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Ökodesign-Richtlinie

Viele Betriebe kalt erwischt

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Die EU hat für eine Vielzahl von Produkten Standards für die Energieeffizienz festgelegt. Die IHK-Organisation dringt darauf, dass den Unternehmen genug Zeit zur Umstellung eingeräumt wird. Illustration: Petra Herberger

Seit 2005 ist die europäische Ökodesign-Richtlinie in Kraft, die im März 2008 durch das Energiebetriebene-Produkte-Gesetz (EBPG) in deutsches Recht überführt wurde. Die Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG betrifft energiebetriebene Produkte (außer Verkehrsmittel), d.h. Produkte, denen Energie zugeführt werden muss, damit sie bestimmungsgemäß funktionieren können. Auch Produkte zur Erzeugung, Übertragung und Messung von Energie werden von der Richtlinie erfasst. Weitergehende produktspezifische Anforderungen sind für einzelne Produktgruppen in Durchführungsverordnungen festgelegt.

Es handelt sich dabei um Mindeststandards, deren Erfüllung Voraussetzung für die Marktzulassung ist und die mit der CE-Kennzeichnung ausgewiesen werden. Seit mehreren Jahren werden Durchführungsmaßnahmen entwickelt, sie liegen aktuell für 19 Produktgruppen vor (siehe Tabelle auf Seite 24). Der Prozess ist noch nicht beendet, aber weit fortgeschritten: Als erste Maßnahme wurden im Juli 2008 Obergrenzen für den Stromverbrauch von Elektrogeräten im Stand-by-Modus beschlossen. Weitere Vorschriften sind seit Herbst 2008 gefolgt, prominentes Beispiel ist die traditionelle Glühbirne in Haushalten, deren Aus beschlossen wurde. Ein Arbeitsprogramm für neue Produktgruppen ist in Vorbereitung.

Wer ist betroffen?
Die Durchführungsverordnungen gelten sowohl für Hersteller als auch für Importeure eines energiebetriebenen Produktes, importierte Produkte fallen also ebenso darunter wie Produkte, die in der EG hergestellt werden. Der Importeur übernimmt alle Pflichten des Herstellers, die sich aus dem EBPG ergeben, wenn dieser nicht im europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist und niemand zur Erfüllungspflicht bevollmächtigt hat.

Damit ein Produkt in der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden darf, muss es sämtliche EU-Vorschriften einhalten, die für dieses Produkt zu beachten sind. Durch die CE-Kennzeichnung wird erklärt, dass sie eingehalten werden. Neben anderen Regelungen kann es für bestimmte Produkte Ökodesign-Anforderungen geben, die in den Durchführungsmaßnahmen zur Ökodesign-Richtlinie festgelegt sind.

Betroffen sind alle Produkte einer Gruppe, die in Verkehr gebracht werden, nicht nur neu entwickelte oder geänderte Modelle. Konkrete Pflichten hat der Hersteller jedoch erst, sobald für sein Produkt eine Durchführungsmaßnahme erlassen wird. Da die Entwicklung neuer Produkte im Allgemeinen längere Zeit in Anspruch nimmt, ist es sinnvoll, sich frühzeitig zu informieren.

Folgende Anforderungen aus Durchführungsmaßnahmen können gestellt werden:

  • Grenzwerte für Energieverbrauch, Effizienz, Schadstoffgehalt usw.
  • Informationspflicht gegenüber Verbraucher oder Behörden
  • Durchführung und Dokumentation einer Konformitätsbewertung für das Produkt.

Je nach Produktgruppe können diese Anforderungen mehr oder weniger detailliert ausfallen. Zusätzlich können Kennzeichnungssysteme für den richtigen Gebrauch eines Produktes empfohlen werden, deren Inhalt über die Mindestanforderungen hinausgehen kann.

Auf die Wirtschaft kommen durch die Ökodesign-Richtlinie nach Auffassung der IHK-Organisation große Herausforderungen zu. Dies war auch der Tenor im Anwenderclub Umwelt und im Ausschuss Industrie | Forschung | Technologie der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Klimawandel und Ressourcenverknappung seien zwar gewichtige Gründe, Konsumgüter umweltgerecht zu gestalten. Politische Vorgaben wie die Ökodesign-Richtlinie dürften sich aber nicht zu einem Instrument umfassender Produktionslenkung entwickeln. Die Regelungen verlangen den Herstellern erhebliche Anpassungen ab und können im Extremfall dazu führen, dass sie ihre Produkte in der EU überhaupt nicht mehr in Verkehr bringen dürfen, so Dr.-Ing. Robert Schmidt, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Innovation | Umwelt.

So ist es bei den klassischen Glühlampen geschehen: Sie werden per Ökodesign-Verordnung zwischen 2009 und 2012 nach und nach abgeschafft und durch Energiesparlampen ersetzt. Auch einigen herkömmlichen Fernsehern, Kühlschränken und Staubsaugern wird der Garaus gemacht. Und für alle elektronischen Haushalts- und Bürogeräte gilt ab 2010, dass ihr Energieverbrauch im Standby-Modus eine bestimmte Obergrenze nicht überschreiten darf.

Damit aber nicht genug: Das EU-Parlament hat nach Einigung mit dem Rat beschlossen, dass künftig nicht nur für energiebetriebene, sondern für alle energieverbrauchsrelevanten Produkte strenge Ökodesign-Standards festgelegt werden sollen. Dann könnten Fenster und Türen, Duschköpfe und Wasserhähne, aber auch viele andere Güter betroffen sein. Die IHK-Organisation fordert, dass die EU-Kommission so schnell wie möglich klarstellt, welche Produkte sie auf ihren Ökodesign-Arbeitsplan setzen wird – ansonsten haben Hersteller und Händler keine Planungs- und Rechtssicherheit. Zudem dürfen nur solche Produkte beschränkt werden, die ein hohes Energiesparpotenzial haben und leicht zu ersetzen sind.

Werden weitere Produkte einbezogen?
Überlegungen der EU-Gesetzgeber, die Ökodesign-Richtlinie ab 2012 noch weiter auszudehnen und somit für alle Produkte – wie Möbel, Kleidung und Nahrungsmittel – verpflichtende Vorgaben für eine umweltgerechte Gestaltung zu machen, lehnt die IHK-Organisation ab. Bis jetzt seien nicht einmal die Auswirkungen der geltenden Richtlinie abzusehen. Eine Ausweitung des Geltungsbereichs auf immer mehr Produkte sei nicht nur verfrüht, sondern auch in der Praxis kaum realisierbar.

Produkte, für die Ökodesign-Vorschriften erlassen wurden, dürfen ohne CE-Kennzeichen nicht in die EU. Damit dieses System funktioniert, muss eine Marktüberwachung stattfinden, die jedoch noch nicht gesichert ist, denn kaum ein Bundesland hat den Vollzug organisiert. Hier sieht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) die Politik in der Pflicht: Wenn sie Ökodesign-Regelungen erlässt, müsse sie Warenangebote, die nicht den Standards entsprechen, aus dem Verkehr ziehen, sonst sei der ehrliche Unternehmer am Ende der Verlierer. Grundsätzlich müssten alle Unternehmen ausreichend Zeit haben, ihr Sortiment an neue Effizienznormen anzupassen. Die Festlegung der Ökodesign-Standards müsse zudem transparenten Regeln folgen und vor allem Raum für Innovationen lassen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2009, Seite 20

 
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