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IHK-Konjunkturumfrage

Ist die Talsohle erreicht?

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat die mittelfränkische Wirtschaft weiter fest im Griff. Doch die Unternehmer gewinnen an Zuversicht, dass es in den nächsten Monaten wieder etwas bergauf geht.

Die aktuelle Lage ist weiterhin schlecht: Die Auftragseingänge sind eingebrochen, Bestellungen werden storniert, die Umsatzrückgänge sind teilweise drastisch. Die Mehrzahl der Unternehmen leidet unter der rückläufigen Nachfrage aus dem In- und Ausland, verhältnismäßig robust zeigen sich jedoch Bauwirtschaft und Einzelhandel. Immerhin mehren sich auch in der Industrie die Anzeichen dafür, dass sich die Talfahrt verlangsamt: Die massiven Auftragsrückgänge sind auf dem erreichten niedrigen Niveau gestoppt, viele Unternehmen erwarten nun stabile oder allmählich steigende Umsätze im weiteren Jahresverlauf. Wichtiges Fazit der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage: Die aktuelle Geschäftslage hat sich weiter eingetrübt, bei den Geschäftserwartungen ist aber eine Wende zu erkennen. "Die wirtschaftliche Stabilisierung ist in Sicht", so IHK-Präsident Prof. Dr. Klaus L. Wübbenhorst.

Auf ein schnelles Wachstum sollte jedoch niemand hoffen: Denn die Impulse aus Konjunkturprogrammen und dem stabilen Konsumverhalten der Verbraucher können die gesamtwirtschaftlichen Wachstumseinbußen nur begrenzen, aber nicht wettmachen. Die Unternehmen rechnen aus diesem Grund auch mit weiter rückläufigen Investitionen und Mitarbeiterzahlen.

Aktuelle Geschäftslage
Der scharfe Einbruch des Wirtschaftswachstums seit nunmehr vier Quartalen hinterlässt deutliche Spuren im Geschäftsklima der mittelfränkischen Wirtschaft. Nur noch jedes sechste Unternehmen sieht sich in einer "guten" Geschäftslage, mehr als ein Drittel der Befragten beurteilt diese als "schlecht". Der Saldo von minus 21 Prozentpunkten liegt um 19 Punkte niedriger als im Januar und um 48 Punkte unter dem Vorjahresergebnis. Bei der Beurteilung der aktuellen Lage kann also nicht die Rede davon sein, dass sich das Tempo der Abkühlung verlangsamt hat. Nahezu alle Wirtschaftssektoren der Region Nürnberg klagen über gesunkene Nachfrage, niedrigere Kapazitätsauslastung und rückläufige Umsätze.

Erwartungen
Eine Wende zum Besseren zeigt sich jedoch ansatzweise bei den Erwartungen für den weiteren Verlauf des Jahres 2009. Zwar überwiegen weiterhin die Unternehmen, die eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage prognostizieren. Doch ist der Anteil der Skeptiker von 39 auf 33 Prozent gesunken – und der Saldo aus zuversichtlichen und pessimistischen Geschäftsausblicken damit um sechs auf minus 21 Punkte gestiegen. Folgt man der Entwicklung der Erwartungen nach Wirtschaftssektoren, so wird die Erholung in der Industrie beginnen und von dort aus allmählich auf die Dienstleistungen übergreifen, prognostiziert IHK-Volkswirt Dr. Udo Raab.

Entwicklung nach Branchen
In der mittelfränkischen Industrie stabilisieren sich die Auftragseingänge auf einem Niveau, das deutlich niedriger als im Vorjahr liegt. Die Hersteller von Investitions- sowie von Ge- und Verbrauchsgütern blicken nochmals weniger zufrieden auf gesunkene Umsätze im Inlands- und Auslandsgeschäft. Bei anhaltend schwacher Auslandsnachfrage liegen Investitions- und Beschäftigungspläne damit auf Eis. Immerhin zeigen sich Hersteller von Vorleistungen schon etwas besser gestimmt als noch zu Jahresbeginn. Hoffnung wecken die Geschäftserwartungen, die sich zwar weiterhin im Minus befinden, doch gegenüber dem Jahresbeginn um 23 Prozentpunkte aufgehellt zeigen.

Die Urteile der Bauwirtschaft zeigen sich im Frühsommer 2009 wenig beeindruckt von der geschwächten Industriekonjunktur und liegen auf dem gleichen Niveau wie vor Jahresfrist. Auch die Geschäftserwartungen besserten sich im Vergleich zum Jahresbeginn spürbar. Dennoch klagt die Bauwirtschaft angesichts der rückläufigen gewerblichen Investitionsvorhaben über ein niedrigeres Auftragsvolumen im Wirtschaftsbau und über wenig Impulse aus dem Wohnungsbau. Hoffnung wecken insbesondere die anziehenden Aufträge im öffentlichen Bau. Hier haben die staatlichen Konjunkturprogramme zusätzliche öffentliche Bauvorhaben ermöglicht.

Der mittelfränkische Handel insgesamt kommt nicht ohne Umsatzeinbußen durch die Wirtschaftskrise. Dennoch äußert sich die Branche im Frühsommer 2009 durchweg weniger skeptisch als noch zu Jahresbeginn. Großhändler und Handelsvertretungen leiden aufgrund ihrer Nähe zur Industrie unter rückläufigen Umsätzen, hoffen jedoch bereits auf ein Durchschreiten der Talsohle in den kommenden Monaten. Der Einzelhandel zeigt sich in seiner Geschäftslage zufriedener als zu Jahresbeginn. Hierin spiegelt sich das stabile Konsumklima, das bei noch wenig gestiegener Arbeitslosigkeit weiterhin von den krisenbedingten Preissenkungen bei Lebensmitteln, Heizöl und Benzin profitiert.

Die unternehmensnahen Dienstleistungen waren in den letzten Jahren stets ein Motor für Wachstum und Beschäftigung. Diese Rolle haben sie in der Wirtschaftskrise verloren. Dem Einbruch der Geschäftserwartungen zu Jahresbeginn folgt nun die merkliche Abkühlung der Urteile über die derzeitige Geschäftslage sowie eine ausgeprägte Zurückhaltung bei Investitions- und Beschäftigungsplänen. Die Güterverkehrswirtschaft bleibt angesichts des zweistellig geschrumpften nationalen und internationalen Handelsvolumens schwer angeschlagen. Doch auch in den Büchern der Medienwirtschaft sowie der Beratungs- und IT-Unternehmen spiegelt sich die Verschlechterung. Allein die Betriebe der Immobilienwirtschaft können sich den Folgen der Krise entziehen und urteilen mehrheitlich positiv über ihre derzeitige Geschäftslage wie auch über ihre Geschäftsaussichten.

Auch die verbrauchernahen Dienstleistungen mit dem Gast- und Reisegewerbe, dem Vermittlungs- und Versicherungswesen sowie dem Freizeit-, Kultur- und Gesundheitsgewerbe haben ihre Rolle als stabilisierendes Element innerhalb der mittelfränkischen Wirtschaft verloren, die sie noch zu Jahresbeginn behaupteten. Mit einigen Monaten Verzögerung haben insbesondere die rückläufigen Gäste- und Übernachtungszahlen zu Umsatzeinbrüchen im Gastgewerbe geführt. Auch Reisebüros und sonstige Dienstleistungen für Verbraucher können nicht vom stabilen Konsumklima profitieren. Sorgen der Verbraucher um sinkende Einkommen und drohende Arbeitslosigkeit bei einer länger anhaltenden Krise schlagen sich deutlicher bei den höherwertigen Freizeitangeboten und den Urlaubsplanungen als bei Konsumgütern nieder.

Investitionen und Beschäftigung
Trotz der leichten Aufhellung der Geschäftserwartungen konnte sich das Investitionsklima der mittelfränkischen Wirtschaft zu Beginn des Sommers nicht erwärmen. Angesichts gesunkener Kapazitätsauslastung sind Erweiterungsinvestitionen nicht erforderlich, auch Neuinvestitionen für Produktinnovationen oder zu Rationalisierungszwecken fallen zunehmend schwer: Niedrigere Erlöse und Erträge senken Spielräume zur Selbstfinanzierung, gestiegene Anforderungen der Kreditinstitute an Sicherheiten und Berichtspflichten lassen fremdfinanzierte Investitionen zudem weniger attraktiv erscheinen.

Am mittelfränkischen Arbeitsmarkt ist die saisonübliche Frühjahrserholung ausgeblieben. So zeigt sich die konjunkturelle Abkühlung in der geringen Bereitschaft der Unternehmen, Neueinstellungen vorzunehmen. Die Kurzarbeit verhindert vielfach, dass sich die Nachfrageschwäche in massiven Entlassungen niederschlägt. Dennoch planen die mittelfränkischen Unternehmen branchenübergreifend für das kommende Jahr mit geringeren Belegschaften.

Die international koordinierten Staatshilfen für Kreditinstitute im vergangenen Herbst sowie die massiven Zinssenkungen und direkten Liquiditätshilfen der Notenbanken haben die Weltfinanzmärkte beruhigt und das Kreditgeschäft allmählich wieder in Gang gebracht. Die Vertrauensverluste im Finanzsektor haben die Kreditspielräume für Geschäftsbanken eingeengt und die Anforderungen an Sicherheiten und Dokumentationspflichten für Unternehmen nochmals erhöht. Vielfach sinkt mit den Umsatzeinbrüchen die Bonität der Unternehmen und verteuert prozyklisch mit dem verschlechterten Rating die Fremdfinanzierung. So beeinträchtigen die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin das Investitionsklima im realen Sektor der Wirtschaft.

Nun gilt es, mit "Bad Banks" die verbliebenen Unsicherheiten zu beseitigen und mit der Schaffung eines neuen Ordnungsrahmens für die Finanzmärkte deren Funktion wieder vollends zu restaurieren, so Raab. In der Zwischenzeit können die Impulse aus den weltweiten staatlichen Konjunkturprogrammen die inländische Nachfrage weiter stabilisieren und damit die Basis für eine Erholung auch der exportnäheren Wirtschaftszweige stärken.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2009, Seite 10

 
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