzen. Eine Auslandsreisekrankenversicherung, die jeder, egal ob privat oder gesetzlich versichert, zusätzlich haben sollte, bietet nur einen zeitlich begrenzten Schutz.

Die Liste von Fällen, in denen die private Krankenversicherung keine Kosten erstattet bzw. in denen es in der Praxis zu Streitigkeiten kommt, ließe sich noch lange fortsetzen. Es gilt ganz klar: Was der Versicherer in seinen Versicherungsbedingungen nicht aufführt und was nicht individuell vereinbart wurde, wird im Krankheitsfall auch nicht bezahlt. Aber was helfen günstige Monatsprämien, attraktive Erstattungssätze für Brillen, Zahnersatz oder Heilpraktiker und tarifliche Beitragsrückerstattungen, wenn aus Sicht des Versicherten wichtige Leistungen nicht mit abgedeckt sind? Die Prüfung der Versicherungsbedingungen kann deshalb gar nicht gewissenhaft genug sein. Also: Analysieren Sie bei einem Neuabschluss diese Punkte genau und fragen Sie nach. Auch bestehende Versicherungsverträge sollte man daraufhin überprüfen, ob Risiken übernommen werden, die man selbst als wichtig einschätzt. Nachbesserungen sind immer möglich.

Externer Kontakt: Christoph E. Schwarz ist Inhaber von CS Versicherungsmakler Nürnberg e.K. (www.cs-versicherung.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2009, Seite 42

 
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